Licht, Gesundheit und Nachhaltigkeit

„Mehr Licht!“ soll der scheidende Goethe auf dem Sterbebett gefordert haben. Doch mehr ist nicht immer besser. Passend zur dunklen Jahreszeit erzählt Dr. Alexandra Hildebrandt in diesem Artikel eine kleine Geschichte des Lichts und zeigt, was das mit Nachhaltigkeit zu tun hat.

Im Licht der Geschichte

Am Anfang war das Licht. Bereits seit Urzeiten sind die Menschen bestrebt, den sie umgebenden Lebensraum bei Dunkelheit zu erhellen. Mit Feuern, Fackeln, Öl- und Gaslampen wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein Licht ins Dunkel gebracht. Im Mittelalter tauchen erste Kronleuchter auf, die mit Kerzen bestückt wurden. Durch den technischen Fortschritt gab es bald komfortablere Versionen, die mit Gas oder Strom betrieben wurden. Ein Klempner aus Montpellier entwickelte Ende des 18. Jahrhunderts nach Vorgaben des Physikers Aimé Argand einen hohlen Docht: Die Flamme seiner Öllampe wurde so hell, dass nun auch im Dunkel gelesen werden konnte.

Nachdem Thomas Alva Edison 1879 die Glühbirne erfand, wurde die Beleuchtung kostengünstig und allen Menschen zugänglich. Die Licht-emittierende Diode (LED), die 1906 von Henry Joseph Round beim Experimentieren mit Siliziumkarbid erfunden wurde, kam zunächst bei Taschenrechnern und Armbanduhren zum Einsatz. Meistens handelte es sich dabei um rote LEDs. Mit der Entwicklung von weiteren Farben wurde der Anwendungsbereich (z.B. Autos, Anzeigentafeln und Handys) des neuen Leuchtmittels erweitert. Als in den 1990er-Jahren die Entwicklung der ersten blauen LED gelang, bedeutete das den endgültigen Durchbruch.

Abschied von der klassischen Glühbirne

Seit 2012 ist der Einsatz klassischer Glühbirnen per EU-Dekret untersagt. Als Nachfolger der klassischen Glühbirne werden neben den üblichen Alternativen wie Energiespar- und Halogenleuchten LEDs eingesetzt. Im Vergleich zur Energiesparlampe sparen LED-Lampen bis zu 50 Prozent Energiekosten ein und besitzen eine deutlich längere Lebensdauer (von bis zu 50.000 Stunden). Sie lassen fast jede Bauform zu, haben eine gute Farbwiedergabe und erwärmen sie sich nicht so stark. Wenn sie ihr Lebensende erreicht haben, müssen sie wie Energiesparlampen und Leuchtstoffröhren separat entsorgt werden. Ein Großteil der Bestandteile (z.B. Glas- und Metallteile) kann durch die richtige Entsorgung recycelt werden. Die meisten neuen Lösungen sind inzwischen so ausgereift, dass sie ein schönes, angenehmes Licht liefern.

Energie sparen mit smarten Lösungen

Smarte Lösungen zur automatisierten Steuerung von Beleuchtung sind starke Treiber für IKT-gestützte Reduzierungen von Energieverbrauch und Emissionen, Verkehrsflüsse durch die digitale Steuerung von Lichtzeichenanlagen sowie die zentrale Steuerung von Licht in Wohn- und Arbeitswelten. So sorgen etwa in den Bürogängen des Öko-Versenders memo Bewegungsmelder und Tageslichtsensoren dafür, dass sich die Beleuchtung nur bei Bedarf anschaltet. Für Spät- und Nachtschichten werden Vollspektrumlampen genutzt, die einen höheren Blauanteil haben und eine geringe UV-Strahlung erzeugen. 2017 wurde in der Logistik eine neue LED-Beleuchtungsanlage installiert, um gleichzeitig energetische und ergonomische Vorteile zu erreichen. Auf Basis umfassender Messungen wurden die Lichtquellen den aktuellen Anforderungen der Lagerorganisation angepasst und dabei so verteilt, dass es an jedem Ort im Lager jederzeit ausreichend hell für die Tätigkeiten der Lagermitarbeiter ist. Die Beleuchtungsanlage misst das vorhandene Tageslicht und steuert bedarfsgerecht nur die Menge an Kunstlicht zu, die tatsächlich für eine optimale Lichtqualität benötigt wird. Sobald ein Lagerbereich nicht genutzt wird, reduziert sich die Leistung nach einer Minute automatisch auf 10 Prozent. Nach weiteren fünf Minuten geht das Licht vollständig aus, solange, bis der Lagerbereich erneut betreten wird. Wenn im Unternehmensgebäude Fensterflächen und zusätzliche Oberlichter nicht ausreichen, werden Tageslichtspektrum-Leuchten mit elektronischen Vorschaltgeräten verwendet.

