Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Der folgende Überblick zeigt die einzelnen notwendigen Schritte und das richtige Verhalten nach einem schweren oder tödlichen Unfall:
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2.1 Rettungskette
Der Arbeitgeber muss dafür sorgen, dass "nach einem Unfall unverzüglich Erste Hilfe geleistet und eine erforderliche ärztliche Versorgung veranlasst wird." (§ 24 Abs. 2 DGUV-V 1)
Jeder Unfall, der eine notärztliche Behandlung erforderlich macht, muss daher die sog. Rettungskette auslösen. Sie bezeichnet die strukturierte Abfolge von Rettungs- und Alarmierungsmaßnahmen und umfasst folgende Glieder:
- Sofortmaßnahmen, wie Abschalten von gefährlichen Anlagen, Verletzten aus Gefahrenzone bringen, Freimachen von Atemwegen, Atemspende u. Ä.,
- Notruf absetzen,
- Maßnahmen der Ersten Hilfe, wie Kreislaufüberwachung, Wärmen, Wundversorgung usw.,
- Rettungsdienst,
- Krankenhaus.
Wenn die Rettungskette richtig abgelaufen ist, ist davon auszugehen, dass für das Wohlergehen des Verunfallten, sofern er noch am Leben ist, alles Mögliche getan wurde. Damit ist bereits eine große Verantwortung von den vor Ort handelnden Personen genommen. Allerdings sind die Unfallabwicklung und die damit verbundene Anspannung noch lange nicht abgeschlossen.
2.2 Unfallstelle abriegeln
Selbstverständlich muss im Zuge der unmittelbaren Gefahrenabwehr dafür gesorgt werden, dass an einer Unfallstelle evtl. drohende weitere Gefahren so weit wie möglich eingedämmt werden (z. B. gefahrdrohende Bewegungen und Prozesse stoppen, Kipp- und Sturzgefahren verhindern).
Unfallstelle absperren
Alle weiteren Eingriffe an der Unfallstelle müssen aber aus Gründen der Beweissicherung unbedingt unterbleiben. Gerade in Schockreaktionen neigen Menschen dazu, Zuflucht zu vertrauten Reaktionen wie Aufwischen, Putzen, Aufräumen zu nehmen. Daher ist es wichtig, sofort nach den Rettungs- und Sicherungsmaßnahmen den betroffenen Bereich großflächig abzusperren und von sämtlichen Personen zu räumen. Wenn möglich sollten betroffene Räume/Hallen abgeschlossen, ansonsten in geeigneter Form abgesperrt werden, wobei die Absperrung ggf. von durchsetzungsfähigen und vertrauenswürdigen Personen beaufsichtigt werden muss.
Je nach Betriebsart und -größe und Unfallausmaß empfiehlt es sich, den Gesamtbetrieb einzuschränken oder einzustellen. Wegen des zu erwartenden Einsatzes von Ermittlungs- und Aufsichtsbehörden und des damit verbundenen Aufsehens und Zeitaufwandes ist es u. U. sinnvoll, Kunden- und Besucherverkehr zu beenden. Ebenso sollten bestimmte Mitarbeitergruppen nach Hause geschickt werden, wenn sie vom Unfall nicht betroffen sind, aber während der Ermittlungen vor Ort nicht sinnvoll weiter beschäftigt werden können (z. B. Auszubildende!).
Direkt betroffene Mitarbeiter sollten, soweit sie nicht selber z. B. durch Schock behandlungsbedürftig sind, im Betrieb bleiben, um ggf. als Unfallzeugen gehört zu werden. Außerdem besteht bei ihnen häufig das Bedürfnis, das Erlebte vor Ort und gemeinsam bereits ein Stück weit zu bewältigen (Seelsorge). Sie sollten sich in einem geeigneten Raum nicht in unmittelbarer Nähe zum Unfallort aufhalten, um mögliche Schockreaktionen nicht zu verstärken.
2.3 Unfallmeldung
Unfallmeldung im Überblick
Intern:
- Unternehmensleitung bzw. Vertreter,
- Fachkraft für Arbeitssicherheit (vor Ort, auf Konzernebene oder überbetrieblich), ggf. weitere für Sicherheit Verantwortliche,
- ggf. Betriebs- oder Personalrat (wenn vorhanden und betrieblich so vereinbart, spätestens durch Kenntnisgabe der Unfallanzeige).
Extern:
- Polizei (wenn nicht bereits über Rettungsdienst informiert),
- Berufsgenossenschaft bzw. andere gesetzliche Unfallversicherungsträger,
- staatliche Arbeitsschutzaufsicht (Bezirksregierung, Gewerbeaufsicht o. Ä.),
- betroffene Versicherungen (Betriebshaftpflicht, Gebäude- und Sachversicherungen, Betriebsausfallversicherungen usw.).
2.3.1 Unfallmeldung intern
Ein schwerer Unfall muss immer unverzüglich intern der Unternehmensleitung direkt (bzw. auf den von für solche Fälle vorgesehenen Wegen) gemeldet werden. Der Unternehmer hat in einem solchen Fall unverzüglich nicht nur die hier beschriebenen rechtlichen Pflichten wahrzunehmen, sondern muss auch die Möglichkeit haben, Haftungs- und Versicherungsfragen unverzüglich zu regeln sowie die Öffentlichkeitsarbeit zu steuern, muss er doch u. U. mit erheblichen Konsequenzen für das Wohl des Betriebs rechnen.
Je nach Situation ist es sinnvoll bzw. erforderlich, vor Ort oder überregional zuständige bzw. externe Sicherheitsfachkräfte oder andere für Sicherheit Verantwortliche zu informieren (z. B. auf Baustellen den Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator). Dabei sind ggf. bestehende betriebliche Regelungen zu berücksichtigen (Sicherheits- oder Qualitätsmanagement).
2.3.2 Unfallmeldung nach SGB VII
Die Anzeige von meldepflichtigen Unfällen ist innerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung einheitlich normiert (§ 193 SGB VII bzw. UVAV). Danach müssen meldepflichtige Unf...