„Bei der Bewertung von agilen Entwicklungsprojekten können Controller einen großen Nutzen stiften.“
Wer treibt in Ihren Kunden-Unternehmen die Digitalisierung voran? Inwieweit spielen Controller bei der Digitalisierung eine Rolle?
Theimer: Man muss zwischen der Digitalisierung der Kernwertschöpfungsprozesse bzw. des Produkts und der Digitalisierung der Unterstützungsfunktionen unterscheiden. Ersteres wird aktuell mit viel Energie und meist mit prominenter Unterstützung vorangetrieben. Oft in einer Schnittstelle zwischen Entwicklungsabteilung und Unternehmens-IT. Das ist auch das Umfeld, in dem wir fast alle unsere Digitalisierungsprojekte umsetzten. Für die Unterstützungsfunktionen – wie das Controlling – ist das Digitalisieren oft schwieriger. Oft sind Innovationen dort durch die eingekauften Softwareprodukte getrieben. Oder auch mal durch eine Initiative zur Kostenreduktion. Ich glaube hier gibt es noch viel Nachholbedarf, oder positiv ausgedrückt, sehr viele Möglichkeiten mit Digitalisierung Gutes zu tun. Ich fürchte nur, dass der Anstoß zum Digitalisieren hier eher Bottom-Up erfolgen muss.
Inwieweit nehmen Sie war, dass Controller auch in den Kernwertschöpfungsprozessen beteiligt sind?
Theimer: Bisher wenig. Wo Controller meiner Meinung nach einen großen Nutzen stiften können, ist bei der Bewertung von agilen Entwicklungsprojekten. Das Problem dieses Vorgehensmodells ist, dass das Endergebnis vorher nur sehr wage definiert ist. Dadurch lassen sich keine klaren Zielvorgaben definieren, wie z. B. in klassischen Festpreis-Gewerken. Um trotzdem die Leistung eines Projektes zu messen, gibt es bisher wenige gute Methoden. Hier könnten sich Controller als Vermittler zwischen Projekt-Reporting und der Unternehmensführung einbringen.
Wie läuft das Projektmanagement? Nach dem Wasserfallprinzip oder erfolgt ein agiles Vorgehen?
Theimer: Für die meisten Digitalisierungsinitiativen ist das Wasserfallprinzip ungeeignet. Es ist schlicht nicht möglich das Endprodukt zuverlässig zu beschreiben. Ein agiles Vorgehen, in dem man sehr regelmäßig das Zwischenergebnis ausprobiert, hat sich dagegen bewährt.
Welche Fähigkeiten sollten Controller für Digitalisierungsprojekte haben und wie können sie diese erwerben?
Theimer: Sie sollten
- neugierig sein und sich mit den relevanten Technologien auseinandersetzen,
- Spaß an der Projektarbeit haben und diese neben ihrer Linientätigkeit priorisieren können,
- eine einfache Sprache beherrschen, die auch Fachfremde verstehen und
- eine positive Fehlerkultur leben, um auch mal mutige Experimente zu wagen.
Ich glaube, das lernt man besten, indem man es ausprobiert. Unsere Controller beschäftigen sich z. B. – unterstützt durch einen Werkstudenten – mit einer durch künstliche Intelligenz gestützten Liquiditätsprognose. Oder sie organisieren einen Design Thinking Workshop, mit dem Ziel, das Projektcontrolling anwendungsfreundlicher zu machen.
Interviewpartner:
Florian Theimer, Geschäftsführer bei der MaibornWolff GmbH, ein Dienstleistungsunternehmen das mit 500 Mitarbeitern individuelle Softwarelösungen entwickelt. Als Informatiker mit einer Leidenschaft für neue Technologien ist er seit 2 Jahren auch für Finanzen & Controlling verantwortlich und glaubt an das große Digitalisierungspotenzial auch in diesem Umfeld.
Das Interview führten:
Prof. Dr. Andreas Klein, Professor für Controlling an der SRH Hochschule Heidelberg und Herausgeber des Controlling-Beraters
Günther Lehmann, Chefredakteur Controlling und Compliance bei Haufe-Lexware
Die weiteren Interviewteile
Teil 1: „Starten Sie mit einer leichtgewichtigen Digitalisierungs-Vision und verfeinern diese iterativ.“
Teil 2: „Es müssen mehr Mitarbeiter über den Zustand des Unternehmens Bescheid wissen, nicht nur die Chefs.“
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