Judith Frank, Katharina Zeller
Rz. 3
Zur Ausgestaltung der Sorgfaltspflichten aus dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG; § 15) sowie für die Umsetzung der neuen Vorschriften aus der CSRD für die Nachhaltigkeitsberichterstattung (§ 9) und der EU-Taxonomie (§ 12) wurde bei Bionorica ein Projektteam mit dem Titel "SUSI@Bionorica" (kurz für Sustainability Initiative @ Bionorica) ins Leben gerufen. Parallel hierzu etablierte sich im Bereich Product Supply unter Führung des Bereichsleiters für das Supply Chain Management ein festes Nachhaltigkeitsteam, das seitdem gemeinsam mit Unterstützung seitens des Finanzvorstands die Projektleitung für das Team SUSI@Bionorica übernommen hat. Zudem wird das Projektteam von weiteren Experten aus unterschiedlichen Fachabteilungen unterstützt. Mithilfe eines externen Beraterteams sollen die Berichtsstrukturen aufgebaut und Prozesse im Unternehmen realisiert werden, mit denen die Anforderungen der o. g. neuen gesetzlichen Regularien rechtskonform erfüllt werden können. Unsere langjährige Wirtschaftsprüfungsgesellschaft begleitet das Projekt zusätzlich, damit die Prüffähigkeit von vornherein sichergestellt ist.
Abb. 1: Projektstruktur SUSI@Bionorica
Abb. 1 zeigt die Gesamtintegration des Projekts in das Unternehmen BionoricaSE und veranschaulicht, welche Abteilungen in den einzelnen Teilprojekten unterstützen.
3.1 CSRD: Wesentlichkeitsanalyse als Basis
Rz. 4
Die Wesentlichkeitsanalyse (auch Materialitätsanalyse) bildet die Basis für den Aufbau der verpflichtenden CSRD-Berichterstattung und ist Bestandteil der ESRS-Vorgaben. Dabei handelt es sich um einen Prozess, bei dem die für das Unternehmen wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen identifiziert und bewertet werden. Dies hilft, den Fokus auf die Bereiche zu legen, die den größten Wert und den größten Einfluss auf das Unternehmen bzw. die Umwelt haben und für das langfristige Wachstum entscheidend sind. Ferner lässt sich aus den identifizierten Kernthemen eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, und dies befähigt Unternehmen, neue Geschäftsperspektiven und Tätigkeitsfelder daraus abzuleiten. Eine Materialitätsanalyse ist daher, unabhängig von den Anforderungen, für jedes Unternehmen sinnvoll. Die Analyse umfasst dabei die Bewertung von Umweltthematiken, sozialen Aspekten sowie Governance-Themen. Für gewöhnlich wird für die Analyse der wesentlichsten Nachhaltigkeitsthemen sowohl die Unternehmensperspektive als auch die Perspektive der wichtigsten Stakeholder berücksichtigt und in einer Wesentlichkeitsmatrix vereint (§ 10B). Bislang wurde die Wesentlichkeitsanalyse bei der Bionorica in abgeschwächter Form unter Leitung der Unternehmenskommunikation durchgeführt.
Rz. 5
Gem. der neuen Vorgaben ist es nunmehr wichtig, die doppelte Wesentlichkeitsperspektive anzuwenden, d. h., es gilt alle Auswirkungen, die das Unternehmen auf die Umwelt (Inside-out = Impact-Materialität) und umgekehrt welche Auswirkungen die Umwelt auf das Unternehmen (Outside-in = finanzielle Materialität) hat, zu ermitteln. Für die Analyse müssen alle tatsächlichen sowie alle potenziell möglichen Auswirkungen in die Betrachtung eingeschlossen werden. Das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit gilt als erfüllt, wenn ein Nachhaltigkeitsaspekt aus einer oder beiden Perspektiven von Bedeutung ist. Die Impact-Materialität identifiziert relevante Faktoren, die möglicherweise einen Einfluss, egal ob positiv oder negativ, auf Menschen und Umwelt und bspw. auf das Ansehen, das Image und die Nachhaltigkeit des Unternehmens haben. Die finanzielle Materialität betrachtet die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten, die sich auf die finanzielle Lage sowie den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens, also u. a. Umsatz-, Kostenentwicklung etc., auswirken.
3.1.1 Durchführung einer Wesentlichkeitsanalyse
Rz. 6
Um die Fülle der möglichen relevanten Themen im Vorfeld einzugrenzen, wurde im ersten Schritt eine Longlist erarbeitet. Hierzu wurden u. a. konkret die Anforderungen an die Berichterstattung der EFRAG (die ESRS enthalten 12 Berichtsstandards: 2 mit übergreifenden Anforderungen und 10 zu Nachhaltigkeitsthemen aus den Bereichen Environment = Umwelt, Social = Soziales sowie Governance = Unternehmensführung/-kultur) mit bislang geltenden Berichtsstandards (GRI, SABS) abgeglichen. Ebenso wurde der bereits vorhandene Nachhaltigkeitsbericht hinsichtlich der darin enthaltenen Themen untersucht. Zuletzt fand ein Abgleich von potenziellen Meldungen/Themen in den Medien (bspw. aus der Branche) statt un...