Rz. 4
Nachhaltigkeitsmanagement muss gewollt werden. Und es ist wichtig, dass es als wichtig verstanden wird. Ohne den sog. "tone from the top", d. h. das klare Bekenntnis der Unternehmensleitung zu Nachhaltigkeit, wird es nicht gelingen, ein umfassendes Nachhaltigkeitsmanagement aufzubauen, das selbst ein Vehikel für ein nachhaltiges Wirtschaften ist. Denn Nachhaltigkeitsmanagement braucht Ausdauer, Robustheit, Visionskraft, Standhaftigkeit – auch Streitbarkeit – und einen langen Atem. In einem Geflecht der unterschiedlichen Interessen und Ziele sind Resilienz, Überzeugungskraft und Mut weitere wichtige Elemente, um – gemeinsam mit anderen – Unternehmen von innen zu bewegen, weil das Wissen über das Außen eingebracht wird. Dabei braucht das Nachhaltigkeitsmanagement die grundlegende Unterstützung der Führungsebene(n), um wichtige Schritte nach vorne gehen zu können.
Rz. 5
Die regulatorischen Vorgaben gebieten eine Professionalisierung des Nachhaltigkeitsmanagements. I. R. d. für das Unternehmen passenden Ambitionen ist es sicherlich nicht "bald vorbei" oder gar "abgeschlossen": Nachhaltigkeitsmanagement kann per Definition nicht beendet werden, sondern bleibt in kontinuierlicher Entwicklung. Nachhaltigkeit im Unternehmen beschreibt das kontinuierliche Streiten und Streben nach der Vereinbarkeit von unterschiedlichen Zielen, der Bewahrung der globalen Grenzen, Gerechtigkeitsfragen und schließlich auch der Abgrenzung als verantwortlich wirtschaftendes Unternehmen. Im Gegensatz zur (mind.) jährlichen Nachhaltigkeitsberichterstattung ist das Nachhaltigkeitsmanagement deshalb auch kein Projekt, sondern eine dauerhafte Begleitung und hilfreiche Disziplin, die durch den Austausch mit vielen unterschiedlichen Stakeholdern lebt, gemeinsam Mehrwert erzielt und dabei auf die Unterstützung "von oben" angewiesen ist und gelebt werden will.
Rz. 6
Die Reflexion und schließlich die Haltung zur Nachhaltigkeit sind fundamentaler Ausgangspunkt. Wenn nur gemacht wird, weil man das so macht oder weil es so erwartet wird, wenn die Nachhaltigkeit des eigenen Geschäfts nicht gesehen, nicht bewertet oder gar fälschlicherweise unterstellt wird, dann kann kein sinnvolles, produktives Nachhaltigkeitsmanagement entstehen. Notwendig ist die Positionierung des Unternehmens, der Produkte, ggf. der Produktbereiche als auch der eigenen Person hinsichtlich "der Nachhaltigkeit" zu definieren. Damit wird klar, was die relevanten Treiber für das Nachhaltigkeitsmanagement sind. Sollen ausschl. gesetzliche Anforderungen erfüllt werden, oder geht es darum, an ausgewählten relevanten (im Nachhaltigkeitsjargon: materiellen) Themen (§ 2 Rz 12 ff.) Akzente zu setzen, als Vorreiter, Innovator, Erneuerer?
Rz. 7
Die Entwicklung eines passgenauen Nachhaltigkeitsmanagements und einer entsprechenden Berichterstattung dazu kann aus verschiedenen Gründen erfolgen – und zielt auf unterschiedliche Effekte ab. Dazu gehören die langfristige Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens, die Erfüllung von Kundenwünschen, Mitarbeitermotivation, Imagepflege und Reputationssteigerung, Kosteneinsparungen, Erschließung neuer Geschäftsfelder, Erfüllung von Investorenerwartungen. Primäre Motivation ist die Erfüllung von Stakeholder-Erwartungen (Kundenwünsche, Mitarbeitermotivation), wobei sich börsennotierte Unternehmen insbes. an den Anforderungen der Investoren orientieren. Die Berichterstattung dient der Bewertung des Unternehmens durch Investoren, und die öffentlich verfügbaren Informationen fließen in ESG-Ratings und -Rankings, Benchmarks sowie spezifische Modelle ein.
Rz. 8
Die Führungskräfte stehen vor der Herausforderung, Nachhaltigkeit auf der Tagesordnung zu halten und die Stimmungen und Bedürfnisse der Organisation aufzunehmen und zu berücksichtigen. Es braucht eine gute Mischung aus klarer Führung und Zielsetzung einerseits und Vertrauen in die Organisation andererseits. Es ist wichtig, für Nachhaltigkeits- und ESG-Themen zugänglich zu bleiben. Die verschiedenen Funktionen und Bereiche müssen die Möglichkeit haben, mit dem Vorstand in Bezug auf Nachhaltigkeit in Kontakt zu treten. Gibt es eine regelmäßige Agenda für die Vorstandssitzungen?
Es reicht nicht aus, den Nachhaltigkeitsberichtsteil in einer Vorstandssitzung einmal jährlich zu behandeln. Vielmehr ist es notwendig, z. B. vierteljährliche Berichte über die wichtigsten KPIs, die Sie definiert haben, zu institutionalisieren, um zu zeigen, wie sich Ihre Organisation in Richtung der Ziele entwickelt. Denn wenn der Vorstand/die Geschäftsführung Informationen anfordert, werden diese zur Verfügung gestellt. Andernfalls besteht die Gefahr, dass Funktionen oder Geschäftsbereiche in ihren eigenen Regionen unterschiedliche Prioritäten setzen und damit die Zielorientierung als Gesamtorganisation reduziert wird.
Rz. 9
Es gilt festzulegen, wie Nachhaltigkeit sich zur Unternehmensstrategie verhält: Treiben Nachhaltigkeitsaspekte die Unternehmensstrategie? Oder wird an Nachhaltigkeit erst bei der Kommunikation im Anschluss...