Digitale Wearables: Wie sinnvoll ist ihr Einsatz im Arbeitsschutz?
Digitale Assistenzsysteme sind eines der Kernelemente der Industrie 4.0-Revolution. Bei Wearables handelt es sich um elektronische Geräte (neudeutsch oft „Gadgets“ genannt), die an unterschiedlichen Körperregionen festgemacht werden können und die der Nutzer damit zu jedem Ort mitbewegt. Sie können Beschäftigte im Umgang mit der zunehmenden Komplexität und Informationsdichte der Arbeitsprozesse unterstützen.
Große Produktvielfalt bei digitalen Wearables
Wearables bieten Entlastung bei Routinetätigkeiten, sodass Beschäftigte mehr Raum für andere Tätigkeiten erhalten. Es handelt sich um Minicomputer, Mess- und Anzeigegeräte, die ihren Trägern mittels integrierten Sensoren Informationen über sich selbst, zum Beispiel im Rahmen eines Biofeedbacks, geben oder ihnen Daten über ihr unmittelbares Umfeld liefern. Zu ihnen gehören unter anderem Touch-Interface-Ringe an den Händen bzw. Fingern, Smartwatches an den Armen, Headsets und Virtual-Reality--Datenbrillen auf dem Kopf, Funktionsshirt am Oberkörper und sogar Implantat-Chips zur Identifizierung. Dabei tauschen die Geräte Daten mit anderen Geräten aus und sind in der Regel durch Smartphones mit dem Internet verbunden.
Vor- und Nachteile von Wearables
Wearables haben vielerlei Vorteile für den Arbeitsschutz. Ein Beispiel: Zur Gefährdungsbeurteilung physischer Belastungen werden Sensorsysteme an den Beschäftigten befestigt und von diesem während der Arbeitszeit getragen. So können Wearables nicht nur zur Untersuchung der Muskel-Skelett-Belastungen eingesetzt werden, sondern auch zur Erfassung der Wirksamkeit von Bewegungsförderungsmaßnahmen am Arbeitsplatz.
Andererseits könnten mit den Wearables auch neue Gefährdungen für den Arbeitsschutz entstehen. So laufen bereits seit einigen Jahren an unterschiedlichen Instituten Studien über die Auswirkungen von Datenbrillen als Arbeitsmittel auf die Sicherheit und Gesundheit der Nutzenden.
Wearable – Situation in Deutschland
Im Vergleich zu anderen Ländern sind Wearables an Arbeitsplätzen in Deutschland noch nicht so verbreitet. Das liegt vor allem an der immer noch unklaren Rechtslage, die momentan heftig diskutiert wird. Es gibt dabei eine Reihe von Fragen zu klären, unter anderem inwiefern der Einsatz dieser Gadgets eine Gefahr für die Organisation der betrieblichen Arbeitsbeziehungen und des Arbeitsschutzes darstellt.
So meinen Kritiker einerseits, dass diese Systeme mit ihren Überwachungsmöglichkeiten die Freiheit des Arbeitsnehmers zu sehr einschränken können und die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit vollständig aufgehoben werde. Andererseits verliere der Arbeitgeber gerade aufgrund dieser neuen technischen Möglichkeiten in einigen Bereichen sogar seine Kontrollmöglichkeiten, insbesondere beim Arbeitsschutz. Hier sei der Arbeitgeber stärker als zuvor auf die Mitwirkung der Arbeitnehmer angewiesen. Das wiederum aber könne teilweise dazu führen, dass der Arbeitnehmer auch für alle die Arbeitssicherheit betreffenden Angelegenheiten zunehmend selbst entscheiden und umsetzen müsse – ein für den Arbeitsschutz nicht wünschenswerter Zustand, der die gesetzliche Verantwortung des Arbeitgebers erodieren kann.
Wearables im Arbeitsschutz – in Asien mehr verbreitet
In anderen Ländern, insbesondere im asiatischen Raum, stehen Rechtsfragen bei technologischen Innovationen zumeist nicht so intensiv zur Debatte wie in Europa, speziell in Deutschland. Hier werden daraus resultierende Konflikte häufig zunächst im Rahmen der betrieblichen Arbeitsbeziehungen, also zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften, geklärt, bevor der Gesetzgeber sich dieser Angelegenheit annimmt.
Das Unternehmen Tata Communications in Indien gehört zu den größten Herstellern von Wearables weltweit. Das Unternehmen hat Smartwatches speziell für Beschäftigte in der Industrieproduktion entwickelt, die Gesundheits- und Umgebungsparameter in Echtzeit messen und analysieren können. Werden kritische Daten erfasst, senden die Geräte sofort Warnsignale aus. Durch einen 24-Stunden IT-Service und eine cloudbasierte Lösung, die gesundheitsrelevante Daten liefert, können indische Industriebetriebe somit zunehmend auch beim Arbeitsschutz vorausblickend agieren und die Prävention um einen wichtigen Baustein erweitern. Zunächst opponierten zwar die Gewerkschaften gegen die Einführung der Geräte, da sie eine vollständige Überwachung ihrer Mitglieder befürchteten. Mittlerweile ist dieser Konflikt aber beigelegt, weil beide Parteien sich auf Restriktionen bei der Verwendung der Daten einigen konnten.
Der südostasiatische Stadtstaat gehört auch beim Thema Wearables zu den internationalen Vorreitern. So werden dort die Vitalfunktionen von Covid-19-Erkrankten rund um die Uhr durch intelligente Tracking-Kits überwacht, welche die Daten direkt an die Ärzte der Betroffenen senden – egal, wo sich die Erkrankten aufhalten. Die von der Biotechfirma Biofourmis entwickelten Wearables werden von den Betroffenen am Oberarm getragen und zeichnen physiologische Daten von über zwanzig Biomarkern auf. Über webbasierte Dashboards erhalten die Ärzte dabei Echtzeit-Daten über den Gesundheitszustand ihrer Patienten, sodass sie bei jedem Anzeichen einer Verschlechterung so schnell wie möglich handeln können, ohne dass sie selbst in Gefahr laufen, sich zu infizieren.
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