Nur vollständige Zahlung kann Kündigung wegen Mietrückstands kippen
Hintergrund: Mieter rechnet nach Kündigung auf
Die Vermieterin einer Wohnung verlangt vom Mieter nach einer Kündigung die Räumung.
Die monatliche Miete einschließlich Betriebskostenvorauszahlungen betrug 560 Euro. Nachdem der Mieter über einen längeren Zeitraum mit Mietzahlungen von insgesamt 1.340 Euro in Rückstand gekommen war, kündigte die Vermieterin das Mietverhältnis fristlos.
Nach Zugang der Kündigung erklärte der Mieter mit Guthaben aus einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von insgesamt 420 Euro die Aufrechnung gegen die Forderungen der Vermieterin.
Entscheidung: Nur vollständige Zahlung kippt Kündigung
Die Kündigung ist jedenfalls nicht wegen der Aufrechnung unwirksam (geworden).
Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Mietverhältnisses liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Mietzahlung in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe b BGB). Das ist hier der Fall. Der über einen längeren Zeitraum aufgelaufene Mietrückstand von 1.340 Euro überschreitet das Doppelte der monatlichen Miete von 560 Euro.
BGH: Nur vollständige Zahlung kippt Kündigung
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Eine wegen Zahlungsverzugs grundsätzlich gerechtfertigte Kündigung wird nur unter bestimmten, vom Gesetz im Einzelnen aufgeführten Voraussetzungen ausgeschlossen oder unwirksam:
- Eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist ausgeschlossen, wenn der Vermieter vorher - das heißt vor dem Zugang der Kündigung - befriedigt wird.
- Die Kündigung wird unwirksam, wenn sich der Schuldner von seiner Schuld durch Aufrechnung befreien konnte und unverzüglich nach der Kündigung die Aufrechnung erklärt.
- Die Kündigung wird unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Nutzungsentschädigung befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet (sogenannte Schonfristzahlung; zum Einfluss der Schonfristzahlung auf eine hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung BGH: Ordentliche Kündigung trotz Schonfristzahlung wirksam).
All diese Möglichkeiten setzen allerdings voraus, dass die Rückstände, auf die der Vermieter die Kündigung stützt, vollständig ausgeglichen werden (zu Ausnahmen im Einzelfall BGH: Ausnahmsweise kann unvollständige Zahlung Kündigung heilen).
Hieran fehlt es im vorliegenden Fall, weil auch nach der Aufrechnung ein Rückstand von 920 Euro offen blieb. Von einem auch nur annähernd vollständigen Ausgleich der Rückstände kann keine Rede sein. Dabei ist unerheblich, dass der verbleibende Rückstand weniger als zwei Monatsmieten beträgt. Es kommt nicht darauf an, ob ein Mietrückstand in der zur Kündigung berechtigenden Höhe auch noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung über die Räumungsklage besteht.
(BGH, Urteil v. 24.8.2016, VIII ZR 261/15)
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Ergänzend zu § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 gilt gemäß § 569 III Nr. 2 nämlich: "Die Kündigung wird auch dann unwirksam, wenn der Vermieter spätestens bis zum Ablauf von zwei Monaten nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich der fälligen Miete und der fälligen Entschädigung nach § 546a Abs. 1 befriedigt wird oder sich eine öffentliche Stelle zur Befriedigung verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Kündigung vor nicht länger als zwei Jahren bereits eine nach Satz 1 unwirksam gewordene Kündigung vorausgegangen ist."
Also ist eine Unwirksammachen der Kündigung durch vollständige Zahlung alller offenen Mietforderungen nicht nur vor Zugang einer fristlosen Kündigung, sondern spätestens zwei Monate nach ZUstellung der Räumungsklage möglich.
Jochen Bauer
Rechtsassessor
Sie haben natürlich Recht, dass der Mieter noch bis zu zwei Monate nach Zustellung der Räumungsklage zahlen kann (Schonfristzahlung). Die Schonfristzahlung ist unmittelbar anschließend im zweiten Satz genannt, verbunden mit dem Hinweis, dass auch in diesem Fall alle Rückstände ausgeglichen werden müssen, um die Kündigung unwirksam zu machen. Die unterschiedlichen Möglichkeiten, eine Kündigung durch Zahlung bzw. Aufrechnung zu heilen, sind auch im Text genannt.
Um den Unterschied zwischen dem Zeitraum vor der Kündigung (Wegfall des KündigungsRECHTS nach § 543 Abs. 2 Satz 2 BGB) und dem Zeitraum ab der Kündigung (Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung nach § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB) deutlicher zu machen, haben wir die Formulierung im zweiten Satz angepasst.
Dirk Hammes, Haufe Online Redaktion