Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Für die Bewertung von Rückstellungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Verpflichtungen gelten die Grundsätze über die Bewertung von Verbindlichkeiten, wonach nur der nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendige Betrag angesetzt werden darf. Die vernünftige kaufmännische Beurteilung (für die Erfüllung der Sachleistungsverpflichtung) ist indes nur ein Schätzmaßstab, dahinter verbirgt sich als relevanter Bewertungsmaßstab der Erfüllungsbetrag.
Im Rahmen der Bewertung sind alle Verpflichtungen zu berücksichtigen, die das Unternehmen zu tragen hat, dazu zählen auch die Folgeschäden. Keine Berücksichtigung dürfen jedoch Eigenschäden finden, da diese durch Abwertung des Wirtschaftsguts zu berücksichtigen sind.
Gibt es verschiedene Möglichkeiten der Sanierung und stehen infolgedessen die Kosten nicht eindeutig fest, sind im Rahmen einer Schätzung die Kosten der wahrscheinlichsten Lösung zu ermitteln. Untergrenze der Schätzung sind die Kosten der billigsten Lösung. Die Kosten der teuersten Lösung dürfen nur angesetzt werden, wenn diese die wahrscheinlichste ist, weil ansonsten unzulässig stille Reserven gebildet würden.
Bei der steuerlichen Bewertung von Rückstellungen sind die Wertverhältnisse am Bilanzstichtag maßgebend. Künftige Preis- und Kostensteigerungen dürfen nicht berücksichtigt werden.
Künftige Preis- und Kostensteigerungen im Handelsrecht
Rückstellungen sind handelsrechtlich in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrags anzusetzen. Bei der Rückstellungsbewertung in der Handelsbilanz sind somit künftige Preis- und Kostensteigerungen zwingend zu berücksichtigen. Erforderlich ist, dass am Abschlussstichtag bereits ausreichende objektive Hinweise für den Eintritt künftiger Preis- und Kostensteigerungen vorliegen.
Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3a Buchst. e Satz 1 EStG sind Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen mit einem Zinssatz von 5,5 % abzuzinsen. Dabei ist auf den Zeitraum bis zum Beginn der Erfüllung der Verpflichtung abzustellen, d. h. es kommt auf denjenigen Erfüllungszeitpunkt an, mit dem aus der Sicht des Bilanzstichtags nach den tatsächlichen Verhältnissen und den in der Vergangenheit gemachten Erfahrungen gerechnet werden muss.
Ist eine in Teilleistungen zu erbringende Verpflichtung als Einheit zu sehen, ist der Beginn der 1. Teilleistung maßgebend. Eine Verzinsung unterbleibt jedoch gänzlich, wenn die Laufzeit am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt.
Sind mit der Erfüllung der Verbindlichkeit voraussichtlich (auch) künftige Vorteile verbunden, wie das z. B bei vertraglichen Rückgriffsansprüchen gegen einen Versicherer der Fall ist, ist dieser Umstand bei der Bewertung der Rückstellung wertmindernd zu berücksichtigen, es sei denn, der Vorteil hat sich bereits in einer aktivierungsfähigen Forderung gegenüber dem Versicherer konkretisiert. Dann hat die selbstständige Aktivierung der Forderung Vorrang vor Einbeziehung in die Bewertung der Sachleistungsverpflichtung.
"Deckelung" des steuerlichen Rückstellungswerts auf den niedrigeren Handelsbilanzwert
Ausgangspunkt für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns ist der Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG. Bei Gewerbetreibenden, die auf Grund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und regelmäßig Abschlüsse zu machen, oder die dies freiwillig machen, ist das Betriebsvermögen anzusetzen, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung auszuweisen ist. Im Zuge des Gesetzes zur Modernisierung des Bilanzrechts (BilMoG) kann es dazu kommen, dass der handelsrechtliche Rückstellungsbetrag unter dem nach steuerrechtlichen Vorschriften ermittelten Wert liegt. Zwar sind Rückstellungen in der Handelsbilanz seit dem BilMoG in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen und bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen. Diese handelsrechtlichen Regelungen der Rückstellungsbewertung gelten für Sach- und Geldleistungsverpflichtungen gleichermaßen. Bei Sachleistungsverpflichtungen ist allerdings zu beachten, dass sie steuerlich nur bis zum Beginn der Erfüllung der Verpflichtung abgezinst werden, während der handelsrechtliche Abzinsungszeitraum bis zum Ende der Erfüllung läuft; dies führt handelsrechtlich regelmäßig zu einem niedrigeren Rückstellungswert. Vor allem Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen sind daher insbesondere bei langfristigen Erfüllungspflichten in der Handelsbilanz regelmäßig niedriger als in der Steuerbilanz.
Die Bewertung von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz folgt den handelsrechtlichen Vorschriften, soweit dem steuerrechtliche Vorschriften nicht entgegen stehen. Für die Bewertung von Sachleistungsverpflichtungen sieht die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 3a EStG vor, dass Rückstellu...