Prof. Dr. Christian Fink, Dr. Kati Beiersdorf
Zusammenfassung
Der Beitrag gibt einen Überblick über 2 Entwürfe des europäischen Standardsetzers EFRAG für die Nachhaltigkeitsberichterstattung von kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU):
- Der sog. LSME-Entwurf ist der Entwurf eines für kapitalmarktorientierte KMU verpflichtenden Berichtsstandards.
- Der sog. VSME-Entwurf ist der Entwurf eines für v.a. nicht kapitalmarktorientierte KMU freiwillig anwendbaren Berichtsstandards.
Beide Entwürfe wurden im Januar 2024 veröffentlicht. Die EFRAG plant, diese Standards bis Ende 2024 zu finalisieren.
1 Hintergründe und Entwicklungen
Rz. 1
Kleine und mittelgroße Unternehmen (KMU) in Deutschland befassen sich zunehmend mit Fragen der Nachhaltigkeit ihrer Geschäftstätigkeit und der dazu auch erforderlichen Berichterstattung. Zunächst ist mit den ca. 40–50 kapitalmarktorientierten KMU nur ein kleiner Teil der KMU in Deutschland gesetzlich zur Anwendung von europäischen Berichtsstandards verpflichtet. Faktisch berichten jedoch viele Tausend KMU über die Nachhaltigkeitsaspekte ihrer Geschäftstätigkeit sowohl freiwillig – intrinsisch motiviert – als nicht zuletzt auch auf Nachfrage von Geschäftspartnern, wie etwa großen Unternehmenskunden, Kreditgebern, Auditoren oder Zertifizierern. Diese Geschäftspartner benötigen die Informationen auch, um eigenen gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen, z. B. zur Überwachung, Steuerung und Berichterstattung über Risiken entlang der Lieferkette oder zur ggf. erforderlichen Berücksichtigung von ESG-Risiken bei der Kreditvergabe. Es ist anzunehmen, dass künftig ein nicht unerheblicher Teil der ca. 76.000 mittelgroßen und ca. 460.000 in Deutschland tätigen kleinen nicht kapitalmarktorientierten KMU in Deutschland aus vielfältigen Gründen Nachhaltigkeitsinformationen aufbereiten werden.
Rz. 2
Vor diesem Hintergrund hat EFRAG zum einen den Entwurf für einen Nachhaltigkeitsberichtsstandard erarbeitet, der u. a. von den wenigen kapitalmarktorientierten KMU anzuwenden ist (sog. ESRS for listed SMEs, kurz: LSME). Als KMU (bzw. KMU-Gruppen) gelten dabei Unternehmen und Unternehmensgruppen, die an 2 aufeinander folgenden Abschlussstichtagen mind. 2 der bilanzrechtlichen Größenmerkmale für KMU erfüllen:
|
Kleinstunternehmen |
Kleine Unternehmen |
Mittelgroße Unternehmen |
Große Unternehmen |
Bilanzsumme |
≤ 450 TEUR |
≤ 7,5 Mio. EUR |
≤ 25 Mio. EUR |
> 25 Mio. EUR |
Umsatzerlöse |
≤ 900 TEUR |
≤ 15 Mio. EUR |
≤ 50 Mio. EUR |
> 50 Mio. EUR |
Mitarbeitende |
≤ 10 |
≤ 50 |
≤ 250 |
> 250 |
Rz. 3
Nach Aufforderung durch die EU-Kommission hat EFRAG zum anderen einen Entwurf für einen freiwillig anwendbaren Berichtsstandard für Nachhaltigkeitsinformationen von KMU erarbeitet. Diesen sog. voluntary ESRS for SMEs (kurz: VSME) können alle nicht kapitalmarktorientierten KMU anwenden, so dass der potenzielle Anwenderkreis viele Tausend Unternehmen umfasst. Beide Standardentwürfe wurden im Januar 2024 zur Kommentierung veröffentlicht.
Die Kommentierungsfrist endete am 21.5.2024. EFRAG plant, beide Standards bis Ende 2024 zu finalisieren. Der verpflichtend anzuwendende LSME durchläuft im Anschluss daran den Prozess der EU-Kommission zum Erlass eines Delegierten Rechtsakts. Ob und inwieweit sich die EU-Kommission auch mit dem freiwillig anwendbaren VSME befassen wird, ist derzeit offen.
2 LSME: verpflichtend anzuwendender Berichtsstandard für (wenige) kapitalmarktorientierte KMU
2.1 Zielsetzung
Rz. 4
Zwar sind kapitalmarktorientierte Unternehmen nach Art. 40 Bilanzrichtlinie n. F. stets als große Unternehmen zu behandeln. Allerdings soll für die Nachhaltigkeitsberichterstattung aus Verhält...