Mietminderung bei Legionellen: Urteile im Überblick
Legionellen können einen Mietmangel darstellen, wenn sich der Genuss und Gebrauch von Wasser negativ auf die Gesundheit auswirkt. Grenzwerte sind in der Trinkwasserverordnung festgelegt, die im Jahr 2023 novelliert wurde. Die Verantwortung liegt unter anderem bei Vermietern in Mehrfamilienhäusern, Eigentümern und Verwaltern.
Wird ein Legionellenbefall nachgewiesen, können Mieter eine Mietminderung in Höhe von bis zu 25 Prozent geltend machen, wenn die Gebrauchstauglichkeit des Trinkwassers erheblich eingeschränkt ist. Der Grenzwert dient dabei nur der Orientierung. Entscheidend ist der Einzelfall. Ein Überblick aus der Rechtsprechung.
Legionellen beim Nachbarn: Keine Mietminderung
Nach Auffassung des Amtsgerichts (AG) Langen muss eine konkrete Gefahr durch Legionellen im Trinkwasser vorliegen, um Anspruch auf eine Mietminderung zu haben. Allein das Auftreten der Bakterien reicht nicht automatisch, wie der Infodienst Recht und Steuern der LBS das Urteil einordnet.
Im vorliegenden Fall wurden in zwei Wohnungen eines Mietshauses Legionellen in einer Konzentration von rund 100 KbE (koloniebildende Einheiten) je 100 Milliliter festgestellt – vom amtlichen Grenzwert 1.000 KbE war das weit entfernt. Trotzdem machten die Mieter einer nicht von den Untersuchungen betroffenen Nachbarwohnung eine 25-prozentige Mietminderung geltend. Die Vermieterin weigerte sich, dem zu entsprechen.
Hier sah das Gericht keine Veranlassung, den Mietern die Minderung zuzugestehen: Ein bloßer Legionellenbefall in anderen Wohnungen stellt keinen Mangel gemäß § 536 BGB dar. Weder sei die Wohnung nachweislich betroffen, noch könne man bei einer so starken Unterschreitung des Grenzwerts daran denken, die Mietminderung zu gewähren.
(AG Langen, Urteil v. 27.3.2024; 55 C 72/23)
Legionellenbefall: Mietminderung um 25 Prozent
Weil Wasserproben in ihrer Wohnung eine erhöhte Konzentration an Legionellen im Trinkwasser ergeben hatten, sah das Amtsgericht (AG) Dresden in einem Fall eine Mietminderung um 25 Prozent als gerechtfertigt an. So ergab eine Untersuchung im Zeitraum von 29.9.2012 bis 13.10.2012 eine Konzentration von 14.000 KbE je 100 Milliliter.
Die Mieter machten ab dem 15.10.2012 die Minderung geltend und forderten die Vermieterin auf, für Abhilfe zu sorgen. Kurz darauf ließ die Vermieterin im Bad der Mieter einen Filter in den Duschkopf einbauen. Eine Wasserprobe Mitte Dezember 2012 ergab eine Legionellenkonzentration von 3.700 KbE je 100 Milliliter.
Eine zum Aufenthalt von Menschen bestimmte Räumlichkeit entspricht nur dann dem Vertragszweck, so das Gericht, wenn sie nicht gesundheitsgefährdend ist. Bei der gemessenen Legionellenkonzentration, die den technischen Maßnahmewert nach der Trinkwasserverordnung deutlich überstiegen habe, sei von einer akuten Gesundheitsgefährdung auszugehen. Die Tauglichkeit der Wohnung war nicht unerheblich vermindert.
Auch durch den Einbau des Filters sei die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung nicht vollständig wiederhergestellt gewesen: Die Legionellenkonzentration war weiterhin erhöht und es bestand eine davon ausgehende abstrakte Gefahr. Die Mieter konnten die Wohnung nur in dem Wissen über den erheblich überschrittenen Grenzwert nutzen. Bereits wenn die Verwirklichung einer Gefahr zu befürchten ist, sei ein Mietobjekt mangelhaft. Nicht entscheidend sei, dass ein Schaden eingetreten ist oder unmittelbar bevorsteht.
