Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Nach Arbeitsstättenrecht sind Unterkünfte Räume im Bereich von Arbeitsstätten, die den Beschäftigten zu Wohnzwecken in der Freizeit dienen. Dazu zählen neben Betriebswohnungen, Wohnheimen usw. auch Baracken, Wohncontainer, Wohnwagen und andere Raumzellen. Bereitschafts- und Pausenräume sind in diesem Sinne keine Unterkünfte. Seit einer Änderung der Arbeitsstättenverordnung Ende 2020 ist der Arbeitgeber auch dafür verantwortlich, dass sog. Gemeinschaftsunterkünfte, in der Beschäftigte untergebracht werden, sicher und angemessen gestaltet sind. Das gilt für Wohnungen außerhalb der Betriebsstätte, in denen mehrere Beschäftigte und insgesamt mindestens 4 Personen untergebracht werden, gleichgültig, ob Beschäftigte dafür Miete zahlen oder nicht, und auch dann, wenn Dritte in Abstimmung mit dem Arbeitgeber diese Unterbringungen zur Verfügung stellen.
1 Wann müssen Unterkünfte bereitgestellt werden?
1.1 Unterkünfte auf Baustellen
Unterkünfte sind nur auf Baustellen zwingend erforderlich, wenn Sicherheits- und Gesundheitsschutzgründe es nötig machen (Anhang 4.4 Abs. 1 ArbStättV). Dafür werden in Abschn. 6 ASR A4.4 sehr spezielle Beispiele aufgeführt:
- Arbeiten unter erschwerten Bedingungen, wie Druckluft- und Taucherarbeiten;
- Sicherstellung des Betriebes von Versorgungseinrichtungen, unvorhersehbare Kontroll- und Notdienste, z. B. auf Druckluftbaustellen, Spülfeldern, bei Grundwasserabsenkung;
- technologisch bedingte verkürzte oder lange Arbeitszeiten oder kurze Schichtwechsel, z. B. bei gezeitenabhängigen Arbeiten auf oder an der See oder wegen Zwangspausen infolge von Arbeitszeitbegrenzungen (z. B. Hitzearbeiten oder Arbeiten unter Atemschutz);
- unzumutbarer Zeitbedarf für eine tägliche Heimfahrt und/oder eine nicht mehr ausreichende Ruhezeit;
- häufig wechselnde Arbeitsstätten infolge kurzer Bauzeiten, z. B. für Spezialisten bestimmter Bauverfahren;
- Baustelle nicht mit üblichen Verkehrsmitteln erreichbar (z. B. ohne Anschluss an das öffentliche Straßennetz, im Hochgebirge, auf Inseln oder schwimmenden Geräten).
Aber selbst in diesen Fällen kann der Arbeitgeber auf die Einrichtung von Unterkünften verzichten, wenn
- den Beschäftigten seitens des Arbeitgebers der mit der Beschaffung der Unterkunft verbundene Mehraufwand (z. B. besondere Personentransportdienstleistungen) ausgeglichen wird und die Beschäftigten ihre Unterkunft selbst beschaffen (soweit die Umstände es überhaupt ermöglichen und dadurch keine Schutzbestimmungen wie Arbeitszeitregelungen verletzt werden);
- örtliche Unterbringungsmöglichkeiten (z. B. Hotels, Pensionen) oder andere geeignete Räume in vorhandenen Gebäuden für die Unterbringung zur Verfügung gestellt werden.
1.2 Unterkünfte außerhalb von Baustellen
Außerhalb von Baustellen erfolgt die Einrichtung von Unterkünften nicht aus arbeitsschutzrechtlichen, sondern aus betrieblichen Gründen, z. B. häufig in Landwirtschaft und Gartenbau, in der Fleischwirtschaft, der Gastronomie, im Tourismusgewerbe und bei Gesundheitsdienstleistern. Typische betriebliche Gründe für die Einrichtung von Unterkünften sind:
- Arbeitsverhältnisse oder Einsätze von beschränkter Dauer (Saisonbetrieb, Service- und Reparatureinsätze),
- ausgefallene Arbeitszeiten,
- Ausbildungs- und Schulungsbetrieb, z. B. Schulungsstätten,
- Kasernen u. Ä.
Grundsätzlich können natürlich auch Gründe, wie sie für Baustellen gelten, in besonderen Fällen dazu führen, dass für Arbeitnehmer Unterkünfte zu schaffen sind. Diese Unterkünfte können sich grundsätzlich innerhalb oder außerhalb des Betriebsgeländes befinden.
1.3 Gemeinschaftsunterkünfte
Bis 2020 wurde davon ausgegangen, dass, wenn es zu einem Mietvertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer kommt, die Unterbringung keine Unterkunft im Sinne des Arbeitsstättenrechts ist, sondern dass es sich dann um Personalwohnungen oder -zimmer handelt. Dafür gelten die üblichen baurechtlichen Bestimmungen für Wohnräume, bei der Unterbringung von ausländischen Saisonkräften außerdem die "Richtlinien für die Unterkunft ausländischer Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland" des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung.
Diverse Masseninfektionen in solchen Unterbringungen während der SARS-CoV-2-Epidemie haben gezeigt, dass diese Regelung dazu geführt hat, dass viele ausländische Arbeitskräfte in absolut desolaten Wohnverhältnissen unterkommen mussten. Oft wurden von Dritten im Auftrag der Vermittlungsfirmen für solche Personalunterbringungszwecke regelrechte Schrottimmobilien aufgekauft und vermietet, die so schlecht hergerichtet und unterhalten waren, dass es vielfach zu unzumutbaren gesundheitsgefährdenden Zuständen kam.
Daher wurde in der Arbeitsstättenverordnung der Begriff der Gemeinschaftsunterkunft definiert. Nach § 2 Abs. 8 ArbStättV sind Gemeinschaftsunterkünfte:
Zitat
Unterkünfte innerhalb oder außerhalb des Gel...