Für Fehler des Verwalters bei Beschlussdurchführung haftet nicht die WEG
Hintergrund: Sanierungsbeschluss nicht vollständig ausgeführt
Eine Wohnungseigentümerin verlangt von der Wohnungseigentümergemeinschaft Schadensersatz wegen nicht ordnungsgemäß ausgeführter Sanierungsarbeiten.
An ihrer Sondereigentumseinheit waren Feuchtigkeitsschäden aufgetreten. Nach entsprechender Beschlussfassung wurden Sanierungsarbeiten am Gemeinschaftseigentum durchgeführt, allerdings nicht fachgerecht, so dass die Feuchtigkeit fortbestand.
Nachdem es im Dezember 2008 durch einen Brand zu weiteren Schäden gekommen war, beauftragte die Gemeinschaft auf Grundlage entsprechender Beschlüsse ein Unternehmen, den Brandschaden und die Ursache für die Feuchtigkeit zu beseitigen. Das Unternehmen führte in der Folgezeit Arbeiten aus, die von der Gemeinschaft im Juni 2010 abgenommen wurden.
Im August 2010 teilte die Sondereigentümerin der betroffenen Wohnung der Verwalterin mit, dass weiterhin Durchfeuchtungen vorhanden waren. Das beauftragte Unternehmen hatte zwar den Brandschaden beseitigt, nicht aber die Ursachen für die Feuchtigkeit. Gegenüber der Verwalterin erklärte das Unternehmen sodann, aus seiner Sicht sei insoweit kein Auftrag erteilt worden. Die Verwalterin ging dem zunächst nicht nach. Erst über zwei Jahre später, im Dezember 2012, wurden die Wohnungseigentümer in einer außerordentlichen Eigentümerversammlung erneut mit den Feuchtigkeitsschäden befasst.
Die Sondereigentümerin verlangt von der Gemeinschaft Schadensersatz wegen entgangener Mieteinnahmen für Januar bis Dezember 2010.
Entscheidung: Keine Haftung der WEG
Die Klage hat keinen Erfolg. Die Gemeinschaft muss keinen Schadensersatz leisten.
Zwar hat die Verwalterin ihre Pflichten verletzt, indem sie nicht dafür gesorgt hat, dass das beauftragte Unternehmen die Sanierungsarbeiten vollständig ausführt. Der Verwalter ist gemäß § 27 Abs. 1 Nr. 1 WEG verpflichtet, Beschlüsse der Wohnungseigentümer durchzuführen. Er muss die vollständige Durchführung beschlossener und beauftragter Sanierungsarbeiten jedenfalls dann veranlassen, wenn sich wie hier ergibt, dass Teile des Auftrags unerledigt geblieben sind.
Eine solche Pflichtverletzung des Verwalters begründet aber keine Haftung der Eigentümergemeinschaft im Innenverhältnis zu einem geschädigten Wohnungseigentümer.
Ist eine gebotene Beschlussfassung über eine Sanierung des Gemeinschaftseigentums gänzlich unterblieben, kommt eine Haftung des Verbandes gegenüber einem einzelnen Wohnungseigentümer nicht in Betracht; in einem solchen Fall können nur die übrigen Eigentümer zum Schadensersatz verpflichtet sein, die schuldhaft untätig geblieben sind oder gegen die erforderliche Maßnahme gestimmt oder sich enthalten haben. Das hat der BGH bereits klargestellt.
Ist hingegen eine Willensbildung des Verbandes erfolgt und ein Beschluss gefasst worden, dieser aber nicht oder – wie hier – nur unvollständig durchgeführt worden, scheidet eine Haftung der übrigen Wohnungseigentümer aus. Insoweit kann sich eine Ersatzpflicht des Verwalters ergeben, denn dieser ist gegenüber den Wohnungseigentümern und der Gemeinschaft verpflichtet, die Beschlüsse durchzuführen.
