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Transformation: Digitalisierung ist (nicht) alles

Transformation in Unternehmen umfasst weit mehr als „nur“ Digitalisierung. Eine zu enge Assoziation von Transformation mit Digitalisierung birgt das Risiko, dieser komplexen Situation nicht gerecht zu werden, wie eine aktuelle Studie zeigt. Erforderlich sind heutzutage schnelle Reaktionen und diverse Transformationsvorhaben, um einer möglichen Unternehmenskrise entgegenzuwirken.

Aus den Studienergebnissen vom Centre for Performance Management & Controlling der Frankfurt School of Finance & Management (CPMC) und der Struktur Management Partner GmbH (SMP) lässt sich ableiten, dass Transformation eng mit Digitalisierung assoziiert wird. Im Zuge der quantitativen Umfrage wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Beginn danach befragt, welche Konzepte oder Themen sie mit dem Begriff "Transformation" verbinden. Eine große Mehrheit verknüpft den Begriff eng mit einem tiefgreifenden Veränderungsprozess (79 %) und Digitalisierung (72,8 %). Weniger stark werden insbesondere Risikobereitschaft (44,5 %) und die Nachfolgeplanung im Unternehmen (40,3 %) mit Transformation assoziiert (s. Abb. 1).

Abbildung 1: Assoziationen mit dem Begriff „Transformation“, N=191

Neues Geschäft

Auch bezüglich der Relevanz verschiedener Transformationsziele lässt sich aus Abbildung 2 ablesen, dass neben dem am häufigsten genannten Ziel, nämlich der Anpassung des Geschäftsmodells (87,9 %), die Steigerung des Digitalisierungsgrades von 85,8 % der Befragten genannt wurde. Diese Ergebnisse lassen vermuten, dass Digitalisierung oft als integraler Bestandteil der Unternehmensumwandlung betrachtet wird. Rothe et al. (2019) erklärten, dass die Digitalisierung alle Bereiche der Arbeitswelt durchdringe. Sie betonten, dass dies zu grundlegenden Veränderungen von Tätigkeiten und Aufgaben in allen Berufssegmenten führen könne, einschließlich der Entstehung neuer Arbeits- und Beschäftigungsformen sowie veränderter beruflicher Qualifikationsstrukturen und neuer Anforderungen an die Beschäftigten.

Abbildung 2: Relevanz von unterschiedlichen Transformationszielen, N=191

Bei kritischer Diskussion der Studienergebnisse mit Expertinnen und Experten wurde die digitale Transformation als wesentlicher Treiber für Transformationsvorhaben allgemein identifiziert: „Die Digitalisierung ist ein wesentlicher Grundtreiber, weil sie übergreifend alle Prozesse betrifft." Es scheint also verständlich, dass Digitalisierung schnell genannt wird, wenn man über Transformation spricht. Kritisch ist allerdings, wenn dann nicht weitergedacht wird. Ein Befragter erklärt: „In […] Unternehmen ist es oft so, wenn das Management dort Transformation nur als digitale Transformation denkt, [dass dann] alles andere auf der Strecke bleibt.“ 

Der Kooperationspartner bei dieser Studie, die Restrukturierungsberatung SMP, belegt diesen Fallstrick und zeigt einen Lösungsansatz auf. Wie sich mit dem Fallstrick umgehen lässt, zeigt das folgende Praxisbeispiel.

Praxisbeispiel

Beispiel für die hohe Bedeutung einer integrativen Transformationsstrategie ist ein mittelständisches Unternehmen aus dem Maschinenbau mit einem Umsatz von über 500 Millionen Euro, ansässig in Süddeutschland. Das Unternehmen, das jahrzehntelang als Qualitäts- und Innovationsführer erfolgreich war, sah sich zunehmendem Wettbewerbsdruck durch chinesische Konkurrenz ausgesetzt, die Preise deutlich unterbot. Um weiterhin erfolgreich zu bleiben, erkannte das Unternehmen die Notwendigkeit einer Veränderung.Um sich von Wettbewerbern abzuheben und einen Mehrwert zu bieten, entschied das Unternehmen, auf digitale Services und Geschäftsmodelle zu setzen. Eine umfassende Transformation, die Digitalisierung und andere Maßnahmen integrierte, war erforderlich. Dieser Prozess begann mit einer gründlichen Analyse der Chancen und Risiken der Digitalisierung, inklusive des Austauschs mit externen Experten.Es wurde deutlich, dass Innovation einen Kulturwandel erfordert und eine tiefgreifende Transformation der Strukturen, Prozesse und Systeme notwendig ist. Das Unternehmen konzentrierte sich insbesondere auf die Digitalisierung von Prozessen und die Entwicklung digitaler Services und Geschäftsmodelle. Hierfür wurde eine eigene Digital Business Unit gegründet, die eng mit dem Kerngeschäft verknüpft war.Zusätzlich wurde ein Expertenteam für die Digitalisierung von Prozessen eingesetzt, um die Geschäftsbereiche zu unterstützen. Ein erfahrener Chief Digital Officer (CDO) wurde eingestellt, und das Unternehmen verfolgte eine Ökosystem-Perspektive, indem es Partnerschaften für bestimmte digitale Lösungen einging, anstatt alles selbst zu entwickeln.

Es lässt sich festhalten, dass Digitalisierung zweifellos eine bedeutende Form der Transformation darstellt. Allerdings ist es wichtig zu erkennen, dass Transformation nicht ausschließlich auf Digitalisierung beschränkt ist. Die Eingrenzung des Transformationsbegriffs auf Digitalisierung kann daher als Fallstrick in der Steuerung und Umsetzung von Transformationsvorhaben verstanden werden. Durch diese Einschränkung besteht die Gefahr, die Komplexität der Transformation zu unterschätzen und sie übermäßig auf Digitalisierungsinitiativen zu reduzieren. Dies führt zu dem Trugschluss, dass "Digitalisieren alles ist". Es ist essenziell, die Vielschichtigkeit von Transformation anzuerkennen und sie nicht ausschließlich auf technologische Aspekte zu reduzieren.

Hintergrund

Eine im Jahr 2023 durchgeführte Studie des Centre for Performance Management & Controlling (CPMC) der Frankfurt School of Finance & Management und der Struktur Management Partner GmbH (SMP) untersucht das Transformationsmanagement von Unternehmen, mit einem Fokus auf die Steuerung und Umsetzung von Transformationsprozessen. Die Analyse der Studienergebnisse weist drei Fallstricke auf, die in dieser Serie erläutert werden und von Unternehmen in Transformationsprozessen berücksichtigt werden sollten.

Studiendurchführung:

  • Dr. Kim L. Dillenberger, Vice Academic Director Centre for Performance Management & Controlling, Frankfurt School of Finance & Management
  • Dr. Uwe Kowatz, Research Assistant Centre for Performance Management & Controlling, Frankfurt School of Finance & Management
  • Prof. Dr. Ronald Gleich, Academic Director Centre for Performance Management & Controlling, Frankfurt School of Finance & Management
  • Jessica Hirsch, Partner, Struktur Management Partner GmbH
  • Maximilian Breitmoser, Manager, Struktur Management Partner GmbH
  • Dietmar Buchfink, Managing Partner, Struktur Management Partner GmbH
  • Alexander Witt, Principal, Struktur Management Partner GmbH
Schlagworte zum Thema:  Digitalisierung, Transformation