Wie sich neue Arbeitsformen auf Leistung und Beanspruchung auswirken
In Deutschland ist es mittlerweile für mehr als die Hälfte der Beschäftigten selbstverständlich, gelegentlich außerhalb des Büros zu arbeiten. Eine Form des mobilen Arbeitens ist die Arbeit im Fernzug: Pendelnde und Geschäftsreisende nutzen die Reisezeit zunehmend, um ihre Arbeit zu erledigen. Parallel dazu etabliert sich in vielen Unternehmen das Konzept der aktivitätsbasierten Büros, bei dem die Mitarbeitenden je nach Art ihrer Aufgabe ihren Arbeitsplatz wählen.
Unterschiede zum traditionellen Einzelbüro
Beide Arbeitsformen stellen besondere Anforderungen an die Beschäftigten, die sich von den gewohnten Bedingungen eines traditionellen Einzelbüros deutlich unterscheiden. In einer umfassenden Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) wurden die Auswirkungen dieser neuen Arbeitsformen auf die physische und psychische Belastung sowie auf die Arbeitsleistung der Beschäftigten analysiert. Das Ziel war es, herauszufinden, wie sich die Ausführung unterschiedlicher Arbeitsaufgaben im Fernzug und in aktivitätsbasierten Bürokonzepten vom klassischen Einzelbüro unterscheidet.
Arbeitsbedingungen im Fernzug
Das Arbeiten im Fernzug hat für viele Pendler und Geschäftsreisende eine hohe Bedeutung, da die Reisezeit sinnvoll genutzt werden kann. Doch wie die Studie zeigt, ist der Fernzug als Arbeitsort nur bedingt für effiziente, konzentrierte Wissensarbeit geeignet. Besonders bei routinierter, intensiver Bildschirmarbeit gab es im Vergleich zum Einzelbüro deutliche Unterschiede: Die mentale Beanspruchung war im Zug deutlich höher, während die Arbeitsleistung spürbar geringer ausfiel. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass das Arbeiten im Zug, trotz der praktischen Nutzung der Reisezeit, mit einer höheren kognitiven Belastung verbunden ist.
Besonders bei kreativer Wissensarbeit, die mehr Konzentration erfordert, zeigte sich eine größere physische und psychische Belastung im Zug: Die körperliche Beanspruchung war höher und die Frustration sowie die Zufriedenheit mit der Ausführung der Aufgabe fielen schlechter aus als im Einzelbüro. Dies lässt sich auf die oft suboptimalen Arbeitsbedingungen im Zug zurückführen: mangelnde Stabilität des Arbeitsplatzes, wechselnde Umgebungsfaktoren wie Geräusche und Bewegung sowie die eingeschränkten ergonomischen Möglichkeiten.
Aktivitätsbasierte Büros: Vorteile bei Leistung und Beanspruchung
Im Vergleich zum Fernzug bietet das aktivitätsbasierte Bürokonzept eine deutlich bessere Arbeitsumgebung für verschiedene Aufgaben. In solchen Büros gibt es keine festen Arbeitsplätze mehr, stattdessen wählen die Beschäftigten je nach Arbeitsaufgabe den geeigneten Arbeitsplatz – sei es für ruhige, konzentrierte Tätigkeiten oder für kollaborative Meetings.
Die Untersuchung zeigt, dass bei der kreativen Wissensarbeit im aktivitätsbasierten Büro die Leistung höher war als im Einzelbüro. Zudem konnten hier eine geringere Beanspruchung und eine insgesamt bessere Leistung festgestellt werden. Dies lässt darauf schließen, dass die Flexibilität, die durch die Wahl des Arbeitsplatzes ermöglicht wird, eine positivere Wirkung auf die Motivation und die Arbeitsleistung hat. Besonders während kreativer Aufgaben war die wahrgenommene Beanspruchung im aktivitätsbasierten Büro niedriger als im Einzelbüro, was möglicherweise auf die bessere Anpassungsfähigkeit der Umgebung an die Bedürfnisse der Beschäftigten zurückzuführen ist.
Interessanterweise zeigte sich bei der kreativen Wissensarbeit im Einzelbüro eine höhere zeitliche Beanspruchung im Vergleich zum aktivitätsbasierten Bürokonzept. Darüber hinaus war die Leistung während der kreativen Wissensarbeit in den aktivitätsbasierten Büros insgesamt besser als im Einzelbüro. Diese Ergebnisse bestätigen die Vorteile der flexiblen Gestaltung von Arbeitsplätzen: Bei entsprechender Planung und Ausstattung können aktivitätsbasierte Büros eine produktivere und weniger belastende Arbeitsumgebung bieten als das traditionelle Einzelbüro.
Gestaltungsmöglichkeiten zur Belastungsverringerung im Fernzug
Trotz der klaren Nachteile des Arbeitens im Fernzug im Vergleich zum Büro gibt es Möglichkeiten, die Belastungen für die Beschäftigten zu minimieren. In der Studie wurde ein speziell entwickelter Gestaltungskatalog für mobile Wissensarbeit in Fernzügen vorgestellt, der Maßnahmen zur Optimierung der Arbeitsbedingungen enthält.
Mobiles Arbeiten und Ergonomie: Was empfiehlt die aktuelle Forschung?
-
Wiedereingliederung - was ist zu beachten?
5.7771
-
Bildschirmbrille: Fragen und Antworten
4.425
-
Arbeitsmedizinische Vorsorge: Pflicht oder freiwillig?
3.227
-
Was tun, wenn der Frosch nicht verschwinden will
1.161
-
Dürfen Mitarbeiter frei bestimmen, wie sie ihre Pause verbringen?
1.045
-
Arbeitsstättenverordnung: Wann ist ein Pausenraum Pflicht?
1.008
-
Wutausbrüchen am Arbeitsplatz souverän begegnen
684
-
ASR A3.5: Ab wann ist die Raumtemperatur am Arbeitsplatz zu kalt?
621
-
Gefahr durch Epoxidharz wird unterschätzt
465
-
Nachtschichtuntauglichkeit: Wenn ein Mitarbeiter nicht mehr nachts arbeiten darf
452
-
Wie sich neue Arbeitsformen auf Leistung und Beanspruchung auswirken
29.11.2024
-
Vier-Schicht-System: Grundlagen, Funktion und Arbeitsschutz
28.11.2024
-
Barrierenmanagement im BGM
21.11.2024
-
Drei-Schicht-System: Grundlagen, Funktionsweise und Arbeitsschutz
20.11.2024
-
Wutausbrüchen am Arbeitsplatz souverän begegnen
11.11.2024
-
Was man über die Schichtsysteme wissen muss
07.11.2024
-
Unternehmen sorgen sich zu wenig um das Wohlergehen ihrer Beschäftigten
04.11.2024
-
Erfolgreiche Wege für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz: Eine Strategie für Unternehmen
29.10.2024
-
Reduzierung von Arbeitsintensität: Was können die Betriebe machen?
23.10.2024
-
Growth Mindset: So entfalten Sie das Potential Ihrer Beschäftigten
22.10.2024