Zusammenfassung
Beim Gros der rund 13.200 deutschen Unternehmen, die von der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) direkt betroffen sein werden, dürfte es sich um Familienunternehmen handeln. Diese weisen traditionell einige Besonderheiten auf, die sich auf die Umsetzung der CSRD auswirken werden. Sie agieren z. B. per Definition generationenübergreifend, was positiv ist; umgekehrt können z. B. Konflikte zwischen den Sphären Unternehmen, Familie und Eigentum (respektive eine unzureichende Governance) vieles erschweren. Eine Sonderrolle wird den heute 20- bis 40-Jährigen zukommen, die Nachhaltigkeit als Herausforderung annehmen, neue Impulse setzen können und mehr wagen, mehr organisieren und mehr kommunizieren sollten.
1 Ausgangssituation
Rz. 1
Nachhaltigkeit wandelt sich für Unternehmen vom "nice to have" zum "must-have". Die neuen Berichtspflichten in der EU werden nach Schätzung des Bundesjustizministeriums rund 13.200 deutsche Unternehmen direkt betreffen – deutlich mehr als bisher. Bei der Einführung wird das Geschäftsjahr 2025 den größten Schub bringen, denn darüber müssen erstmals auch alle bilanzrechtlich großen Unternehmen berichten. Damit betreffen die neuen Vorschriften insbes. eine Gruppe, die traditionell eher fernab der Öffentlichkeit agiert: Familienunternehmen.
Rz. 2
Familienunternehmen sind für die Idee der Nachhaltigkeit schon per Definition aufgeschlossener. Die Sicherung der Existenz gehört zu ihrem Selbstverständnis, desgleichen die Weitergabe an die nächste Inhaber-Generation. Sie haben somit einen Startvorteil, wenn sie ihr Handeln und ihre Berichterstattung stärker auf Nachhaltigkeit ausrichten.
Rz. 3
Dies gilt insbes. dann, wenn sich der Blick auf die nächste Generation richtet, die sog. "Next Gen" – jene Töchter und Söhne, die heute 20 bis 40 Jahre alt sind und sich anschicken, in einigen Jahren die Führung zu übernehmen (oder ihr bereits angehören). Sie dringen häufig auf mehr Nachhaltigkeit des Geschäfts oder die Transformation des Unternehmens. Zugleich mangelt es ihnen vielfach noch an Einfluss sowie an der Priorisierung von Ideen.
Rz. 4
Um zu ermessen, was die Notwendigkeit eines nachhaltigeren Wirtschaftens und die künftigen Anforderungen an die Nachhaltigkeitsberichterstattung für Familienunternehmen und insbes. die Next Gen bedeuten, gilt es erstens zu verstehen, was Familienunternehmen von anderen Unternehmen unterscheidet und welche Folgen dies hat. Zweitens wird nachfolgend eruiert, wie es aktuell um das Nachhaltigkeitsmanagement in Familienunternehmen steht. Drittens ist es wichtig, die Haltung, die Ziele und die Herausforderungen der Next Gen zu kennen:
- Wie denkt sie über Nachhaltigkeit?
- Wo setzt sie Prioritäten?
- Kommt es zum Konflikt der Generationen?
2 Familienunternehmen und ihre Besonderheiten
Rz. 5
Familienunternehmen stellen 90 % der hierzulande mehr als 3,2 Mio. Unternehmen, 55 % aller Umsätze und 57 % aller sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze. Mit Blick auf die Abgrenzungskriterien der CSRD ist es wichtig zu wissen, dass rund 46 % aller Unternehmen mit mehr als 50 Mio. EUR Jahresumsatz hierzulande in Familienhand sind. Angesichts von rund 20.000 Unternehmen, die nach jüngsten Daten des Statistischen Bundesamts diesen Schwellenwert überschreiten, sind somit schätzungsweise mehr als 9.000 Familienunternehmen als "große Unternehmen" einzustufen. Sie fallen damit höchstwahrscheinlich unter die CSRD und müssen erstmals für das Geschäftsjahr 2025 einen umfassenden Nachhaltigkeitsbericht vorlegen.
Rz. 6
Weder Rechtsform noch Größe noch Börsennotierung sind entscheidend dafür, ob ein Unternehmen als Familienunternehmen einzustufen ist. Familienunternehmen definieren sich dadurch, dass sie mehrheitlich im Familienbesitz sind und von einer Familie (oder mehreren) kontrolliert werden. Dass Mitglieder der Familie auch an der operativen Leitung beteiligt sind, ist nicht zwingend notwendig, aber häufig der Fall. Lt. einer auf Daten zu mehr als 1.000 Familienunternehmen basierenden Untersuchung des Münchner ifo-Instituts sind in 82 % von ihnen Familienmitglieder in der Geschäftsführung tätig.
Familienunternehmen sind damit grds. in einer guten Position, um ihr Geschäftsmodell nachhaltiger zu gestalten und ihr Reporting auszubauen. Anders als Aktiengesellschaften können sie z. B. die nötigen Schritte rasch einleiten. Die häufige Kombination von Eigentum und Management in einer Hand ermögliche ihnen "eine besonders schnelle und nachhaltige Entscheidungsfindung", so das ifo-Institut.
Rz. 7
Die TOP 500 der deutschen Familienunternehmen weisen sowohl besonders viele ...