Geänderte Kostenverteilung gilt
Hintergrund: Eigentümer beschließen Änderung der Kostenverteilung
In einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sah die Teilungserklärung vor, dass der Sondereigentümer nicht ausgebauter Flächen im Dachgeschoss kein Hausgeld und keinen Beitrag zur Instandhaltungsrücklage leisten muss, bis die Einheit an die Ver- und Entsorgungsleitungen angeschlossen ist.
Die Dachgeschoss-Einheit wurde schließlich in 16 Einheiten unterteilt. Diese sollten bis Februar 2020 ausgebaut und bezugsfertig hergestellt werden. Tatsächlich ist der Dachgeschossausbau bislang weder fertiggestellt noch die Einheiten an die Ver- und Entsorgungsleitungen angeschlossen worden.
In einer Eigentümerversammlung im Juni 2021 beschlossen die Eigentümer, die Kostenverteilung zu ändern und bestimmte Kosten auf alle Wohnungseigentümer nach Miteigentumsanteilen umzulegen. Dieser Beschluss wurde bestandskräftig.
In einer weiteren Eigentümerversammlung im Juli 2022 beschlossen die Eigentümer die Vorschüsse für das Wirtschaftsjahr 2022. Hierbei wurde der im Jahr zuvor beschlossene Verteilungsschlüssel angewandt. Ebenso wurde eine Sonderumlage nach Miteigentumsanteilen beschlossen. Die Erwerber einer der Dachgeschoss-Einheiten haben gegen diese Beschlüsse Anfechtungsklage erhoben. Sie meinen, wegen der Regelung in der Teilungserklärung dürften ihnen keine Kosten auferlegt werden.
Entscheidung: Bestandskräftiger Beschluss ist maßgeblich
Die Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Durch den Beschluss im Juni 2021 wurde die in der Teilungserklärung vereinbarte Kostenverteilung wirksam geändert. Die neue Kostenverteilung ist für die angefochtenen Beschlüsse maßgeblich.
Zur Änderung der Kostenverteilung bestand gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG Beschlusskompetenz. Diese Vorschrift begründet auch dann die Kompetenz der Wohnungseigentümer, eine von einer Vereinbarung abweichende Verteilung der Kosten zu beschließen, wenn dadurch Wohnungseigentümer erstmals mit Kosten belastet werden, wie der BGH bereits zuvor klargestellt hat.
Das gilt auch für die Änderung von Kostenregelungen, die vor der WEG-Reform 2020 vereinbart worden sind.
WEG-Reform erleichtert Änderung der Kostenverteilung
Die durch die WEG-Reform eingeführte gesetzliche Öffnungsklausel des § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG erlaubt es nunmehr, eine vereinbarte Kostenregelung durch Beschluss abzuändern und bislang vereinbarte Privilegien auch gegen den Willen der Privilegierten durch Beschluss zu entziehen. Das hat zur Folge, dass solche Änderungsbeschlüsse – vorbehaltlich einer Nichtigkeit etwa nach den §§ 134, 138 BGB – einer inhaltlichen Kontrolle nur im Rahmen der Anfechtungsklage unterliegen.
Es ist Ziel der gesetzlichen Öffnungsklausel, in weitaus größerem Maße als früher die mehrheitliche Änderung der vereinbarten Kostenverteilung und damit auch die Abschaffung von Kostenprivilegien zu ermöglichen. Die bewusst weit gefasste Beschlusskompetenz entspricht dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit.
Geänderte Kostenverteilung ist anzuwenden
Ein bestandskräftiger Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung muss in nachfolgenden Wirtschaftsplänen, Jahresabrechnungen und Sonderumlagen berücksichtigt werden. Eine Anfechtungsklage gegen den auf der Grundlage des Wirtschaftsplans beziehungsweise der Jahresabrechnung oder zur Erhebung einer Sonderumlage gefassten Beschluss kann nicht darauf gestützt werden, dass der vorangegangene Beschluss über die Änderung der Kostenverteilung ordnungsmäßiger Verwaltung widerspricht. Wird der Beschluss, der die Kostenverteilung abändert, wie hier bestandskräftig, bleibt es bei der geänderten Kostenverteilung. Wird er angefochten und später für ungültig erklärt, muss eine neue Abrechnung erfolgen, wenn schon nach dem nunmehr für ungültig erklärten Kostenverteilungsschlüssel abgerechnet worden ist.
Die Anfechtungskläger können auch nicht einwenden, ihre Beteiligung an den Kosten sei ihnen nicht zumutbar. Einwände diese Art können nur im Rahmen einer Anfechtung des ursprünglichen Beschlusses über die Änderung der Kostenverteilung geltend gemacht werden.
Eventuell erneuter Anspruch auf Änderung der Kostenverteilung
Offen ließ der BGH, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf (erneute) Änderung des Kostenverteilungsschlüssels bestehen kann. Ein derartiger Anspruch könnte in einem Beschlussanfechtungsverfahren jedenfalls nicht einredeweise geltend gemacht werden.
(BGH, Urteil v. 15.11.2024, V ZR 239/23)
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