Verwaltervertrag hat keine Schutzwirkung für Wohnungseigentümer mehr
Hintergrund: Verwalter leitet Zahlung der Versicherung verspätet weiter
Ein Wohnungseigentümer verlangt von der Verwalterin Schadensersatz wegen verspäteter Auszahlung einer Versicherungsleistung.
Nach einem Wasserschaden an Gemeinschafts- und Sondereigentum hatte die Gebäudeversicherung an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE) im November 2022 eine Entschädigung gezahlt. Der klagende Wohnungseigentümer, ein Rechtsanwalt, forderte die Verwalterin zunächst vergeblich auf, den für sein Sondereigentum geleisteten Teilbetrag an ihn auszuzahlen. Erst nachdem der Eigentümer erklärt hatte, sich als Anwalt selbst zu vertreten, zahlte die Verwalterin den Betrag aus. Der Eigentümer nimmt die Verwalterin nun auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Entscheidung: Kein Ersatzanspruch gegen Verwalter
Dem Wohnungseigentümer stehen wegen einer möglicherweise verspäteten Auszahlung unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Ersatzansprüche gegen die Verwalterin zu. Er kann nur die Gemeinschaft in Anspruch nehmen.
Kein vertraglicher Anspruch gegen Verwalterin
Ein vertraglicher Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Verzuges besteht nicht, denn zwischen dem Eigentümer und der Verwalterin bestand kein Schuldverhältnis. Vertragsparteien des Verwaltervertrages sind die Gemeinschaft und die Verwalterin, nicht jedoch der Eigentümer.
Auch aus der Stellung der Verwalterin folgt keine Leistungspflicht gegenüber dem Eigentümer. Seit der WEG-Reform obliegt die Verwaltung (auch) im Innenverhältnis gemäß § 18 Abs. 1 WEG ausschließlich der GdWE, die die ihr zugewiesenen Aufgaben durch ihre Organe erfüllt. Internes Organ für die Ausführung ist der Verwalter.
Verwaltervertrag hat keine drittschützende Wirkung
Ein Schadensersatzanspruch ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter. Der Verwaltervertrag entfaltet – anders als vor der WEG-Reform – keine drittschützende Wirkung zugunsten einzelner Wohnungseigentümer.
Die einzelnen Eigentümer sind nicht schutzbedürftig, denn ihre Interessen sind bereits durch einen eigenen, dem vertraglichen Haftungsanspruch gleichwertigen Anspruch gegen die GdWE abgedeckt. Es besteht daher keine Schutzlücke, die durch die Einbeziehung der Eigentümer in den Schutzbereich des zwischen der GdWE und der Verwalterin bestehenden Vertrages geschlossen werden müsste.
Vor der WEG-Reform oblag die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und im Falle der Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem (§ 20 Abs. 1 WEG a. F.), nicht jedoch der GdWE. Die GdWE war lediglich ein Mittel, die Verwaltung nach außen durchzusetzen. Dies führte dazu, dass zwar sowohl der Verwalter als auch sonstige Dritte (Handwerker, Architekten etc.) mit der GdWE vertraglich verbunden waren. Für Schäden, die diese Personen im Zusammenhang mit der Verwaltung verursachten, haftete die GdWE den einzelnen Wohnungseigentümern jedoch nicht, denn mangels Zuständigkeit im Innenverhältnis musste sie sich das schädigende Verhalten nicht nach §§ 31, 278 Abs. 1 BGB zurechnen lassen. Daher bestand ein Schutzbedürfnis der Wohnungseigentümer, so dass dem Verwaltervertrag insoweit drittschützende Wirkung zugesprochen wurde.
Seit der WEG-Reform ist die GdWE Schuldnerin des Anspruchs der einzelnen Wohnungseigentümer auf ordnungsmäßige Verwaltung aus § 18 Abs. 2 WEG. Dementsprechend haben die einzelnen Wohnungseigentümer eigene (Primär- wie Sekundär-)Ansprüche aus einem sie mit der GdWE verbindenden gesetzlichen Schuldverhältnis.
Verletzt die GdWE schuldhaft die ihr obliegenden Verwaltungspflichten, begründet dies einen eigenen Schadensersatzanspruch des einzelnen Wohnungseigentümers gegen die GdWE. Das Verhalten des Verwalters und ihrer Erfüllungsgehilfen muss sich die GdWE zurechnen lassen.
Gemeinschaft kann Regress beim Verwalter nehmen
Nimmt ein Wohnungseigentümer die GdWE auf Schadensersatz in Anspruch, wird regelmäßig ein Regress der Gemeinschaft beim Verwalter angezeigt sein. Dies wird gewöhnlich den Interessen sämtlicher, den Schadensersatzanspruch anteilig finanzierender, Wohnungseigentümer sowie dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen. Ein auf die Durchsetzung des Regressanspruches gerichteter Beschluss kann nötigenfalls mit einer Beschlussersetzungsklage, die der gerichtlichen Durchsetzung des Anspruchs des Wohnungseigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung dient, herbeigeführt werden.
(BGH, Urteil v. 5.7.2024, V ZR 34/24)
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