Prof. Dr. rer. pol. Hanno Kirsch
Rz. 4
Der Anhang zum IFRS-Abschluss nimmt im Wesentlichen 3 Aufgaben wahr:
Der Anhang soll durch spezielle Angaben die Vorgehensweise bei der Abbildung von Sachverhalten in anderen Teilen des Abschlusses, insbesondere jedoch in Bilanz und Gesamtergebnisrechnung, erläutern. Diese Funktion wird explizit in IAS 1.112 a angesprochen. Hiernach soll der Anhang aktuelle Informationen über die Grundlagen der Aufstellung des Abschlusses und die besonderen Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden gem. IAS 1.117–1.124 enthalten.
Die Erläuterungsfunktion erlangt vor allem dann Relevanz, wenn die IAS/IFRS-Standards offene oder verdeckte Wahlrechte enthalten.
Die Entlastungsfunktion des IFRS-Anhangs besteht darin, dass dieser Teil des IFRS-Abschlusses Informationen aufnimmt, deren Offenlegung von den IAS/IFRS gefordert wird, die aber in den anderen Abschlussbestandteilen nicht enthalten sind. Die Entlastungsfunktion wird durch IAS 1.112 b beschrieben.
Im Allgemeinen besteht – von wenigen Ausnahmen abgesehen, die sich in den Pflichtangaben zur Bilanz (IAS 1.54), zur Gewinn- und Verlustrechnung und dem sonstigen Gesamtergebnis (IAS 1.82 und IAS 1.82A), zur Eigenkapitalveränderungsrechnung (IAS 1.106) und zur Kapitalflussrechnung (IAS 7.18, 7.21, 7.31 und 7.35) konkretisieren – ein grundsätzliches Wahlrecht, die nach den einzelnen IAS/IFRS vorgeschriebenen Offenlegungspflichten entweder in den jeweiligen Abschlussbestandteilen oder im Anhang darzustellen.
Nach IAS 1.112 c hat der Anhang zusätzliche Informationen zu liefern, die nicht in der Bilanz, der Gewinn- und Verlustrechnung und sonstigen Gesamtergebnisrechnung, der Eigenkapitalveränderungsrechnung und der Kapitalflussrechnung ausgewiesen werden, die jedoch für das Verständnis derselben relevant sind. Mit dieser Vorschrift verlangt der IASB vom Rechnungslegenden auch Erläuterungen, "wenn einzelne Standards bezüglich bestimmter Transaktionen und Sachverhalte keine hinreichenden Aussagen über die Auswirkung auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erlauben."
Rz. 4a
Im Unterschied zur überwiegend vorherrschenden Meinung in der handelsrechtlichen Rechnungslegung besitzt der Anhang nach IFRS generell keine Korrekturfunktion. Sofern in äußerst seltenen Fällen eine bestimmte Anforderung eines IFRS bzw. IAS (oder eines auf der gleichen Ebene wie die IFRS/IAS stehenden IFRIC bzw. SIC) so irreführend wäre, dass es zu einem Konflikt mit der Zwecksetzung des Abschlusses käme, ist von dieser bestimmten Anforderung eines IFRS/IAS (oder eines IFRIC bzw. SIC) abzuweichen, sofern die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen eine solche Abweichung zulassen. Zusätzlich sind in diesem Falle die nach IAS 1.20 vorgeschriebenen ergänzenden Angaben (u. a. Angabe der aus Sicht des Managements irreführenden Vorschrift sowie die Auswirkungen bei hypothetischer Anwendung dieser als irreführend eingestuften Vorschrift) im Anhang zu machen.
Allein in dem Falle, dass die geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen (insbesondere Landesrecht) eine Abweichung von den IFRS/IAS bzw. IFRIC/SIC-Normen selbst in dem Falle untersagen, dass durch die Beachtung einer einzelnen Norm ein Widerspruch zur Zwecksetzung des IFRS-Abschlusses vorläge, sind die IFRS/IAS bzw. IFRIC/SIC in Bilanz und (Gesamt-)Ergebnisrechnung vollständig zu befolgen. Um in einem solchen Fall die Wirkung des als irreführend erachteten Aspekts bestmöglich zu verringern, hat das Unternehmen im Anhang die folgenden zusätzlichen Angaben zu machen:
- Bezeichnung und Begründung der aus Sicht des Managements als irreführend eingestuften Vorschrift sowie
- Angabe der Anpassungen, die nach Ansicht des Managements bei jedem Posten zur Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes erforderlich wären. In diesem besonderen Falle kann der IFRS-Anhang ausnahmsweise eine korrektive Qualität besitzen.