Licht, Gesundheit und Wohlbefinden

Tageslicht beeinflusst unseren zirkadianen Rhythmus („innere Uhr“), die den Schlaf-Wach-Rhythmus regelt, unsere Stimmung erhält, das Immunsystem stärkt sowie die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit verbessert, da es die Produktion des Wachmachers Cortisol und des Glückshormons Serotonin im Körper ankurbelt. Der Mensch benötigt täglich etwa zwei Stunden helles, weißes Licht, das wie das Sonnenlicht alle Wellenlängen enthält. Etwa 15 Minuten in der Sonne genügen, um die körpereigene Vitamin-D-Produktion anzukurbeln. Zu wenig Sonnenlicht führt tagsüber zum Anstieg des Melatoninspiegels. Die Folgen davon sind Müdigkeit und Abgeschlagenheit, Stoffwechselkrankheiten, psychiatrische Erkrankungen, Förderung einiger Krebsarten sowie die Begünstigung von Depressionen. Unsere „innere Uhr“ sorgt dafür, dass die Organe optimal aufeinander abgestimmt arbeiten. Vor allem die kurzen Tage und die Dunkelheit im Winter belasten viele Menschen. Laut Experten leiden 10 bis 15 Prozent der Deutschen in der dunklen Jahreszeit unter einer saisonalen Depression („Winterblues“). Im Winter reicht die Lichtstärke nicht aus, um große Mengen Vitamin D zu produzieren. Noch kleiner wird die Lichtmenge, wenn man sich in Gebäuden und in künstlichem Licht aufhält. Deshalb sollte verstärkt darauf geachtet werden, dass mehr Tageslicht in die Räume gebracht wird.

Ein Beispiel: Die Unternehmerin Christine Bergmair arbeitet seit 2022 aktiv an der Umsetzung des Gesundhaus i-Tüpferl, in dem Gesundheit und Prävention ganzheitlich und zukunftsfähig gelebt werden sollen. Große Fensterflächen sorgen für lichtdurchflutete Räume und eine natürliche Tageslichtwahrnehmung. „Sie bieten viele Blickbeziehungen in die umliegende Natur und unterstreichen das Gesundheitskonzept von Genesung und Erholung mit und in der Natur. Aus ökologischer und ökonomischer Sicht war es ein großer Gewinn, den Keller auch voll nutzbar zu machen. Durch den mit Kalksteinen gestalteten Lichtgraben sind die südlichen Kellerräume mit Tageslichtqualität voll als Therapieräume nutzbar“, so die Gründerin. Die Beleuchtung des Außenbereichs erfolgt über autarke Photovoltaik-Lichtstelen. In jedem Raum sind Licht und Temperatur einzeln steuerbar. Zudem gibt es eine Lichtautomatik, die tageslichtabhängig die Lampen steuert. Nachhaltige Lichttechnik überzeugt aber auch mit guten Ökobilanzen, spart Kosten und sorgt für mehr Lebensqualität. Zudem erleichtert sie die Sehaufgaben und fördert das menschliche Wohlbefinden – zum Beispiel mit Human Centric Lighting-Konzepten (HCL), die für Beleuchtungskonzepte stehen, die dem Nutzer jederzeit das richtige Licht für die jeweilige Lebens- oder Arbeitssituation bereitstellen.

Mehr Licht – mehr Verschmutzung

Nie zuvor war die Welt so hell wie heute – am auffälligsten ist die immer heller werdende Nacht. Wissenschaftler nennen das globale Phänomen Lichtverschmutzung (auch „Lichtmüll“, „Lichtsmog“): beleuchtete Fußgängerzonen, Straßen, Wege, Parks, Flutlichtanlagen in Fußballstadien, Skybeamer und angestrahlte Bergwelten gehören inzwischen zum Alltagsbild. Durch die künstliche Beleuchtung verwechseln viele Tiere Nacht und Tag: Vögel beginnen, früher zu brüten, und Laubbäume werfen ihre Blätter vor der Zeit ab. Auch das seit März 2022 geltende „Gesetz zum Schutz der Insektenvielfalt“ befasst sich mit Licht: In bestimmten Schutzgebieten sollen künstliche Lichtquellen verboten werden.

Vor der Erfindung des elektrischen Lichts benutzten die Menschen Kerzen. Das Letzte, was sie sahen, bevor sie sie ausgeblasen haben, war das warme Licht der Flamme. Heute ist das letzte Licht, das die meisten von uns sehen, das blaue Licht ihres Smartphones. Die Weihnachtszeit erinnert uns an das „eigentliche“ Licht.


Schlagworte zum Thema:  Energieeffizienz, Energiemanagement