(AG Dresden, Urteil v. 11.11.2013, 148 C 5353/13)
Räumungsklage nach Mietminderung wegen Legionellen
In einem jüngeren Urteil gab das AG Dresden der Klage eines Vermieters größtenteils statt, nachdem ein Mieter im sechsten Stock eines Mehrfamilienhauses wegen Legionellenbefalls des Trinkwassers die Miete um 20 bis 25 Prozent der Bruttowarmmiete gemindert hatte. Daraufhin kündigte ihm der Vermieter wegen Zahlungsverzugs fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiermit war der Mieter nicht einverstanden.
Im Rahmen von Messungen waren Werte zwischen maximal 2.800 KbE je 100 Milliliter und mindestens 200 KbE je 100 Milliliter festgestellt worden. Durch diese Legionellenkonzentration sei seine Gesundheit gefährdet worden, so der Mieter. Er habe deshalb unter Lungenbeschwerden gelitten. Der Vermieter war jedoch mit der Mietminderung nicht einverstanden und verklagte ihn auf Räumung der Mietwohnung und Nachzahlung der rückständigen Miete.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Mieter nicht zur Mietminderung berechtigt gewesen sei. Es habe kein Mietmangel vorgelegen. Eine Überschreitung des Grenzwertes der Trinkwasserverordnung reiche nicht aus, um von einer Gesundheitsgefährdung eines durchschnittlichen Mieters durch Legionellenbefall auszugehen. Für eine konkrete Gesundheitsgefahr habe der Mieter keine hinreichenden Tatsachen vorgetragen.
(AG Dresden, Urteil v. 16.2.2023, 143 C 2593/22)
Gesundheitsgefährdung: Höhere Legionellenkonzentration
Die Miete mindern darf ein Mieter nur, wenn durch den Legionellenbefall eine Gefahr für die Gesundheit objektiv vorliegt, entschied das Amtsgericht (AG) München, das eine Gefährdung erst ab einer Konzentration ab 10.000 KbE pro 100 Milliliter annimmt.
Der beklagte Mieter weigerte sich, die knapp 3.000 Euro hohe Miete für Mai 2013 zu überweisen, weil die Hausverwaltung eine über dem Grenzwert liegende Legionellenkonzentration festgestellt hatte, was durch einen weiteren Test bestätigt wurde. Der Vermieter klagte auf Zahlung der Miete, der Mieter rechnete Gegenforderungen auf.
Das Gericht verurteilte den Mieter zur Zahlung und verneinte die geltend gemachten Gegenansprüche, da kein Mangel wegen einer Gesundheitsgefährdung bestehe. Das ginge aus den vorgelegten Untersuchungsberichten hervor. Eine rein subjektive Wahrnehmung einer Gefahr oder die Angst vor einer Gesundheitsgefährdung führe nicht zu einem Mangel der Wohnung.
(AG München, Urteil v. 25.6.2014; 452 C 2212/14)
Mietminderung bei Legionellen: Grenzwert reicht
Das Landgericht (LG) Berlin sah eine Mietminderung von zehn Prozent wegen Legionellenbefalls als berechtigt an, weil da die festgestellte Konzentration von maximal 3.700 KbE pro 100 Milliliter oberhalb des in der Trinkwasserverordnung festgelegten Grenzwertes von 100 KbE je 100 Milliliter lag.
Die Richter befanden, dass für die Feststellung eines Mangels nicht erforderlich ist, dass es tatsächlich zu einer Gesundheitsgefährdung kam. Es reiche aus, dass die Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann, wenn die begründete Besorgnis einer nicht nur unerheblichen Gesundheitsgefahr besteht. Dafür reiche es aus, dass der Grenzwert überschritten worden sei.
(LG Berlin, Urteil v. 17.6.2021; 67 S 17/21)
Das Amtsgericht (AG) Köln sieht bereits bei einer Legionellenkonzentration von mehr als 100 KbE je 100 Milliliter bis zu 1.000 KbE je 100 Milliliter eine Mietminderung von 20 Prozent als gerechtfertigt an. Das Gericht sieht hier die Gesundheit des Mieters gefährdet.
(AG Köln, Urteil v. 15.5.2019; 201 C 177/17)
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