Tomy Sobetzko, Dr. Rupprecht Maushart
Zusammenfassung
In Forschung, Technik und Medizin werden strahlenaussendende radioaktive Stoffe und ionisierende Strahlung aus anderen Quellen, wie beispielsweise die Röntgenstrahlung, in vielfältiger Weise nutzbringend eingesetzt. Diese Strahlung kann aber auch schädliche Wirkungen in Mensch und Umwelt hervorrufen, vor denen möglicherweise Betroffene geschützt werden müssen. Der diesem Zweck dienende Strahlenschutz erarbeitet als interdisziplinäre Wissenschaft aus Biologie, Medizin und Physik die Grundlagen unseres Wissens über die Auswirkungen und Risiken der ionisierenden Strahlung. Der operative Strahlenschutz setzt dieses Wissen in praktische Schutzvorschriften und -maßnahmen vor Ort um. Das Gleiche gilt für den Strahlenschutz bei der Anwendung nicht ionisierender Strahlung (NIR, Non-ionizing Radiation), wie Laser oder Mobilfunk. Der operative Strahlenschutz wird heute zunehmend als Bestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzes angesehen und in diesen integriert.
Der Strahlenschutz für ionisierende Strahlen wird im Wesentlichen durch das Strahlenschutzgesetz und die Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) geregelt. Weiterhin gibt es zahlreiche, die praktische Umsetzung einzelner Vorschriften im Detail regelnde Richtlinien. Dazu kam in der Folge des Tschernobyl-Unfalls noch das Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG).
1 Die Grundsätze des Strahlenschutzes
Die Internationale Strahlenschutzkommission (ICRP) baut ihre Schutzempfehlungen auf 3 Grundsätze auf, die u. a. in Teil 2 Kapitel 1 der Strahlenschutzverordnung verankert sind.
(1) Der allgemeine Grundsatz der Rechtfertigung (§§ 2–4 StrlSchV): Demzufolge müssen alle Tätigkeiten, die mit einer Strahlenexposition verbunden sein können, unter Abwägung ihres "wirtschaftlichen, sozialen oder sonstigen Nutzens gegenüber möglichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen" gerechtfertigt sein.
(2) Die konkreten Anweisungen zur Dosisbegrenzung (z. B. § 73 StrlSchV): Die vorgeschriebenen Dosisgrenzwerte dürfen nicht überschritten werden.
(3) Schließlich, noch über die Dosisbegrenzung hinausgehend, die Forderungen nach Dosisreduzierung und Vermeidung unnötiger Strahlenexposition (z. B. gem. § 75 StrlSchV). Die für den Strahlenschutz Verantwortlichen sind demgemäß dazu verpflichtet, bei allen Tätigkeiten "jede Strahlenexposition oder Kontamination von Mensch und Umwelt unter Berücksichtigung des Stands von Wissenschaft und Technik und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch unterhalb der Grenzwerte so gering wie möglich zu halten". International ist diese Forderung schon seit den 70er Jahren als ALARA-Prinzip bekannt. ALARA steht für As Low As Reasonably Achievable, so niedrig wie vernünftigerweise erreichbar.
2 Schwerpunkte des praktischen Strahlenschutzes
Zentraler Punkt des praktischen Strahlenschutzes ist die Überwachung der Strahlenexposition der Beschäftigten. Zurzeit werden in der Bundesrepublik etwa 440.000 Personen als beruflich strahlenexponiert eingestuft. 43.000 davon sind als fliegendes Personal tätig. Zur Reduzierung der Exposition gibt es zahlreiche konkrete Maßnahmen, wie Abschirmungen, Zugangsbeschränkungen, Beschränkungen der Arbeits- und Aufenthaltsdauer, Gestaltung der Arbeitsabläufe und nicht zuletzt die gute Ausbildung und die ständige Unterweisung der Mitarbeiter.
Schutzmaßnahmen
Beim Umgang mit radioaktiven Stoffen ist die wichtigste Schutzmaßnahme für die Beschäftigten die Vermeidung von Kontamination, also der Schutz vor der unkontrollierten Verbreitung dieser Stoffe. Radioaktive Substanzen dürfen weder in den menschlichen Organismus aufgenommen werden, etwa durch Einatmen oder Verschlucken, noch aus Kontrollbereichen (Strahlenschutzbereiche) in unzulässiger Weise in die Umwelt gelangen.
Regelmäßige Messungen erforderlich
Alle Schutzmaßnahmen müssen ständig messtechnisch überprüft werden. Dazu geeignete Messgeräte und eine richtig eingesetzte Messtechnik sind deshalb unverzichtbarer Bestandteil eines effektiven Strahlenschutzes.
3 Was wissen wir über das Strahlenrisiko?
Ionisierende Strahlung ist ein Energieträger. Wird diese Energie in Materie absorbiert, so bewirkt sie dort Strukturänderungen der unterschiedlichsten Art. In lebendem Gewebe bedeutet das von der Höhe der Dosis abhängige Zellschäden mit negativen Auswirkungen auf den Gesamtorganismus. Allerdings sind die Reaktionen der einzelnen Zelle und des Zellverbands außerordentlich komplex und noch nicht abschließend erforscht. Unstrittig ist jedenfalls, dass das Ausmaß der Schädigung von der Höhe und von der zeitlichen Verteilung der Dosis abhängt.
Bei kurzzeitigen hohen Ganzkörperdosen ab einigen Sievert entstehen akute Strahlenschäden, die durch das Versagen einzelner Organe in meist kurzer Zeit zum Tod führen. In der Krebstherapie werden hohe Dosen punktuell und gezielt eingesetzt, um die kranken Zellen der Geschwulst abzutöten. Niedrigere Dosen führen zu Zellmutationen, die nach einer gewissen Latenzzeit (Zeit zwischen Exposition und Ausbruch der Krankheit) von bis zu 30 Jahren zur Krebsentstehung führen können, aber nicht zwangsweise müssen.
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