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Der Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) hat hinsichtlich der Anforderungen an Laboratorien bei Tätigkeiten mit TSE-assoziierten Agenzien Erkenntnisse ermittelt und Regelungen beschlossen, die auf Empfehlungen der ABAS-Projektgruppe BSE und des Arbeitskreises TSE-Laboratorien beruhen:
1 Anwendungsbereich
Der Beschluss gilt für Tätigkeiten mit TSE-assoziierten Agenzien in diagnostischen Laboratorien und Forschungslaboratorien. Er soll die in der TRBA 100 "Schutzmaßnahmen für gezielte und nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in Laboratorien" beschriebenen Regelungen konkretisieren und ergänzen.
Der Bereich der Probenahme und Obduktion in der Human- und Veterinärpathologie wird nicht durch diesen Beschluss geregelt. Die Probenahme bei Schlachttieren bzw. verendeten oder notgeschlachteten Verdachtstieren ist im Beschluss des ABAS 602 "Spezielle Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Infektionen durch BSE/TSE-Erreger" geregelt. Für Obduktionen und Untersuchungen (z. B. Endoskopien) im human- und veterinärmedizinischen Bereich gilt die TRBA 250 "Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege", bei Versuchstieren ggf. die TRBA 120 "Versuchstierhaltung".
2 Begriffsbestimmungen
2.1 |
Transmissible spongiforme Enzephalopathieassoziierte Agenzien verursachen bei Tieren und Menschen schwammartige Veränderungen des zentralen Nervensystems (ZNS). Diese Veränderungen werden von pathologischen (Prion-) Proteinablagerungen (PrPSc) begleitet. Die Erkrankungen enden immer tödlich. Im Sinne der Biostoffverordnung sind TSE-assoziierte Agenzien biologische Arbeitsstoffe. |
2.2 |
Gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn der positive TSE-Status eines Lebewesens oder einer Probe bekannt ist bzw. nachfolgenden Tätigkeiten auf das Agens ausgerichtet sind. Ein Beispiel für eine gezielte Tätigkeit ist die Bestätigung positiver Testergebnisse mit diagnostischen Referenzmethoden. In der Humanmedizin ist dies für Probematerial bei klinischwahrscheinlicher Erkrankung gegeben. Eine gezielte Tätigkeit liegt auch dann vor, wenn natives aus Bakterien gereinigtes Prion-Protein der Säuger durch ein geeignetes Verfahren in eine Amyloid-ähnliche oder Proteinase Kresistente Form überführt wird. |
2.3 |
Nicht gezielte Tätigkeiten liegen vor, wenn der Status des Lebewesens oder Probenmaterials nicht bekannt ist und die Tätigkeiten auf eine Erstdiagnostik ausgerichtet sind oder sich nicht auf das TSE-assoziierte Agens beziehen. Ein Beispiel für eine nicht gezielte Tätigkeit ist die routinemäßige Diagnostik von Gehirnproben ohne konkreten Hinweis auf eine vorhandene Infektion. |
2.4 |
Inaktivierung ist die irreversible Zerstörung der Vermehrungs- und Infektionsfähigkeit der biologischen Arbeitsstoffe. |
2.5 |
Dekontamination ist die Zurückführung biologischer Arbeitsstoffe auf die gesundheitlich unbedenkliche Grundbelastung. |
3 Gefährdungsbeurteilung
3.1 Erkrankungen durch TSE-assoziierte Agenzien
Bei Tieren:
- die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) bei Rindern (klassische und atypische Formen)
- die Traberkrankheit (Scrapie) bei Schafen und Ziegen (klassische und atypische Formen)
- die transmissible Enzephalopathie der Nerze (TME)
- die Chronic Wasting Disease der Hirschartigen (CWD)
- die feline spongiforme Enzephalopathie (FSE) bei Katzen
- TSE bei Zootieren
Bei Menschen:
- die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK)
- die Variante der CJK (vCJK)
- das Gerstmann-Sträussler-Scheinker-Syndrom (GSS)
- die Tödliche Familiäre Schlaflosigkeit (FFI)
- Kuru
- nicht klassifizierte TSE-Erkrankungen.
Experimentell können u.a. Nagetiere (Maus, Hamster) und nichthumane Primaten mit TSE-assoziierten Agenzien verschiedener Spezies infiziert werden. Durch den Wirtswechsel entstehen – möglicherweise – TSEs mit geänderten Eigenschaften.
3.2 Spezifische Eigenschaften von TSE-assoziierten Agenzien
- Als Auslöser der o.g. Erkrankungen werden nach heutigem Kenntnisstand Prionen angesehen, die im Vergleich zu den zellulären Prion-Proteinen (PrPC) eine fehlgestaltete Proteinstruktur (PrPSC) enthalten. Potentielle Infektionswege bei laborspezifischen Tätigkeiten sind Hautläsionen, Verletzungen, Schleimhautkontakt, Bioaerosole und Verschlucken. Die Inkubationszeiten betragen i.d.R. Jahre bis Jahrzehnte. Der derzeitige Kenntnisstand lässt noch keine genauen Aussagen über die minimale Infektionsdosis für den Menschen zu; generell gilt aber, dass es eine Abhängigkeit von der Wirtsspezies und deren spezifischem Genotyp, dem Infektionsweg und dem Agensstamm gibt.
- Die TSE-assoziierten Agenzien sind außerordentlich tolerant gegenüber herkömmlichen chemischen und physikalischen Inaktivierungsverfahren. Der Einsatz aldehydhaltiger Desinfektionsverfahren (z. B. mit Formaldehyd) ist kontraindiziert, da die Infektiosität des Agens stabilisiert wird. Alkoholhaltige Mittel können einen fixierenden und potenziell einen die Inaktivierung ...