Anhand eines typischen Praxisfalls wird im Folgenden nun Schritt für Schritt aufgezeigt, wie OKRs aus den strategischen Zielen der Strategy Map abgeleitet und zur agilen Strategieumsetzung effektiv eingesetzt werden. Die strategischen Ziele in der Strategy Map bilden die Basis bzw. fungieren als "Leitplanken" für die spätere Ableitung der OKRs.
2.1 Das Unternehmen
Ein Unternehmen, welches im Bereich Drucker & Kopierer tätig ist, hat folgende Vision, Mission und Strategie formuliert:
Vision: "Aus Sicht unserer Kunden gehören wir 2035 zu den Top 5 der weltweit führenden Anbieter von wirtschaftlichen Output-Management-Lösungen."
Mission: "Wir erleichtern den Alltag unserer Kunden durch eine smartere Arbeitsumgebung und unterstützen unsere Kunden dabei, ihr Wissen als Wettbewerbsvorteil zu nutzen."
Strategie für den Zeitraum 2023 – 2026:
- Wir wollen die Nummer eins in Bezug auf Ertragskraft sein.
- Wir streben zusätzlich ein überdurchschnittliches Wachstum an. Dies soll durch unsere strategische Neupositionierung erreicht werden. Das heißt zum einen Ansprache hochmargiger Segmente durch lukrativere Produkte, zum anderen aber auch konsequente Internationalisierung nach Asien und Lateinamerika.
- Im Jahre 2026 zeigen wir Präsenz auf den relevanten Weltmärkten mit eigenen Vertretungen.
- Ertragführerschaft erfordert aber auch Kostensenkungen. Allerdings sind Kostensenkungen nach der Rasenmähermethode zu vermeiden.
- Wir streben die Innovationsführerschaft an. Innovationen sind dabei aus den Augen der Kunden zu sehen: Eine Neuerung, die der Kunde nicht kauft, gehört nicht zu den Innovationen, die wir anstreben.
- Um neue Produkte schneller als die Konkurrenz einführen zu können, erfordert das komplexe Zusammenspiel vieler Prozesse bei der Entwicklung und Einführung neuer Produkte: kurze Durchlaufzeiten, hohe Flexibilität und eine ausgeprägte interne Kundenorientierung, um eine rasche Markteinführung schaffen zu können.
- Wir wollen, dass der Kunde zurückkommt, nicht das Produkt.
- Mitarbeiterzufriedenheit und Qualifikation sind für uns sehr wichtig, um die Ertrags-, Innovations- und Qualitätsziele durch Commitment, Kreativität und Flexibilität, kurzfristig – aber auch in Zukunft – zu erreichen.
- Wir wollen Anerkennung als Top-Arbeitgeber.
Typisch an diesem Praxisbeispiel ist, dass die genannten "strategischen Ziele" noch sehr allgemein formuliert sind.
2.2 Erster Schritt: Anwendung des integrierten Strategieprozesses
Zunächst wird der "integrierte Strategieprozess" durchlaufen mit dem Ziel, spezifische strategische Unternehmensziele herauszuarbeiten und in Form einer Strategy Map zu visualisieren (siehe Abbildung 8).
Auch wenn dieser Schritt von der von John Doerrs beschriebenen Vorgehensweise zur Anwendung von OKR abweicht, so haben wir gerade durch das Erarbeiten von Strategy Maps als Basis für die spätere Ableitung von OKRs durchweg positives Feedback von unseren Auftraggebern erhalten. Selbst von Auftraggebern, die bereits seit mehreren Jahren OKRs verwenden, wurde uns bescheinigt, dass die Strategy Maps mit den relevanten strategischen Zielen aus den unterschiedlichen Perspektiven eines Unternehmens eine ideale Grundlage sei für das gewünschte vertikale und horizontale "Strategic Alignment" mit OKRs. Einige unserer Auftraggeber gaben uns sogar ausdrücklich an, dass gerade die Strategy Map als "sehr gute Gesamtübersicht" Ihnen bisher gefehlt hat, um OKR wirklich erfolgreich einzusetzen. Durch die Verwendung der Strategy Maps als Basis für die Erstellung der entsprechenden "Strategy Backlogs" der einzelnen Umsetzungs-Teams können wir sogar auf die Ableitung von den sog. "Moals" verzichten.
Der Begriff "Moals" setzt sich zusammen aus "Midterm" & "Goals". Einige Berater empfehlen "Moals" mit einem Zeithorizont von 1 Jahr von den strategischen Zielen (Zeithorizont: 3-5 Jahre) als Zwischenziele abzuleiten, um wiederum ausgehend von den Moals die entsprechenden OKRs zu definieren. Diesen zusätzlichen Schritt haben wir bisher bei unseren OKR-Implementierungen nicht benötigt.
Abb. 8: Praxisbeispiel: Visualisierung der strategischen Ziele in einer Strategy Map nach der Anwendung des integrierten Strategieprozesses
2.3 Zweiter Schritt: Zuständigkeiten klären und Strategy Backlogs erstellen
Die strategischen Ziele in der Strategy Map sollen innerhalb von 3 Jahren erfolgreich realisiert werden.
Deshalb werden die strategischen Ziele geclustert und die entsprechenden Strategy Owner sowie die crossfunktionalen Teams für die Umsetzung der strategischen Ziele definiert. Auf Grund der Verwendung der Strategy Map und der vier Perspektiven der Balanced Scorecard (Finanz-, Kunden-, Prozess- und Mitarbeiter-Perspektive) kann eine Zuordnung der Zuständigkeiten relativ einfach erfolgen.
So werden bspw. in dem vorliegenden Praxisfall für die Realisierung der strategischen Ziele aus der Kundenperspektive drei Umsetzungs-Teams gebildet: "Team SOHO" ("Small & Home Offices") für die günstigen Kopiergeräte, die über Händler vertrieben werden. "Team Online", welches das Ziel verfolgt, einen eigenen erfolgreichen Online-Vertrieb aufzubauen sowie "Team Excellence", welches für den Vertrieb der Hochleistungs-Kopiergeräte ...