Inna Disser, Dr. Gebhard Zemke
Rz. 1
Mit der Unterzeichnung des Pariser Klimaschutzabkommens im Dezember 2015 hat sich die EU zu einem anspruchsvollen Klimaregime mit universeller Geltung für alle Staaten verpflichtet. Das Abkommen verfolgt 3 Ziele:
- Die Staaten setzen sich das globale Ziel, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf "deutlich unter" 2 °C zu begrenzen mit Anstrengungen für eine Beschränkung auf 1,5 °C.
- Die Fähigkeit zur Anpassung an den Klimawandel soll gestärkt werden und wird neben der Minderung der Treibhausgasemissionen als gleichberechtigtes Ziel etabliert.
- Zudem sollen die Finanzmittelflüsse mit den Klimazielen in Einklang gebracht werden.
In der 2. Hälfte des Jahrhunderts soll Treibhausgasneutralität erreicht werden. Ihre nationalen Klimaschutzbeiträge zur Erreichung der Ziele legen die Staaten selbst fest.
Alle 5 Jahre (beginnend 2018) findet eine globale Bestandsaufnahme statt, um die Erfüllung der Ziele sicherstellen zu können. Des Weiteren verpflichteten sich die unterzeichnenden Staaten, bis 2020 langfristige Strategien für eine treibhausgasarme Entwicklung vorzulegen.
Rz. 2
Am 11.12.2019 hat die EU den "European Green Deal" (Europäischer Grüner Deal) vorgestellt. Dieser ist ein Konzept mit dem Ziel, bis 2050 in der EU die Netto-Emissionen von Treibhausgasen auf null zu reduzieren, womit Europa der erste klimaneutrale Kontinent werden würde. Der Green Deal ist zentraler Bestandteil der Klimapolitik der EU. Die EU räumt ein, dass, auch wenn ab 2021 ein Viertel des EU-Haushalts in die eigenen Nachhaltigkeitsziele fließen soll, öffentliche Gelder nicht ausreichen werden, um die notwendigen Maßnahmen zu stemmen. Aus diesem Grund hat die EU verbindliche Gesetze vorgeschlagen, um Anreize für private Investitionen in grüne Projekte zu schaffen. Um Umlenkung von Kapital in eine nachhaltige Wirtschaft möglichst attraktiv zu gestalten, ist für die EU-Kommission eine hohe Transparenz unabdinglich.
Rz. 3
Zwecks dieser Transparenz und des höheren Ziels der Erhöhung privater Investitionen in den nachhaltigen Sektor trat am 29.12.2021 die Sustainable Finance Disclosure Regulation (im Folgenden: SFDR) mit Anwendungsbeginn zum 10.3.2021 in Kraft. Sie gilt für den gesamten EWR und soll insbes. Anlageverwaltern das Greenwashing ihrer Produkte erschweren. D. h. konkret, dass ein Produkt nicht mit einem ESG- oder Nachhaltigkeitslabel versehen werden kann, wenn dessen Erreichen nicht transparent dargestellt wird. Darüber hinaus sollen dadurch Anlegern bessere Möglichkeiten geboten werden, Anlageoptionen in Bezug auf ihre ESG-Faktoren zu vergleichen und somit ihren Anlagezielen gerecht zu werden.
Rz. 4
Ergänzend zur SFDR veröffentlichte die EU am 25.7.2022 die Delegierte Verordnung zur SFDR, welche technische Regulierungsstandards (RTS) zur SDFR enthält (im Folgenden: RTS zur SFDR). Die RTS zur SFDR beinhalten Konkretisierungen zum Inhalt, zur Methodik und Darstellung von Informationen, die gem. der SFDR offenzulegen sind. Der verpflichtende Erstanwendungszeitpunkt der RTS zur SFDR war der 1.1.2023. Am 20.2.2023 erfolgte zudem der Anwendungsbeginn der Delegierten Verordnung Änderungen und Berichtigungen der RTS zur SFDR zur Ersetzung der Anhänge II–V der RTS zur SFDR, die insbes. neugefasste Anhänge mit erweiterten Angaben zu taxonomiekonformen Investitionen in den Bereichen fossiles Gas und Kernenergie beinhaltet.
Rz. 5
Um den komplexen Anforderungen der SFDR zu begegnen, veröffentlichte der gemeinsame Ausschuss der europäischen Aufsichtsbehörden EBA, EIOPA und ESMA (European Supervisory Authorities – ESA) einen zuletzt am 12.1.2024 aktualisierten Fragen- und Antwortenkatalog zur Konkretisierung des Anwendungsbereichs der SFDR, zur Offenlegung der wichtigsten nachhaltigen Auswirkungen von Investitionen, zu Angaben nach der EU-Taxonomie-Verordnung für nachhaltige Investitionen und zu anderen Zweifelsfragen bei der Rechtsauslegung und Anwendung der SFDR. Neben den FAQs veröffentlichte die ESMA am 22.11.2023 Erklärungshinweise zu weiteren Konzepten, zu Begrifflichkeiten und Problemstellungen bei Anwendung der SFDR. Zuletzt hat die ESMA am 14.5.2024 eine Leitlinie zur Regulierung von Fondsnamen veröffentlicht, in der Kriterien und Schwellenwerte für unterschiedliche Bezeichnungen und Abkürzungen mit Nachhaltigkeitsbezug festgelegt wurden, um möglichen irreführenden Namensgebungen entgegenzuwirken.
Rz. 6
Auf nationaler Ebene veröffentlicht die BaFin seit dem 5.9.2022 eine fortlaufende Sammlung der FAQ, welche im Jahr 2023 am 8.3. und zuletzt am 10.7.2023 mit dem Hinweis aktualisiert wurde, dass die BaFin von den Finanzteilnehmern alle zumutbaren Anstrengungen erwarte, unverzüglich die neuen Anforderungen zu erfüllen. Auf nationaler Ebene der Berichterstattung und Prüfung zur Offenlegungsverordnung veröffentlichte das IDW einen zuletzt am 6.10.2023 aktualisierten Praxishinweis zur SFDR und zu den RTS zur SFDR (für nähere Informationen siehe Rz 36 ff.).