Die Deregulierung der betrieblichen Arbeitssicherheit durch das Arbeitsschutzgesetz von 1996 und durch die Betriebssicherheitsverordnung von 2002 brachte den Arbeitgebern größere Freiheiten, eigene Lösungswege für eine nachhaltige Sicherheits- und Präventionskultur in ihren Unternehmen zu finden. Der Arbeitgeber kann seitdem allgemein vorgegebene Schutzziele eigenverantwortlich gestalten und umsetzen, dafür erhält er einen größeren Handlungsspielraum.
Dieser Paradigmenwechsel reflektierte einen internationalen Trend zur Selbstverantwortung der Unternehmen in Bezug auf die Arbeitssicherheit und den betrieblichen Gesundheitsschutz, der im anglo-amerikanischen Raum seinen Anfang nahm. Ein wesentlicher Bestandteil dieses strategischen Wandels war es (u. a. als Ergebnis von verlorenen Zivilprozessen wegen Versäumnissen beim betrieblichen Umwelt- und Gesundheitsschutz mit damit verbundenen Entschädigungen in Millionenhöhe an die Kläger), betriebsinterne Prozesse auch in den Bereichen besser steuern zu können, die (teilweise) nur indirekten Einfluss auf die Produktivität und die ökonomische Wertschöpfung haben.
Mit der Einführung von EHS-Systemen (Environment-Health-Safety, Umwelt-Gesundheit-Sicherheit) oder HSE-Systemen (Health-Security-Environment) kamen integrierte (generic) Managementsysteme im Rahmen eines übergreifenden Risikomanagements zum Einsatz, bei denen zunächst Qualitätsmanagement und Umweltschutz, später auch Gesundheitsschutz sowie Arbeitssicherheit gleichermaßen berücksichtigt und aufeinander abgestimmt wurden. Bis heute haben sich diese Managementsysteme zumindest in großen und international operierenden Unternehmen weltweit durchgesetzt.
Die Gründe hierfür sind vielfältig:
- EHS-Systeme sorgen für eine langfristig nachhaltige Entwicklung in den Bereichen Sicherheit, Gesundheit, Umweltschutz und Qualitätssicherung; i. d. R. entstehen zwischen den einzelnen Bereichen Synergieeffekte.
- Mithilfe der Systeme gelingt es, Ressourcen zu sparen sowie die Risiken von Produkten und Arbeitsprozessen zu minimieren bzw. ganz auszuschließen.
- Bei allen geschäftlichen Entscheidungen werden die Auswirkungen auf Umwelt, Gesundheit und Arbeitssicherheit abgewogen.
- Indem der Ist-Zustand kontinuierlich mit immer wieder neu formulierten Zielvorgaben verglichen wird (Kontinuierlicher Verbesserungsprozess – KVP), gibt es eine permanente Erfolgskontrolle und damit die Möglichkeit, Fehler sofort zu beheben.
Zusätzlich zu den bereits genannten Themenfeldern ist in den vergangenen Jahren die Betriebssicherheit mit all ihren Facetten (IT-Sicherheit und Datenschutz, Brandschutz etc.) ein immer wichtigeres Handlungsfeld geworden.
Diese Systeme können aber nur erfolgreich operieren, wenn sie von hochmotivierten und sehr gut ausgebildeten Fachkräften betreut werden. Unternehmen suchen daher für diese übergreifenden Aufgaben Fachkräfte, die mit Fachkenntnissen zu allen relevanten Bereichen – Umweltschutz, Arbeitssicherheit, Gesundheitsschutz, betriebliche und informationstechnologische Sicherheit – sowie umfangreichen methodischen, sozialen und kommunikativen Fähigkeiten die nachhaltige Entwicklung dieser Managementsysteme planen, umsetzen und weiterentwickeln können. Diese Experten müssen als "Partner auf Augenhöhe" mit der Unternehmensleitung die Entwicklung vorantreiben können, gleichzeitig aber auch in der Lage sein, die Beschäftigten auf allen Hierarchieebenen für die gesteckten Ziele zu gewinnen und zu motivieren.
Im internationalen Kontext werden diese Fachkräfte als EHS-Manager oder HSE-Manager bezeichnet. In Deutschland hat der Verband für Sicherheit, Gesundheit und Umweltschutz bei der Arbeit (VDSI) alternativ den Begriff "Manager für Sicherheit und Gesundheit" geprägt. Im Folgenden soll die international am meisten verwendete Bezeichnung "EHS-Manager" benutzt werden. Wer aber kommt für die Besetzung dieser anspruchsvollen Position infrage? Dieser Beitrag plädiert dafür, dass v. a. die Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Sifa) prädestiniert sind, diese Rolle in den Unternehmen zu übernehmen. Sie bringen hervorragende Voraussetzungen mit, um als Impulsgeber zu fungieren und wirkungsvoll in den Betrieben zu gestalten. Sie sind wie Manager (v. a.) Generalisten und (mindestens in Bezug auf die Arbeitssicherheit und manche Beauftragtenfunktionen) Spezialisten in einer Person. Dennoch wird sich ihr Aufgabenspektrum noch beträchtlich ausweiten – die schon erwähnte IT-Sicherheit sowie der Brandschutz sind Beispiele hierfür. Damit sie auch diesen neuen Herausforderungen wirklich gewachsen sein können, benötigen sie eine konsequente Fort- und Weiterbildung.