Dipl.-Inform. Jörg Schiemann
5.1 Vorbemerkung
Wearables werden aktuell nur in wenigen Betrieben eingesetzt, auch weil noch viele Fragen des Arbeitsschutzes zu ihrem Einsatz offen sind und weiterer Forschung bedürfen. So beschäftigt sich das Institut für Arbeitsschutz (IFA) der DGUV seit einigen Jahren mit dem Einsatz verschiedener Wearables im Arbeitsschutz und erforscht deren präventives Potenzial, z. B. auch als Arbeitsmittel zur Mensch-System-Interaktion.
Einwilligung notwendig
Der Einsatz von Wearables und ihren dazugehörigen Smartphone-Apps im Unternehmen darf nur mit der Einwilligung der Beschäftigten geschehen und diese kann jederzeit durch die Betroffenen widerrufen werden. Dazu gehört auch die Begründung mit einem legitimen Zweck wie dem Gesundheitsschutz für den Einsatz, mit dem die Verhältnismäßigkeit der Datenverarbeitung gewährleistet sein muss. Dabei muss das Unternehmen vor einer Verwendung von Wearables und Apps prüfen, ob es keine Alternative gibt, mit der die gleichen Ziele in der gesundheitlichen Prävention erreicht werden können.
Mit einer Betriebsvereinbarung unter Einbindung des Betriebsrats sollten die Unternehmen dabei jedoch auf der sicheren Seite sein.
5.2 Vorteile
5.2.1 Benutzerfreundlichkeit
Wearables bieten eine einfache Handhabung und sind mit oft selbsterklärenden Funktionen auch für weniger technikaffine Nutzer geeignet. Besonders die Auswertungen der durch die Wearables gemessenen Daten bieten durch die visuelle Darstellung in der meist begleitenden App durch den Anbieter eine einfache Übersicht und Interpretation.
5.2.2 Kontinuierliche Messungen
Ein großer Vorteil von Wearables ist die Möglichkeit der kontinuierlichen Überwachung der Vitalwerte. Für eine Überprüfung bestimmter Werte ist damit kein expliziter Messvorgang z. B. beim Betriebsarzt notwendig. Der Aufwand dafür wird reduziert oder fällt weg.
Eine smarte Uhr oder ein Fitnessarmband am Arm zu tragen bedeutet dabei für den Träger nahezu keine Einschränkung im Alltag. Trotzdem können in allen Situationen kontinuierlich die Vitalwerte gemessen und zum Wohl der Gesundheit des Nutzers auf gefährliche Spitzen überwacht werden.
Aus den umfangreich gemessenen und gespeicherten Rohdaten können mithilfe von detaillierten Analysen durch Algorithmen auch gesundheitliche Trends entdeckt werden – so liegen zum Vergleich aktueller Messwerte wertvolle Langzeitdaten vor. Dies kann helfen, präventive Maßnahmen einzuleiten oder Therapieverfahren anzupassen.
5.2.3 Echtzeitalarme
Während heute beispielsweise für Blutdruckmessungen ein Standort, der mit einem entsprechenden Gerät ausgestattet ist, mit einer entsprechenden Verzögerung aufgesucht werden muss, ermöglicht die ständige Kontrolle der Vitalwerte durch Wearables die sofortige Erkennung von Problemen – die Alarme können in Echtzeit ausgelöst und behandelt werden.
5.2.4 Interaktivität
Einfach vom Nutzer durchzuführende Aktionen als Gegenmaßnahme bei alarmierenden oder gefährlichen Werten können direkt zur Durchführung vorgeschlagen und ausgeführt werden. So kann bei Ermüdungsanzeichen dem Nutzer unmittelbar signalisiert werden, eine Pause einzulegen, bevor Konzentrationsschwächen bei der Arbeit mit gefährlichen Maschinen Auswirkungen haben. Bei körperlichen Auswirkungen von Stress, wird dem Träger nahegelegt, durch Übungen zu Ruhe und Achtsamkeit den Alarmzustand seines Körpers zu beruhigen und herunterzufahren.
5.2.5 Telemedizinische Funktionen
Noch einen Schritt weiter gehen manche Wearables, indem sie über die begleitende App eine direkte Kommunikation mit Ärzten (ggf. mit der Bereitstellung der alarmierenden Messdaten) ermöglichen. Gerade durch Telemedizin können Lösungen eingeführt werden, bei denen keine Wartezeit bei bestimmten Ärzten anfällt, sondern eine Verbindung mit dem irgendwo dezentral sitzenden, nächsten freien Arzt zu sofortigen Maßnahmen hergestellt wird.
5.2.6 Personalisierung
Erste Schritte auf dem Weg zur personalisierten Medizin können mit den Wearables gegangen werden. So muss beispielsweise nicht standardmäßig empfohlen werden, sich alle zwei Stunden in Stresssituationen mit Meditationen zu beruhigen, sondern kann ganz konkret anhand der Messdaten dem einzelnen Nutzer mitgeteilt werden, wann die nächste Ruhephase sinnvoll ist.
Smarte Algorithmen – und in Zukunft künstliche Intelligenz – können die Daten nutzerspezifisch auswerten und Rückmeldungen individuell daran angepasst ausgeben. Dies bietet einen echten Mehrwert, da so relevantere Handlungsanweisungen und Gesundheitswarnungen ausgesprochen werden können.
5.3 Risiken und Nachteile
5.3.1 Intransparente Algorithmen
Ein Problem vieler Wearables und Apps ist die Intransparenz in Bezug auf die verwendeten Algorithmen zur Erfassung und Bewertung der Daten. So kann die Qualität der gelieferten Aussagen von außen oft nicht detailliert bewertet werden.
Dabei besteht die Gefahr, dass Rückmeldungen potenziell nicht valider Gesundheitsdaten dem Nutzer ein Gefühl der Sicherheit geben, obwohl in Wahrheit vielleicht ein gesundheitliches Problem besteht. Oder umgekehrt können die Meldungen den Nutzer in Angst und Schrecken versetzen, obwohl es dafür keinen objektiven Grund gibt.
Insofern ist es wichtig, bei der Auswahl eines Wearables die Seriosität des Anbieters und die wissenschaftlichen Grund...