Dipl.-Inform. Jörg Schiemann
Zu den Aufgaben von Betriebsärzten gehört es, den Arbeitgeber beim Arbeitsschutz und bei der Unfallverhütung sowie in allen Fragen des Gesundheitsschutzes zu beraten. Zu den wesentlichen Aufgaben gehört für Betriebsärzte die Beratung und Untersuchung der Arbeitnehmer sowie die Erfassung und Auswertung der Untersuchungsergebnisse.
3.1.1 Beratung des Arbeitnehmers
Ein wesentlicher Bestandteil der arbeitsmedizinischen Betreuung von Arbeitnehmern ist ihre individuelle Beratung zu verschiedenen Themen, wie beispielsweise Fragen rund um ihren Arbeitsplatz, einen Auslandsaufenthalt oder Mutterschutz. Da dies oft von den konkreten Arbeitsplatzausgestaltungen im Unternehmen unabhängig ist, können solche Beratungen, so wie sie schon seit Jahren telefonisch erfolgen, auch ohne Probleme telemedizinisch erfolgen.
Die Beratung ist durch die Ärztinnen/Ärzte übrigens nicht zu delegieren, muss persönlich erbracht und – auch bei telemedizinischer Ausführung – entsprechend dokumentiert werden.
3.1.2 Telediagnostik
Mit einem 2-stufigen Verfahren können über das Vorgehen der Telediagnostik betriebsärztliche Einsätze vor Ort reduziert werden. Dabei führt nicht der Arzt die Untersuchung durch, sondern es reicht, wenn ein Medizinischer Fachangestellter vor Ort im Unternehmen ist und die diagnostischen Tätigkeiten und Verfahren erledigt. Dazu können beispielsweise Seh- oder Hörtests gehören, ebenso wie Blutabnahmen, Blutdruck- und Pulsmessungen oder ein Elektrokardiogramm (EKG).
Die Untersuchungsergebnisse bekommt der Betriebsarzt dann elektronisch von der Assistenz übermittelt, befundet sie und kann die ärztliche Sprechstunde zur Mitteilung der Ergebnisse mit dem Arbeitnehmer telemedizinisch durchführen. Die Mitteilung der Ergebnisse darf der Arbeitsmediziner nicht delegieren.
3.1.3 Telekonsultation
Oft ist es sinnvoll, zur Befundbewertung eine zweite ärztliche Meinung, beispielsweise eines passenden Facharztes, einzuholen. Erfolgt dies in der Form eines Telekonsils, kann der Betriebsarzt schneller agieren und sich mit einem Kollegen zur Durchsprache der Befunde und Diagnosen verabreden, aber auch entsprechend schneller dem Arbeitnehmer die Ergebnisse mitteilen.
Dabei können auch weitere Informationen, wie Untersuchungsergebnisse, EKG-Diagramme oder Fotos sowie Vitalparameter zwischen den Medizinern – unter Wahrung der entsprechenden Datenschutz- und Datensicherheitsmaßnahmen – ausgetauscht werden und in die Bewertung mit einfließen.
3.1.4 Beratung des Arbeitgebers
Aufgaben des Betriebsarztes für die Unternehmen sind u. a. die Beratung zu Fragen des Arbeitsschutzes und der Unfallverhütung. Dazu gehören auch die Erfassung der Arbeitsrisiken, die Gefährdungsbeurteilung und die dazu gehörige ärztliche Beratung.
Insbesondere können die in § 3 Abs. 1 Satz 1 ASiG, aufgeführten Beratungsthemen telemedizinisch erörtert werden. Hierfür wird eine entsprechend gute Kenntnis des Unternehmens und seiner Arbeitsplatzsituation vorausgesetzt. Dabei kann es sich u. a. um die Einführung neuer Arbeitsverfahren, die Auswahl von Körperschutzmitteln, arbeitsphysiologische, -hygienische oder ergonomische Fragestellungen handeln. Auch Arbeitsrhythmus und -zeit oder Pausenregelungen können hierunter fallen.
3.1.5 Arbeitsplatzbegehungen
Ein wenig anders sieht es mit den Arbeitsplatzbegehungen aus. Begehungen, insbesondere Erstbegehungen sollten als Grundlage für die Tätigkeit als Betriebsarzt immer persönlich durchgeführt werden, um vor Ort die spezielle Arbeitsplatzsituation oder die Belastungen der eingesetzten Personen persönlich in Augenschein zu nehmen und einzuschätzen. Auch die Betriebsbegehungen sollten nicht telemedizinisch erfolgen.
Nur in Ausnahmefällen kann eine Einzelplatzbeurteilung, idealerweise im Rahmen einer spezifischen Fragestellung, per Webcam durchgeführt werden und die persönlichen Begehungen ergänzen (Leitfaden Telearbeitsmedizin).
3.1.6 Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement ist eine Aufgabe des Arbeitgebers, um für einen längeren Zeitraum arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach ihrer Abwesenheit wieder in den Betrieb einzugliedern sowie einer erneuten Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen.
Während es oft schwierig ist, alternative Arbeitsplätze und Tätigkeiten für Betroffene per Telemedizin zu identifizieren, gibt es gerade für die regelmäßige Betreuung während des Wiedereingliederungsprozesses durch den Betriebsarzt gute Ansätze für telemedizinische Methoden.
So werden noch während eines Krankenhausaufenthaltes, beispielsweise nach Operationen oder einem Herzinfarkt, geeignete Rehabilitationsmaßnahmen begonnen. Endet aber der stationäre Aufenthalt des Betroffenen, so gehen Planung und Struktur dieser Maßnahmen typischerweise verloren. Der Betroffene ist nun auf sich allein gestellt und er verliert, insbesondere wenn der Wiedereinstieg in den Arbeitsalltag erfolgt, auch die Motivation, die Rehabilitationsmaßnahmen fortzuführen.
Um jedoch erneuten Verletzungen und Krankheiten vorzubeugen, müssten diese Vorsorgeübungen in seinen Alltag integriert und selbstständig vom Betroffenen fortg...