Ob in einer solchen Situation neben dem Verwalter auch die teilrechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft zum Schadensersatz verpflichtet sein kann, hat der BGH bislang offengelassen. Nun stellt der BGH klar: Eine Haftung der Gemeinschaft im Innenverhältnis besteht in einem solchen Fall nicht, denn dies wäre mit der gesetzlichen Kompetenzverteilung unvereinbar.
Zwar schließt die Gemeinschaft – vertreten durch den Verwalter – im Außenverhältnis in eigenem Namen die Verträge ab, die zur Durchführung von Beschlüssen erforderlich sind. Im Innenverhältnis ist der Verband aber nicht in die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums eingebunden. Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums obliegt den Wohnungseigentümern, dem Verwalter und bei Bestellung eines Verwaltungsbeirats auch diesem. Die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen trifft den Verwalter und nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft.
Soweit im Zuge der WEG-Reform 2007 in § 10 Abs. 6 Satz 1 WEG die Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft normiert worden ist, diente dies dazu, das Handeln im Außenverhältnis zu vereinfachen. Am Pflichtengefüge im Innenverhältnis wurde nichts geändert. Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren, die Verwaltungsbefugnisse der Gemeinschaft zuzuweisen, hat der Gesetzgeber nicht aufgegriffen.
Daher begründen Pflichtverletzungen des Verwalters, die sich auf die Durchführung von Beschlüssen beziehen, keine Schadensersatzansprüche einzelner Wohnungseigentümer gegen die Gemeinschaft.
Auch aus Praktikabilitätserwägungen ergibt sich nichts anderes. Insbesondere werden die einzelnen Wohnungseigentümer nicht rechtlos gestellt. Wenn es darum geht, die Durchführung gefasster Beschlüsse zu erreichen, kann und muss sich der einzelne Eigentümer an den Verwalter halten; notfalls kann er den Beirat einschalten. Ferner kann die Eigentümerversammlung mit dem Ziel einer Anweisung an den Verwalter oder sogar der Abmahnung oder Abberufung angerufen werden. In dringenden Fällen kann per einstweiliger Verfügung ein Notverwalter eingesetzt werden. Außerdem hat jeder Eigentümer einen individuellen Anspruch gegen den Verwalter, seine gesetzliche Pflicht zur Beschlussdurchführung zu erfüllen.
WEG haftet nicht für Fehler von Handwerkern
Eine Haftung des Verbandes ergibt sich auch nicht daraus, dass das mit der Sanierung beauftragte Unternehmen oder der eingeschaltete Architekt ihre Pflichten möglicherweise verletzt haben.
Handwerker, Bauleiter oder Architekten, die der Verwalter zur Durchführung einer beschlossenen Sanierung im Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft beauftragt, sind im Verhältnis zu den einzelnen Wohnungseigentümern nicht Erfüllungsgehilfen des Verbandes im Sinne von § 278 Abs. 1 BGB. Somit hat der Verband deren Verschulden nicht zu vertreten.
Für Schäden, die solche Auftragnehmer schuldhaft am Sondereigentum verursachen, haftet regelmäßig nicht die Wohnungseigentümergemeinschaft, sondern der Schädiger aufgrund der Verletzung von Pflichten aus seinem Vertrag mit der Wohnungseigentümergemeinschaft, der Schutzwirkung zugunsten der einzelnen Wohnungseigentümer hat. Der Verwalter muss einen geschädigten Wohnungseigentümer bei der Durchsetzung seiner Ansprüche jedenfalls insoweit unterstützen, als er ihm alle erforderlichen Informationen zukommen lassen muss.
Für die Rechtslage vor der WEG-Reform hatte der BGH die Auffassung vertreten, dass beauftragte Handwerker Erfüllungsgehilfen der Eigentümer seien, so dass die Eigentümer für Fehler von Werkunternehmern, die zu Schäden am Sondereigentum führten, gemäß § 278 BGB einzustehen hatten. Diese Rechtsprechung könne aber nach der aktuellen Rechtslage nicht fortgeschrieben werden.
(BGH, Urteil v. 8.6.2018, V ZR 125/17)
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