Rz. 8
KPIs geben Auskunft über den Stand der Erreichung strategischer Ziele. Dementsprechend sind nicht alle (Finanz-)Informationen KPIs. KPIs können Leistungen oder Prozesse erfassen, sich also auf Input, Output, Outcome oder Impact, den Prozess oder den Kontext beziehen. Sie können absolute Werte abbilden oder Bezugswerte.
Die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) standardisieren, wie der Name suggeriert, die Berichterstattung. Durch die Reduktion von Flexibilität und Interpretationsspielräumen geht erhöhte Eindeutigkeit einher. Seit einiger Zeit ist eine Konsolidierung zahlreicher Initiativen zu beobachten (§ 8). Im konkreten Unternehmensfall erscheint es sinnvoll, sich aus den umfangreichen Katalogen von KPIs zu bedienen. Das erhöht ggf. die Qualität, da die Kennzahlen in den Standards zumeist in intensiven globalen Stakeholder-Aushandlungen formuliert worden sind und i. d. R. seit Jahren von zahlreichen Unternehmen angewendet werden. Hilfreich ist auch die bereits vorhandene Definitionsarbeit, die zum Arbeiten mit Zielen und KPIs unerlässlich ist. Wenn in den ESRS die zu berichtenden Kennzahlen festgelegt werden, ist es empfehlenswert, anhand der ohnehin zu berichtenden Kennzahlen KPIs orientiert an den strategischen Nachhaltigkeitszielen auszuwählen. Das mindert den zusätzlichen Aufwand und erhöht die Anschlussfähigkeit der Informationen.
Rz. 9
Die Operationalisierung von strategisch wichtigen Themen erfolgt im Idealfall durch Zwischenziele und die Definition von Leistungskennzahlen, also KPIs. KPIs sind notwendig, um eine einheitliche Sichtweise auf den Zielerreichungsstand zu gewähren und Aktivitäten und Aufmerksamkeit zu kanalisieren. Das Runterbrechen der Ziele auf unterschiedliche Teilbereiche des Unternehmens ist häufig relevant, da nicht jeder Teilbereich den gleichen Beitrag leisten kann und muss, aber alle Beiträge den Zielwert ergeben müssen (kohärente Zielarchitektur). Kennzahlen bieten einen Überblick über den Entwicklungsstand in verschiedenen Nachhaltigkeitsbereichen.
Rz. 10
Durch die Verpflichtung der CSRD/ESRS auf denselben Berichtsrahmen wie die Finanzberichterstattung, teilw. sogar darüber hinaus i. S. d. Wertschöpfungskette, ist der Aufwand für die Erhebung der Metriken erheblich. Während es bislang möglich war, einen für das Unternehmen angemessenen Aufwand zu bestimmen, sind die Vorgaben nun wesentlich fordernder. In Anerkennung dieser Herausforderungen sehen die ESRS verschiedene Erleichterungen vor. Diese gelten für Unternehmen mit bis zu 750 Mitarbeitenden und gestaffelt für größere berichtspflichtige Unternehmen z. B. mit sog. Phase-in-Regelungen, also Einführungsphasen von 1 bis zu 3 Jahren für ausgewiesene Berichtsanforderungen.
Rz. 11
In der Praxis wird der Nachhaltigkeitsmanager die Koordination der Abstimmungen zu den Zielen und KPIs übernehmen und die Formulierung und Entwicklung derselben voranbringen, intensiv begleiten und auch herausfordern. Zur Zielsetzung und Festlegung der KPIs selbst ist es unerlässlich, dass die Themenverantwortlichen aus den Fachabteilungen Input liefern. Sie sind die Experten für das Thema, sie wissen, was realistisch ist, auch was gewünscht ist, und erleben durch die Zielsetzungen und KPIs auch eine Aufwertung der Themen. Schließlich ist die Rolle der Unternehmensleitung entscheidend: die Ziele sollten in die Unternehmensstrategie eingebettet werden, sie haben Potenzial, zu den bedeutsamsten nichtfinanziellen Leistungsindikatoren (Abb. 1 in § 9 Rz 12) und z. B. in das Vergütungssystem aufgenommen zu werden.
Die Standardisierung von Nachhaltigkeitsinformationen wird durch die ESRS erheblich erhöht werden. Gleichzeitig gibt es an einigen Stellen in den ESRS individuelle Anpassungsmöglichkeiten, wie das Beispiel von Frauen in Führungspositionen zeigt, in dem es in der Offenlegungsanforderung ESRS S1-9 – Diversitätskennzahlen u. a. heißt "Das Unternehmen hat die Geschlechterverteilung auf der obersten Führungsebene und die Altersverteilung unter seinen Beschäftigten anzugeben." (ESRS S1.64). Die ESRS liefern die Definition der "obersten Führungsebene" gleich mit, nämlich "als eine und zwei Ebenen unterhalb der Verwaltungs- und Aufsichtsorgane" (ESRS S1.AR71), öffnen aber auch die Möglichkeit bei einer bislang anderen genutzten Definition, die unternehmenseigene Definition weiterzuverwenden und dies transparent zu machen.
Auffällig ist auch, dass es in den Sozialstandards in ESRS S1 zur "Eigenen Belegschaft" umfangreiche definierte Anforderungen zu Kennzahlen gibt. In den weiteren Sozialstandards ESRS S2 – ESRS S4 zu "Arbeitskräften in der Wertschöpfungskette", "Betroffenen Gemeinschaften" und zu "Verbrauchern und Endnutzern" gibt es hingegen keine definierten Metriken; diese sind unternehmensspezifisch je nach Wesentlichkeit anzugeben.