Dr. Vanessa Weimann, Constantin Chrocziel
Die gemäß dem Drei-Achsen-Modell durchgeführte Status Quo-Analyse der Informationsarchitektur sowie die Analyse von Schwachstellen und Ineffizienzen offenbarten wichtige Erkenntnisse für die Zukunft der Finanzabteilung des mittelständischen Unternehmens. Insbesondere bei Betrachtung der Informationstypen sowie -aufgaben ergab sich, dass zu viele Berichte manuell in Excel erfasst oder nachbearbeitet werden. Dies ist nicht nur mit einem hohen Arbeitsaufwand und erhöhter Fehleranfälligkeit verbunden, sondern birgt auch das Risiko einer Handlungsunfähigkeit bei Ausfall von Schlüsselpersonen. Auch zeigte sich durch die umfassende Analyse der gesamten Informationsarchitektur, dass Berichte teilweise in unterschiedlichen Abteilungen erstellt, verwaltet und analysiert werden und Dopplungen bestehen.
Es stellte sich heraus, dass teilweise für Kernprozesse der Controlling- und Finanzabteilung keine klar definierten Prozessabläufe und -dokumentationen existieren und Prozessbeteiligte oftmals nicht konkretisiert sind. In diesem Zuge wurde ebenfalls erkannt, dass bislang noch keine systematische Speicherung von Wissen innerhalb der Abteilung vorliegt und die Gefahr des Wissensverlusts durch das Ausscheiden von erfahrenen Mitarbeitern besteht. Mit Blick auf die Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Bereichen der Controlling- und Finanzabteilung sowie bezogen auf weitere Abteilungen des Unternehmens ließen sich Kooperationsprobleme und ein ausgeprägtes Silodenken beobachten. Eine weitere Erkenntnis war, dass Stammdaten dezentralisiert erfasst wurden und Systemberechtigungen nicht einheitlich organisiert waren, was zu Ineffizienzen sowie Kommunikationsproblemen entlang eines zentralen Prozesses führte. Um die genannten Probleme zu beheben und durch Automatisierung und Standardisierung zu einer hohen und zuverlässigen Datenqualität zu erlangen, wurde die Einführung eines SSOT Warehouse geplant.
Abb. 2: Globaler Informationsspeicher
Der globale Informationsspeicher Data Cube des SSOT-Ansatzes enthält alle Daten und dient als zentrale Unternehmensinformationsquelle. Datenexperten verwalten diese und sichern damit höchste Daten- und Reporting-Qualität. Hierfür wurde es als notwendig definiert, dass die Bereiche Stammdatenmanagement sowie Systemadministration neu organisiert und zentralisiert werden. Um die in der Controlling- und Finanzabteilung bisher nichtexistierenden IT-Kompetenzen zu etablieren, mussten neue Rollen und zukunftsorientierte Funktionen definiert werden. Auch berücksichtigt wurde hier der Anspruch an die Controlling- und Finanzabteilung, die Daten leicht zugänglich und eingängig aufzubereiten, um als Business Partner für andere Abteilungen sowie das Management agieren zu können. Ein stärkerer Fokus sollte somit auf der automatisierten und optimierten Darstellung der Daten und ihrer transparenten Kommunikation stehen.
Als Ergebnis der vorangegangenen Analyseschritte wurde ein zukunftsorientierter organisationaler Blueprint der transformierten Abteilung erstellt. Hierfür wurden die Ergebnisse der Informationsfähigkeitenanalyse hinzugezogen, um Mitarbeiter gemäß ihren Fähigkeiten und Kompetenzen einzusetzen. Nicht nur inhaltlich, sondern auch organisational stellten die neu definierten Rollen eine wichtige Änderung dar. Diese wurden weg von festen Positionen mit fixen Stellenbeschreibungen hin zu flexiblen Rollenmodellen entwickelt, in welchen eine Person mehrere Rollen einnehmen kann. Dieser agile Ansatz führt zu einer flexibleren Aufgabenverteilung und erhöhten Selbstorganisation in Teams. Insbesondere in der Kommunikation der geplanten Änderungen wurde ein großer Fokus auf das Entgegenwirken von Ängsten seitens der Mitarbeiter gelegt. Das Projekt wurde von umfassenden Change Management-Maßnahmen begleitet, unter anderem durch regelmäßige Townhall Meetings, der Einrichtung eines anonymen Kummerkastens sowie der Erstellung von Erklärvideos im Intranet. Für jeden Mitarbeiter wurden individuelle Weiterbildungspläne gemeinsam mit der Human Resources-Abteilung definiert, um die Mitarbeiter auf ihre neuen Aufgaben vorzubereiten sowie eine erhöhte Anpassungsfähigkeit zu erreichen.
Die zuvor erläuterten Ergebnisse verdeutlichen, dass die bislang in der Controlling- und Finanzabteilung bestehenden hierarchischen und relativ starren Strukturen einer Anordnung als Aufbauorganisation überholt waren. Zur Erreichung des Projektziels, die Controlling- und Finanzabteilung als einen Katalysator für Wachstum und hin zu einer zukunftsfähigen und agilen Denk- und Arbeitsweise umzuorganisieren, wurde eine neue Organisationsform gemäß dem optimalen Informationsfluss und Verarbeitungsprozess eingeführt.