Alexander Schlüter, Dipl.-Ing. Rolf Schlüter
1.1 Ziele und Funktionen des Logistikcontrollings
Kostenminimierung, Effizienz- und Effektivitätssteigerung
Nicht zuletzt durch die Digitalisierung sind heutzutage auch in der Logistik Real-Time-Daten verfügbar, etwa hinsichtlich Prozesssteuerung, Abfertigungsraten, Lagerverfügbarkeit, Planungsprozessen usw. Der Controllingschwerpunkt innerhalb der Logistik bezieht sich insbesondere auf Kostenminimierung und Effizienz- bzw. Effektivitätssteigerung. Verfügbare Lagerkapazitäten sollen immer möglichst optimal genutzt werden – verschenkte Lagerfläche ist letztlich auch verschenkter Umsatz.
In der Theorie haben sich 3 übergeordnete Ansätze durchgesetzt, die die Aufgabe des Logistikcontrollings näher beschreiben wollen.
- Die Funktion der Transparenzschaffung bezieht sich v. a. auf eine zielgerichtete und effiziente Kosten- und Leistungssteuerung.
- Die Informationsversorgungsfunktion soll Führungskräften die Koordination von (Teil-)Systemen ermöglichen.
- Der dritte Ansatz fasst das Logistikcontrolling als eine Form der Führung, innerhalb derer das Hauptaugenmerk auf die Einhaltung von Unternehmenszielen aus dem Blickwinkel untergeordneter logistischer Ziele gelegt wird.
Aus der Sicht eines produzierenden Unternehmens ist das übergeordnete Ziel des Logistikcontrollings die möglichst effiziente Bereitstellung von Materialien, Zwischen- und Fertigprodukten. Das bedeutet, dass die geforderten Güter in der richtigen Menge und Qualität zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort bereitstehen müssen.
1.2 Beliebte Kennzahlen des Logistikcontrollngs
Im Folgenden werden nun die gängigsten Kennzahlen des Logistikcontrollings vorgestellt.
Lieferbereitschaftsgrad
Eine der wohl am häufigsten eingesetzten Kennzahlen ist der sog. Lieferbereitschaftsgrad. Er beschreibt das Verhältnis der termingerecht ausgelieferten Bedarfsanforderungen zur Gesamtzahl der Bedarfsanforderungen (s. Abb. 1). Bei der Bestimmung des Lieferbereitschaftsgrads werden auch Lagerkosten und entsprechende Sicherheitsbestände miteinbezogen. Dafür muss jedoch zunächst der optimale Lieferbereitschaftsgrad des Unternehmens ermitteln werden, der sich aus der kleinsten Summe der potenziellen Fehlmengen- und Lagerkosten der Sicherheitsbestände quantifizieren lässt. Dabei muss das Logistikcontrolling indes beachten, dass es auch gegenläufige Kennzahlen gibt, wie bspw. die Zielanforderung "Möglichst hoher Lieferbereitschaftsgrad" im Gegensatz zu "Möglichst geringer Bestand an Zwischenprodukten". Es gilt also, aus den Zielvorgaben des Top-Managements geeignete Kennzahlen zur Steuerung und Kontrolle dieser Ziele abzuleiten, wobei die Wirtschaftlichkeit dabei stets im Vordergrund stehen muss. Ein optimaler Lieferbereitschaftsgrad sollte bei 99 % liegen.
Abb. 1: Lieferbereitschaftsgrad
Beschränkung auf wenige, aussagekräftige Kennzahlen vermeidet Konflikte
Kennzahlenkonflikte lassen sich nicht immer vermeiden, sollten jedoch möglichst durch spezifische Maßnahmen im Sinne des Logistik-Erfolgsziels entschärft werden. Besonders deutlich wird dies bei den Kennzahlen Fehlteilrate, Durchlaufzeit, Kapazitätsauslastung, Bestände und Logistikkosten.
Abb. 2 zeigt die gängigsten Kennzahlen aus dem Bereich des Logistikcontrollings und ihre Berechnung. Die Gesamtumschlagshäufigkeit der Bestände gibt an, wie oft Ware abverkauft wird. Je höher die Umschlagshäufigkeit, umso effektiver ist der Kapitaleinsatz zur Finanzierung der Vorräte. Aus der Bilanz und GuV lässt sich die Umschlagshäufigkeit auf Produktgruppen bzw. einzelne Produkte herunterbrechen. Die Kennzahlen Wiederbeschaffungszeit und Termintreue haben hier zwar nur eine sekundäre Bedeutung, sollten aber bei Routine-Checks und außerordentlichen Prüfungen dringend abgefragt werden. Bspw. kann das Nichteinhalten von Terminen einen starken Image-Schaden wegen Unzuverlässigkeit nach sich ziehen (mehr dazu in Kap. 2.4).
Abb. 2: Nützliche Kennzahlen für das Logistikcontrolling
1.3 Kennzahlen der Materialwirtschaft schaffen ebenfalls einen Mehrwert
Kennzahlen aus dem Bereich der Materialwirtschaft sind für das Logistikcontrolling von Interesse, da sie eine ausführlichere Analyse und Kontrolle sowie die Realisierung von Effizienzpotenzialen ermöglichen, auch an Stellen untergeordneter Bedeutung. Beispiel: Muss ein Spediteur lange auf die Warenannahme warten, weil diverse Lieferungen noch vor ihm abgewickelt werden, so deutet dies auf ein ineffizientes Terminmanagement hin.
Dabei erlaubt der Lagerkapazitätsauslastungsgrad eine effektive und langfristige Planung des Lagers im Vorfeld, sodass eine Überbelegung vermeidbar ist. Dieser Grad lässt sich noch weiter unterteilen, um etwa Kapazitäten für Waren oder Rohstoffe abzuschätzen, sodass diese dann intern mit möglichst kurzen Wegen im Handling bewegt werden können. Wegeoptimierung in der Lagerplanung bedeutet nicht zuletzt auch eine Zeit- und damit Kostenersparnis. Weitere Kennzahlen aus der Materialwirtschaft und ihre Berechnung sind in Abb. 3 dargestellt.
Abb. 3: Kennzahlen der Materialwirtschaft