Zusammenfassung
Lärm in der Arbeitsumgebung kann sich in vielfältiger Weise auf Menschen am Arbeitsplatz auswirken. Er kann neben der sog. auralen Wirkung (direkte Beeinträchtigung des Gehörs, langfristige und dauerhafte Beschädigung des Hörvermögens) auch zu weiteren physiologischen Reaktionen, zu physischen und psychischen Beeinträchtigungen sowie zu einer Minderung der Leistung führen. Diese nicht-gehörbezogenen Wirkungen von Schall auf den Menschen werden als extra-aurale Lärmwirkungen bezeichnet. Aurale Schäden und ihre Vermeidung sind nach wie vor ein wichtiges Thema im Arbeitsschutz. Vor dem Hintergrund sich wandelnder Arbeitsbedingungen gewinnen jedoch zunehmend auch die extra-auralen Wirkungen im Hinblick auf die Gesundheit von Beschäftigten an Bedeutung.
1 Mögliche Gefahren/Potenzielle Auswirkungen
Extra-aurale Wirkungen entsprechen einer Stressreaktion. Hierbei unterscheidet man zwischen der akuten Wirkung, d. h. in direktem zeitlichen Zusammenhang zur Schallexposition und mit einem unmittelbaren Abklingen danach verbunden, und einer chronischen Wirkung, ausgelöst durch einen permanenten, andauernden Stressfaktor.
Mögliche Gefahren und Auswirkungen:
- Wirkungen auf die Arbeitsleistung (kognitiv),
- fehlende Wahrnehmung von akustischen Warnsignalen,
- Wirkungen auf das Nervensystem,
- Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System,
- Erhöhung der Stresshormonkonzentration,
- Herabsetzung von Aufmerksamkeit und Konzentration,
- Beeinträchtigung der Sprachverständlichkeit und damit der Kommunikation,
- Beeinträchtigung des Wohlbefindens durch Ärger, Nervosität, Anspannung,
- direkte Gefährdung durch nicht erkannte Warnsignale,
- physiologische Wirkungen, wie Erhöhung des Blutdrucks und der Herzfrequenz.
2 Grenzwerte
Grundsätzlich ist der Schalldruckpegel so niedrig wie möglich zu halten, allerdings gibt es zusätzlich Grenzwerte bzw. Beurteilungspegel für die jeweilige Tätigkeitskategorie:
- einen maximalen Beurteilungspegel von 55 dB(A) bei Tätigkeiten der Kategorie I, beispielsweise Besprechungen, Schulungen oder wissenschaftliches Arbeiten;
- einen maximalen Beurteilungspegel von 70 dB(A) bei Tätigkeiten der Kategorie II, beispielsweise Bürotätigkeiten oder Steuerungs- und Überwachungstätigkeiten;
- einen maximalen Beurteilungspegel von 80 dB(A) bei Tätigkeiten der Kategorie III, beispielsweise handwerkliche Tätigkeiten oder einfache Maschinenbedienung.
Bezüglich der raumakustischen Anforderungen gibt es ebenfalls Grenzwerte zur Nachhallzeit (T):
Für Büroräume:
- Callcenter: T = 0,5 s
- Mehrpersonen- und Großraumbüros: T = 0,6 s
- Ein- und Zweipersonenbüros: T = 0,8 s
Für Bildungsstätten erfolgt die Berechnung der zulässigen Nachhallzeit durch eine Formel:
T = (0,32 x lg V/m³ – 0,17) s
V = Raumvolumen in m³
Beispiel: Bei einem Unterrichtsraum mit einem Raumvolumen von 210 m³ errechnet sich ein Sollwert für die Nachhallzeit von ca. 0,6 s.
Sonstige Räume mit Sprachkommunikation:
Mindesteinhaltung eines Schallabsorptionsgrades von 0,3 bei eingerichtetem Raum.
Hinweis: Eine Auflistung der Schallabsorptionsgrade diverser Baustoffe u. Ä. kann dem Anhang 2 ASR A3.7 zur Abschätzung entnommen werden.
3 Ermittlungsverfahren
Es ergeben sich 3 mögliche Ermittlungsverfahren für den vorhandenen Schallpegel und die Nachhallzeit innerhalb der Stätte, um eine Gesamtbewertung nach den o. g. Richtlinien durchzuführen:
- Ermittlung des Lärmpegels während der Tätigkeit durch Messung mit einem Schallpegelmesser Genauigkeitsklasse 1 oder 2. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Messzeit nach Art, Ausmaß und Dauer lang genug sein muss, um den mittleren Schalldruckpegel der untersuchten Schalleinwirkung betrachten zu können. Hierzu gehört dann auch die Messung der Nachhallzeit der Stätte ohne Tätigkeit, um die erreichten Werte gegenüber den Vorgaben zu prüfen.
Begehung des Arbeitsplatzes oder der Stätte während der Tätigkeit, eine sog. lärmbezogene Arbeitsplatzbegehung. Diese ist von mindestens 2 Personen unabhängig voneinander durchzuführen und der Arbeitsplatz ist u. a. nach folgenden Kriterien zu prüfen:
- störende Geräusche innerhalb des Raums, beispielsweise durch Sprachgeräusche weiterer Personen,
- störende Geräusche, welche von außerhalb des Raums einwirken, z. B. Verkehrs- oder Baustellenlärm,
- schallemittierende Geräte innerhalb des Raums, welche störend wirken, beispielsweise Drucker,
- Halligkeit des Raumes, stark schallende Oberflächen wie z. B. glatte Wände.
- Eine weitere Möglichkeit, das Vorhandensein von extra- auralen Lärmwirkungen festzustellen, ist über die ordnungsgemäße Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Im Rahmen der Ermittlung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz können häufig Hinweise auf solche Lärmeinwirkungen gefunden werden, beispielsweise bei erhöhtem Stress der Mitarbeiter in einem Großraumbüro.
Wird bei der Begehung störender ...