Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp, Michael Schurr
Zusammenfassung
Licht ist physikalisch betrachtet die elektromagnetische Strahlung im Bereich von 380 bis 780 Nanometer (nm), die für den Menschen sichtbar ist. Gleichzeitig besteht Licht aber auch aus Teilchen (Photonen). Diese beiden Eigenschaften des Lichts werden auch Welle-Teilchen-Dualismus genannt.
In der Arbeitswelt wird der Begriff "Beleuchtung" benutzt. Die Beleuchtung erhellt Arbeitsräume und Wege mit Lichtquellen und schafft geeignete Lichtverhältnisse für die jeweiligen Tätigkeiten. Lichtquellen können künstlich (Leuchten) und natürlich (Tageslicht) sein, wobei ein ausgewogenes, harmonisches Nebeneinander von beiden Arten eingerichtet werden sollte. Licht ist damit mit 2, sich zwischenzeitlich auch normungstechnisch aufeinander beziehenden, Begriffen verbunden: Tageslicht und Kunstlicht.
Die Bedeutung des Lichts für den Menschen wird meist unterschätzt. Licht ist Leben und ein für die Natur und den Menschen als Teil der Natur unabdingbares Lebensprinzip.
Für eine normgerechte Planung und Betrieb sind folgende Regelungen relevant:
Die DIN EN 12464-1 "Beleuchtung von Arbeitsstätten – Arbeitsstätten in Innenräumen" (August 2011) gilt wortgleich in ganz Europa und als ISO 8995/CIE S 008 als ISO-Standard in ähnlicher Form weltweit. Sie stellt den anerkannten Stand der Technik nach § 4 Abs. 3 ArbSchG dar. Die DIN EN 12464-1 (2011) fordert Tageslichtbezug und eine Steuerbarkeit bzw. ein sinnvolles Lichtmanagement.
Grundsätzliche Anforderungen an die Arbeitsstätten werden in Anhang 3.4 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) geregelt.
Die Anforderungen an die Beleuchtung sind in ASR A3.4 "Beleuchtung und Sichtverbindung" ausgeführt.
Achtung: Die DIN EN 12464-1 und die ASR A3.4 unterscheiden sich in Nomenklatur und Inhalt (vgl. Abschn. 1 ASR A3.4). Der Arbeitgeber muss darauf achten, dass die Lichtplaner beiden Anforderungen gerecht werden. Der Leitfaden zur DIN EN 12464-1 stellt die Unterschiede zwischen DIN EN 12464-1 und ASR A3.4 ausführlich dar und zeigt Wege auf wie Planer beiden Anforderungen gerecht werden.
Die folgenden Informationen der Berufsgenossenschaften konkretisieren die o. g. Richtlinien:
- DGUV-I 215-210 "Natürliche und künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten"
- DGUV-I 215-211 "Tageslicht am Arbeitsplatz und Sichtverbindung nach außen"
1 Licht ist Leben
Licht ist mehr als hell oder dunkel. Licht ist von jeher eine grundlegende Voraussetzung für die Entwicklung und das Bestehen allen Lebens. Der Mensch ist in höchstem Maße abhängig vom Licht, denn ohne Licht ist alles Leben unvorstellbar, ja unmöglich.
Licht ist Lebensgrundlage: Die Menschen brauchen das Licht nicht nur, um zu sehen, sondern auch für andere lebenswichtige Funktionen. Lichtsignale, über unsere Augen wahrgenommen, steuern unsere "innere Uhr" im Gehirn, aktivieren Gene und Proteine, beeinflussen unser Hormonsystem und koordinieren unseren biologischen Rhythmus. Tag für Tag wirkt Licht auf Physis und Psyche, auf unser Wohlbefinden, unsere Konstitution und Leistungsfähigkeit. Licht ist existenziell für die menschliche Orientierung, Kreativität und nicht zuletzt auch Produktivität.
Vor der umfassenden Elektrifizierung arbeiteten die Menschen nur dann, wenn genug natürliches Licht zur Verfügung stand. Heute hängt der wirtschaftliche Erfolg dagegen in hohem Maße davon ab, jederzeit produktiv sein zu können – auch während der dunklen Tages- und Nachtzeiten. Natürliche Lichtquellen haben daher immer mehr an Bedeutung verloren. An ihre Stelle sind die künstlichen Lichtquellen getreten. Sie sind heutzutage Basis für fast jedes Arbeitsverfahren. Die Technik erlaubt uns, von Natur gesetzte Grenzen zu durchbrechen. Durch das künstliche Licht machen wir die Nacht zum Tag.
Nach wie vor ist es dem Menschen jedoch nicht möglich, sein ursprüngliches Erbe vollständig zu verleugnen. Im Laufe der Evolution hat er sich an den Tageslichtverlauf angepasst, der nach wie vor in nicht unwesentlichem Maße seinen Biorhythmus bestimmt. Aus diesem Grunde dürfen die Eigenschaften des Tageslichts bei der Betrachtung künstlicher Beleuchtung nicht außer Acht gelassen werden.
Tageslicht ist gefordert
Gemäß Abschn. 5.1 ASR A3.4 müssen die Arbeitsstätten möglichst ausreichend Tageslicht erhalten. Eine Beleuchtung mit Tageslicht ist der Beleuchtung mit ausschließlich künstlichem Licht vorzuziehen. Helle Wände und Decken unterstützen die Nutzung des Tageslichts. Tageslicht weist Gütemerkmale auf, die in ihrer Gesamtheit von künstlicher Beleuchtung nicht zu erreichen sind, z. B.:
- Dynamik,
- Farbe,
- Richtung und
- Menge des Lichts.
Tageslicht hat i. Allg. eine positive Wirkung auf die Gesundheit und das Wohlempfinden des Menschen.
Wirklich ganzheitliche Arbeitsplatzgestaltung kommt am Wert des Tageslichts nicht vorbei. Der verantwortungsbewusste Planer muss für den Menschen Arbeitsplätze an der Sonne schaffen – auch und gerade im Zeitalter des mit Technik überfrachteten Lebens um dem Lebensprinzip Licht gerecht werden. Obwohl die Bedeutung des Tageslichtes als Dreh...