Dr. Peter Müller-Pellet, Dr. Markus Kottbauer
Aufgabe der Trend-Analyse ist es, ein gemeinsames Bild der fernen Zukunft bzw. von möglichen Zukunftszuständen und der dann herrschenden Bedingungen zu beschreiben. Daraus sollen Suchfelder herausgearbeitet werden, um diesem Zukunftsbild möglichst proaktiv entgegenzugehen.
Abb. 4: Vorgehen bei der Trend-Analyse
Grundlage einer jeden Trend-Analyse bildet die Beschäftigung mit den Megatrends. Als Megatrend werden Entwicklungen bezeichnet, die zwar langsam, aber über einen sehr langen Zeitraum (Jahrzehnte) global und komplex auf alle Lebensbereiche unserer Gesellschaft einwirken. Megatrends sind demnach die größten Treiber des Wandels und geben eine gute Orientierung, in welche Richtung sich das Umfeld unseres Unternehmens entwickeln könnte. Forschungsinstitute wie bspw. das Zukunftsinstitut beschäftigen sich intensiv mit Trends und publizieren dazu regelmäßig Trendreports und eine sogenannte Trendmap.
Für die Trend-Analyse ist es relevant, sich mit den Megatrends zu befassen, um die potenziellen Einflussfaktoren auf das eigene Unternehmen zu verstehen. Aktuelle Megatrends sind z. B. Urbanisierung; Energie-, Klimawandel und Nachhaltigkeit; Künstliche Intelligenz; Transhumanismus und Mensch 4.0; Virtualisierung, Arbeits- und Lernwelten der Zukunft; Medizin, Gesundheit und Selbstoptimierung.
Innovations-Scouting-Software
Es ist eine riesengroße Herausforderung geworden, den Überblick über relevante Publikationen zu bewahren und up to date zu bleiben, über die Vielzahl der sich ständig erweiternden Möglichkeiten, über bereits irgendwo auf der Welt umgesetzte Innovationen, neue bereits in Einsatz befindliche relevante Technologien oder gegründete Start-ups. Inzwischen gibt es auf Innovations- und Trend-Scouting spezialisierte Software, die mit Künstlicher Intelligenz weltweit Datenbanken und Quellen von Innovation automatisiert nach definierten Suchfeldern durchsucht und dann relevante Informationen zur Verfügung stellt. Ein solcher Anbieter ist bspw. INNO-Verse. INNO-Verse bietet mit dem sogenannten Innovationskompass Zugang zu tausenden globalen Innovationsbeispielen, die kompakt und verständlich in deutscher und englischer Sprache in sogenannten INNO-Nuggets aufbereitet sind.
In einem zweiten Schritt werden die Megatrends bewertet und z. B. in einem Trend-Portfolio einsortiert (siehe Abb. 5). Dabei wählt man 2 Achsen:
- Wie hoch ist die Eintrittswahrscheinlichkeit einer Wirkung des Megatrends auf die Branche?
- Wie groß ist die Auswirkung des Megatrends auf das eigene Unternehmen?
Abb. 5: Mega-Trend-Portfolio
Anhand der Platzierung der Megatrends im Portfolio können bereits Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dem jeweiligen Megatrend abgeleitet werden. Jene Megatrends, die weit rechts oben im Portfolio platziert sind, gilt es in der weiteren Analyse näher zu betrachten.
Jedem Megatrend können unterschiedliche Makrotrends zugeordnet werden. Diese sind deutlich präziser in der Beschreibung und haben in der Regel einen kürzeren Wirkungshorizont. Makrotrends sind spezifische Ausprägungen der Megatrends und beschreiben Teilströmungen. Jeder Makrotrend kann auch mehreren Megatrends zugeordnet werden. Aktuelle Makrotrends sind z. B. Urban Farming, Innovative Energieerzeugung und -speicherung, Chatbots, Machine Learning, Robotic, vegane Ernährung.
Der dritte Schritt der Trend-Analyse besteht nun darin, jene Makrotrends zu bewerten, die den relevantesten Megatrends aus Schritt 2 zugeordnet sind.
- Welche Auswirkungen hat der jeweilige Makrotrend auf uns als Unternehmen bzw. unsere Produkte, Dienstleistungen, Services und Prozesse?
- Sind unsere Kunden, Lieferanten, Partner von diesem Makrotrend stark beeinflusst?
- Welche Chancen und Risiken sind zu erwarten?
Die Makrotrends können ebenfalls in ein Trend-Portfolio übertragen werden (siehe Abb. 6). Statt der Eintrittswahrscheinlichkeit sollen nun die vorhandenen Kompetenzen und Fähigkeiten des Unternehmens bewertet werden, die für den Umgang mit dem Trend erforderlich sind.
Abb. 6: Makro-Trend-Portfolio
Anhand der Platzierung der Trends im Portfolio können nun Ansätze für mögliche Suchfelder abgeleitet werden. Findet sich ein Trend bspw. im Bereich "Game Changer Kompetenz", könnte dies ein Hinweis darauf sein, dass die vorhandenen Stärken genutzt werden sollten, um sehr wahrscheinlichen und hoch relevanten Entwicklungen positiv zu begegnen. Oder umgekehrt: Erkennen wir, dass unser Unternehmen erfolgskritische Kompetenzlücken aufweist, könnte ein Suchfeld genau darauf ausgerichtet werden. Aufbau von notwendigen Kompetenzen, um von Trends nicht überrascht zu werden, die uns stark beeinflussen.
Die Ergebnisse der Trend-Analyse bieten nun also die ersten potenziellen Suchfelder aufgrund der Auseinandersetzung mit der fernen Zukunft.