Anders als für den "Arbeitgeber" und für den "Unternehmer" (§ 2 Abs. 3 ArbSchG, § 191 SGB VII) gibt es für den Begriff der "Führungskraft" keine gesetzliche Verankerung oder gar Legaldefinition. Ein Satz mit dem Inhalt "Führungskraft i. S. von § … ist, wer …" gibt es in keinem Gesetz.

§ 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG benennt als arbeitsschutzverantwortliche Personen neben dem Arbeitgeber und den Personen nach Nrn. 1–3, diejenigen, "die mit der Leitung eines Unternehmens oder eines Betriebs beauftragt sind, im Rahmen der ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse". Es gehört sicherlich nicht viel sprachliches Geschick dazu, den Begriff der "Leitung" eines Unternehmens zu ersetzen durch "Führung" eines Unternehmens.

Gleichwohl wäre, würde man den Kreis der Führungskräfte ausschließlich auf den des § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG reduzieren und begrenzen, der Begriff der "Führungskraft" eindeutig zu kurz gefasst.

Im berufsgenossenschaftlichen Schrifttum[1] wird zutreffend darauf hingewiesen, dass Bezeichnungen und Rang von Personen im Unternehmen nicht kennzeichnend sind für eine Führungskraft bzw. einen Vorgesetzten. Auch die Höhe der Bezahlung ist nicht entscheidend. Allein die Weisungsbefugnis ist im Arbeitsschutz das wesentliche Merkmal betrieblicher Führungskräfte. Bereits anhand dieser Ausführungen ist mithin festzustellen, dass der Personenkreis nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG zum Kreis der Führungskräfte zählt, dieser Kreis aber noch darüber hinausgeht, zumal es besonders in größeren Unternehmen weitaus mehr Personen gibt, die "was zu sagen haben", als nur die nach Nr. 4.

 
Wichtig

Führungskraft

So ist denn nach berufsgenossenschaftlicher Sichtweise jedermann Führungskraft, der für mindestens eine andere Person weisungsbefugt ist. Dazu zählen auch Personen, die nur vorübergehend anderen Personen Anweisungen zu geben haben, z. B. beim Anlernen eines neuen Kollegen. Eine schriftliche Bestätigung (Vertrag, Urkunde o. Ä.) ist dafür nicht erforderlich.

Damit ist klar, dass

  • der Personenkreis gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG auf alle Fälle zu den Führungskräften gehört,
  • der Kreis der betrieblichen Führungskräfte aber weiter ist als der vorstehend beschriebene
  • die Vielfalt denkbarer Führungsfunktionen in der betrieblichen Praxis schier unüberschaubar bleiben und nur betriebsindividuell zu werten sein wird.

Daher beschränkt sich die weitere Darstellung exemplarisch auf den Kreis derer, bei denen die Führungskraft-Eigenschaft unstreitig und sogar im Gesetz verankert ist.

Im einschlägigen Schrifttum[2] wird zutreffend darauf hingewiesen, dass vom Geltungsbereich des § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG nicht nur die Betriebs- und Unternehmensleiter des Produktions-, Dienstleistungs- und Handelsgewerbes erfasst sind. Das ergibt sich auch bereits daraus, dass vom ArbSchG insgesamt (vgl. insbesondere § 1 Abs. 1 Satz 2 ArbSchG) weder nach Art des Tätigkeitsbereichs noch der Absicht der Gewinnerzielung differenziert wird. Für den Bereich des öffentlichen Dienstes gelten gemäß § 2 Abs. 5 Satz 1 ArbSchG die Dienststellen als Betriebe i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG.

Insofern kommen als "Führungskräfte" i. S. des § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG (zumindest) in Betracht:

  • Betriebsleiter,
  • Unternehmensleiter,
  • Dienststellenleiter.
[1] Stellvertretend für weitere: BG Handel und Warendistribution i. V. m. BG Chemie, Verantwortung im Arbeitsschutz –Rechtspflichten und Rechtsfolgen, o. J.
[2] Steffek in Kollmer/Klindt, Arbeitsschutzgesetz, 2. Aufl. 2011, § 13 Rdnr. 40.

5.1 Betriebsleiter

Die Figur des "Betriebsleiters" hat nicht nur in § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG ihren Niederschlag gefunden, sondern auch in § 13 Abs. 2 StGB. Danach gilt Folgendes: Ein Gesetz, nach dem besondere persönliche Merkmale die Strafbarkeit begründen, ist auch auf den Beauftragten anzuwenden, wenn diese Merkmale zwar nicht bei ihm, aber beim Inhaber des Betriebs vorliegen. Voraussetzungen dafür sind:

  • eine Person ist vom Inhaber eines Betriebs oder einem sonst dazu Befugten beauftragt, den Betrieb ganz oder zum Teil zu leiten,
  • oder diese Person ist ausdrücklich beauftragt, in eigener Verantwortung Pflichten zu erfüllen, die den Inhaber des Betriebs treffen,
  • und diese Person handelt aufgrund dieses Auftrags.[1]

Dabei kommt es nicht auf die positionsmäßige Bezeichnung, wie etwa Generalbevollmächtigter, Direktor oder Prokurist an, sondern allein auf den sachlichen Inhalt der übertragenen Funktion.[2]

Wenn mehrere Personen die Betriebsleitung ausüben und wahrnehmen, so ist jeder im Rahmen der Aufgaben, die ihm übertragen wurden, für den Arbeitsschutz und die Arbeitssicherheit verantwortlich.

Des Weiteren wird im Schrifttum darauf aufmerksam gemacht,[3] dass § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG im Gegensatz zu den Normen des Sanktionsrechts (§ 14 Abs. 2 Satz 1 StGB und § 9 Abs. 2 OWiG) keine ausdrücklichen Regelungen für solche Personen enthält, die den Betrieb nicht ganz, sondern nur zum Teil leiten. Weit überwiegend wird aber angenommen, dass § 13 Abs. 1 Nr. 4 ArbSchG auch für Teilbetriebsleiter gilt, da ansonsten durch ein Kompetenz-...

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