Dipl.-Inform. Jörg Schiemann
5.3.1 Intransparente Algorithmen
Ein Problem vieler Wearables und Apps ist die Intransparenz in Bezug auf die verwendeten Algorithmen zur Erfassung und Bewertung der Daten. So kann die Qualität der gelieferten Aussagen von außen oft nicht detailliert bewertet werden.
Dabei besteht die Gefahr, dass Rückmeldungen potenziell nicht valider Gesundheitsdaten dem Nutzer ein Gefühl der Sicherheit geben, obwohl in Wahrheit vielleicht ein gesundheitliches Problem besteht. Oder umgekehrt können die Meldungen den Nutzer in Angst und Schrecken versetzen, obwohl es dafür keinen objektiven Grund gibt.
Insofern ist es wichtig, bei der Auswahl eines Wearables die Seriosität des Anbieters und die wissenschaftlichen Grundlagen der gelieferten Messwerte beispielsweise durch entsprechende Studien zu berücksichtigen.
5.3.2 Dateninterpretation
Auch wenn die Daten korrekt angezeigt werden, kann dies bei den Nutzern zu Missverständnissen führen, da sie mit den gemeldeten Werten zunächst einmal alleine dastehen. Ein unmittelbares persönliches Aufklärungsgespräch mit einem Arzt oder anderen Gesundheitsexperten gibt es nicht, somit können die Daten vom Nutzer völlig falsch interpretiert werden.
Idealerweise sollten die Meldungen zum gesundheitlichen Zustand deshalb nicht als absolute, sondern als Wahrscheinlichkeitsaussagen vom Nutzer interpretiert werden. In speziellen Unterweisungen bei der Ausgabe der Wearables sollten die Unternehmen ihre Mitarbeitenden deshalb informieren, wie aussagekräftig die angezeigten Daten tatsächlich sind und wie man mit ihnen umzugehen hat.
Ferner sollten die Unternehmen den Mitarbeitenden jederzeit die Möglichkeit bieten, sich bei einem Ansprechpartner über den tatsächlichen Aussagewert ihrer Daten zu informieren. Dies könnte z. B. über die Einbindung der bestehenden Strukturen und Akteure des betrieblichen Arbeitsschutzes und Gesundheitsmanagements erfolgen.
5.3.3 Individualisierte Medizin
Anhand der individuellen Messdaten und ihrer Entwicklungen über einen bestimmten Zeitraum können bereits personalisierte Hinweise gegeben werden. Dennoch muss man auf der anderen Seite noch feststellen, dass wir hier erst am Anfang der individualisierten Medizin sind. Bei standardisierten Grenzwerten wird nicht differenziert, auch nicht zwischen den Geschlechtern, was immer noch ein Problem darstellt. Schließlich wird schon seit einiger Zeit auch diskutiert, dass sich beispielsweise Blutdruckwerte oder Schlaganfallanzeichen bei Frauen und Männern unterscheiden und deshalb in der Diagnose differenzierter vorgegangen werden muss.
Auch auf der Ebene einzelner Personen sind bereits Vitalwerte bekannt, die differenzierter betrachtet werden müssten. So gilt ein höherer Puls für Herztransplantationspatienten als normal, obwohl derselbe Wert bei gesunden Menschen als hoch angesehen werden würde.
Diese personenabhängigen Unterschiede müssten in der Auswertung und Diagnose berücksichtigt werden, um personalisierte und präzisere medizinische Aussagen treffen zu können. Auch Wearables scheitern hier in der Regel noch: z. B. sind Warnungen für unterschiedliche Blutdruckgrenzwerte je Nutzer nicht individuell einzustellen.
Es ist jedoch davon auszugehen, dass das Monitoring in Zukunft individueller erfolgen wird. Viele Aktivitäten und Forschungsprojekte laufen bereits im Kontext einer personalisierten Medizin.
5.3.4 Datenschutz
Der Datenschutz ist ein zentrales Thema. Bei der Verwendung von smarten Geräten wie Wearables müssen in aller Regel Accounts bei den Herstellern angelegt und die gemessenen Werte auf der entsprechenden Cloudplattform u. a. Auswertungszwecke gespeichert werden. Die Übertragung dieser personenbezogenern Daten erfolgt typischerweise end-to-end verschlüsselt und die Daten sind verschlüsselt gespeichert.
Datenschutzbestimmungen und AGBs beachten
Es sollte Standard sein, dass der Nutzer sich die Datenschutzbestimmungen und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Wearables und der begleitenden App durchliest oder hier Unterstützung von seinem Arbeitgeber als Hilfestellung dazu erhält. Insbesondere sind Formulierungen zur Datenweitergabe an Dritte zu Marktforschungs- oder Marketingzwecken in den Nutzungsbedingungen zu beachten!
Idealerweise stellen die Unternehmen ihren Beschäftigten nur zuverlässige Geräte und Anwendungen zur Verfügung, die vom Unternehmen geprüft und für gut befunden wurden.
5.3.5 Kontrollzweckverwendung
Kritisch ist es, wenn Wearables auch zu Kontrollzwecken der Unternehmen eingesetzt werden, was technisch kein Problem darstellt, aber explizit ausgeschlossen oder zumindest offen kommuniziert werden muss. So kann einerseits die Ortung von Mitarbeitenden beispielsweise in einer Just-in-time-Produktion für Untersuchungen zur allgemeinen Effizienzsteigerung oder Alarmierung bei Notfällen verwendet werden, andererseits besteht aber auch die Gefahr der persönlichen Leistungsbewertung anhand dieser Daten.
5.3.6 Datenlöschung
Ein enormes Risiko besteht bei der Weitergabe oder dem Verkauf von Wearables. Viele Geräte bieten dem Nutzer keine (einfache) Möglichkeit die Daten zu löschen, weder auf dem Wearable noch in der begleitenden App. Nach Aussagen des Hessisc...