Karl-Heinz Steinke, Dr. Walter Schmidt
Wir haben 15 Trends für den Weg zum Controlling 4.0 ausgemacht, die wir in 5 Gruppen strukturieren (s. Abb. 15).
Abb. 15: Erkennbare Trends auf dem Weg zum Controlling 4.0
Dabei erzeugen manche Trends – wie z. B. die Differenzierung von Informationsfabrik und individueller Beratung und Problemlösung – zugleich auch Spannungsfelder, die Konflikte hervorrufen können. Der Weg zum Controlling 4.0 wird auch mit bisher nicht in dieser Weise erlebten Schwierigkeiten gepflastert sein. Und es ist hilfreich, sich rechtzeitig darauf vorzubereiten.
4.1.1 Veränderungen in der Orientierung des Handelns
Volatilität und schneller Wandel erfordern Agilität und Flexibilität im Handeln.
Planung als gemeinsame Willensbekundung
Die sich schnell wandelnde und volatile Welt erlaubt es nicht mehr, sich eindimensional auf starre und ausschließlich finanzielle Ergebnisse zu fixieren. Der Planungsprozess wird zunehmend von Szenarien und stochastisch ermittelten Bandbreiten bestimmt werden. Die Planung verändert sich somit von einer "Berechnung erwarteter Leistungen und Kosten" in Richtung Organisation und Gestaltung einer "Willensbekundung" über gemeinsam anzustrebende Ergebnisse. Der Fokus verlagert sich von der Umsetzung fixierter Vorgaben auf die Stärkung von Agilität und Flexibilität der Teams bei der Realisierung oder Anpassung vereinbarter Ziele.
Verbindender und verbindlicher Rahmen für eigenständige Agilität
Agilität – die Fähigkeit einer Organisation, in Zeiten des Wandels und der Unsicherheit flexibel, aktiv, anpassungsfähig und mit Initiative zu agieren – ist einer der Schlüsselfaktoren für ein effektives und effizientes Controlling. An die Stelle enger Korsette treten eher dynamische Leitplanken sowie verbindliche und verbindende Regeln für die Kooperation eigenständiger Organisationseinheiten. Der Controller hat in diesem Umfeld die Aufgabe, die Planungs-, Steuerungs- und Informationssysteme an die veränderten Erfordernisse anzupassen.
Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell
Das Selbstverständnis von Nachhaltigkeit als chancenreiches Geschäftsmodell ist im Alltag angekommen und verbreitet sich zunehmend. Gleichrangig und sich gegenseitig bedingend müssen ökonomische, ökologische und soziale Nachhaltigkeit i. S. e. gesellschaftlich verantwortbaren Wirtschaftsweise aufeinander abgestimmt werden. Darauf muss sich das Controlling einstellen und die erforderlichen Veränderungen vorantreiben. Dies darf sich nicht auf Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Zuarbeiten zu Nachhaltigkeitsberichten beschränken. Es geht vor allem um eine integrative Steuerung der Nachhaltigkeit in allen Dimensionen des Geschäfts.
4.1.2 Veränderung im Verhalten
Erfolgsorientierte Teams handeln proaktiv und steuern sich weitgehend selbst.
- Proaktives Handeln und Teilhabe der Beteiligten: Die fortschreitende Vernetzung und Digitalisierung aller Lebensbereiche fördert und erfordert eigenständiges agiles Verhalten in sich häufig verändernden Situationen. Die alten pyramidenförmigen Hierarchien brechen allmählich auf und weichen flexiblen "Zellstrukturen" sich selbst organisierender Teams in "atmenden" Fabriken, Organisationen und Verwaltungen. Dieser veränderten Art der Zusammenarbeit muss das Controlling Orientierung und Leitplanken geben.
- Eigene Verantwortung für Zielabweichungen: Selbstorganisation verlagert die Verantwortung für konsequentes Verhalten in die Teams. Daher müssen auch Zielabweichungen von den Teams verantwortet werden. Gutes Controlling stellt allen Beteiligten hierfür einen Rahmen zur Verfügung, mit dem sich die konkrete Verantwortung teambezogen adressieren lässt. Führung mit Zielen bietet dafür eine Basis, wenn es die Menschen mit Informationen und spezifischen Kennzahlen zur Selbststeuerung versorgt. Dadurch wird Verantwortung nachvollziehbar und zugleich eingefordert.
- Erfolgsorientiertes Verhalten eigenständiger Teams: Je eigenständiger Menschen in Unternehmen oder Organisationen zusammenarbeiten, umso wichtiger wird erfolgsorientiertes Verhalten vor Ort. Hierzu gehören eine genaue Erfassung der Leistungen und eine leistungsgerechte Bewertung, z. B. Service Level Agreements oder andere Formen der innerbetrieblichen Leistungsverrechnung. Und es muss eine Kultur leistungsbezogener Transparenz fordern und fördern, ohne die Erfolgsorientierung im Kontext von Eigenständigkeit und Selbstorganisation der Teams nicht funktioniert. Das erfordert die schrittweise Entfaltung der neuen Kernkompetenz des Controllings: der zielorientierten Moderation und Koordination des Zusammenwirkens vielfältiger Teams.
4.1.3 Veränderungen im Umgang mit Daten
Die zunehmende Datenflut erfordert erweiterte Analysefähigkeiten des Controllers.
- Neue Qualität der Datenstrukturierung: Die Datenflut wächst mit exponentieller Geschwindigkeit. Die Herausforderung für das Controlling besteht in der Transformation dieser Datenflut in empfängergerechte und entscheidungsorientierte Informationen. Gefordert ist eine deutliche Erweiterung der Analysefähigkeiten im Controlling. Die Auswertung von in Echtzeit vorliegenden Sensordaten oder unstrukturierten Daten aus sozialen Medien gehören hier ebenso dazu wie die erwe...