BGH bleibt dabei: Schonfristzahlung heilt nur fristlose Kündigung
Kündigt der Vermieter ein Mietverhältnis wegen Zahlungsverzuges des Mieters fristlos, kann der Mieter die Kündigung durch vollständige Nachzahlung der Rückstände bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs beseitigen. Dieselbe Wirkung hat es, wenn sich eine öffentliche Stelle zur Zahlung der Rückstände verpflichtet. Diese sogenannte Schonfristzahlung ist in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB geregelt. Ausgeschlossen ist eine Schonfristzahlung lediglich dann, wenn der Mieter in den letzten zwei Jahren schon einmal eine fristlose Kündigung auf diesem Wege beseitigt hat.
Wegen dieser Heilungswirkung, die das Gesetz der Schonfristzahlung beimisst, erklären Vermieter häufig zusätzlich zur fristlosen Kündigung hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Denn: Die ordentliche Kündigung bleibt nach ständiger Rechtsprechung des BGH auch bei einer Schonfristzahlung wirksam.
Schonfristzahlung: LG Berlin widerspricht dem BGH
Die 66. Zivilkammer des LG Berlin ist anderer Auffassung und hat mehrfach ausdrücklich gegen die Linie des BGH geurteilt (Urteil vom 10.5.2023, 66 S 258/22, Urteil vom 1.7.2022, 66 S 200/21, Urteil vom 30.3.2020, 66 S 293/19).
In ihren Entscheidungen vertreten die Berliner Richter die Auffassung, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB gelte auch bei einer ordentlichen Kündigung, sodass eine Nachzahlung der Mietrückstände auch deren Wirkung beseitige. Dies begründet das LG Berlin unter anderem mit der Systematik des Gesetzes und dem Zweck der Schonfristzahlung, eine Obdachlosigkeit des Mieters zu vermeiden.
Karlsruhe kassiert erneut Urteil aus Berlin
Der BGH (Urteil v. 23.10.2024, VIII ZR 106/23) hat das Urteil des LG Berlin vom 10.5.2023 nun aufgehoben und bleibt bei seiner bisherigen Rechtsprechung (Urteil v. 5.10.2022, VIII ZR 307/21, Urteil v. 13.10.2021, VIII ZR 91/20), sodass eine Schonfristzahlung nach wie vor nur eine fristlose, nicht aber eine ordentliche Kündigung zu heilen vermag.
Die auf die fristlose Kündigung beschränkte Wirkung der Schonfristzahlung entspreche dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Der an Recht und Gesetz gebundene Richter dürfe diese Entscheidung nicht aufgrund eigener rechtspolitischer Vorstellungen verändern und durch eine judikative Lösung ersetzen, die so im Gesetzgebungsverfahren (bisher) nicht erreichbar war.
Mit anderen Worten: Wenn sich die Rechtslage ändern soll, muss der Gesetzgeber ran.
Ampel hatte Regeln zur Schonfristzahlung im Blick
Dass der Gesetzgeber etwas an der Rechtslage etwas ändert, war durchaus im Bereich des Möglichen, wie ein Blick in den Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP zeigt. Darin heißt es etwas hölzern: „Um die Ursachen drohender Wohnungslosigkeit zu beseitigen, werden wir das Mietrecht, insbesondere dort wo Schonfristzahlungen dem Weiterführen des Mietverhältnisses entgegenstehen, evaluieren und entgegensteuern.“ Mit dem Ende der Ampel-Regierung ist diese Aussicht allerdings zunächst vom Tisch.
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