Die Zuschlagskalkulation und mit ihr der Betriebsabrechnungsbogen ist in einer Zeit entstanden, als die Einzelkosten, z.B. Material und Fertigungslöhne, domierten. Damals betrug das Verhältnis von Einzel- zu Gemein- oder Fixkosten oft 9:1 oder 8:2. Heute ist es zumindest in Dienstleistungsunternehmen oder auch in Betrieben mit hohem Automatisierungsgrad fast umgekehrt. Damit stellt sich die Frage, ob mit dem System an sich noch hinreichend genaue Zuschlags- und Verrrechnungssätze gebildet werden können oder nicht. Ein großes Problem ist z.B., dass der Anteil klassicher Fertigungslöhne in der Produktion mit zunehmender Automatisierung zurückgeht. Damit werden steigende Gemeinkosten ins Verhältnis zu sinkenden Löhnen gesetzt. Von einem kausalen Zusammenhang kann man hier oft kaum noch sprechen; die Ungenauigkeiten werden einfach zu groß. Für die Praxis bedeutet das, dass man das klassische System in Teilen modifizieren muss. Beispielsweise durch den Ausbau zu einer Maschinenstundensatzrechnung, bei der die Gemeinkosten nicht mehr bzw. nur noch zu geringen Teilen auf die Löhne bezogen werden, sondern auf Maschinenlaufzeiten. Damit kann zumindest in der Produktion wieder eine bessere Genauigkeit erreicht werden. Für anderen Bereiche mit hohen Fixkostenanteilen, etwa Einkauf, Vertrieb, andere administrative Einheiten oder die Geschäftsführung bleibt das Problem aber grundsätzlich bestehen. Hier gibt es in der Praxis die Prozesskostenrechnung, bei der die Gemeinkosten auf wichtige einzelne Tätigkeiten heruntergebrochen werden, und man versucht, die Kosten zu ermitteln, die für einzelne Arbeiten entstehen. Die Kosten für eine Tätigkeit werden dann mit der Anzahl der z.B. von einem Auftrag in Anspruch genommenen Tätigkeiten multipliziert und man kann so mit genaueren Werten kalkulieren..
Das folgende stark vereinfachte Beispiel für den Einkauf zeigt die Funktionsweise: Angenommen, es gibt im Einkauf die Tätigkeiten "Lieferantenauswahl", "Bestellungen durchführen" und "Reklamationen bearbeiten" und die Gemeinkosten im Einkauf betragen 103.500 Euro. Um zu realistischen Prozesskosten zu kommen, muss erfasst werden, wie lange es dauert, um z.B. Lieferanten auszuwählen, Bestellungen durchzuführen usw. und wie oft eine bestimmte Tätigkeit in einer Abrechnungsperiode vorkommen. Im Beispiel stellt sich heraus, dass im Abrechnungszeitraum 10 Lieferanten ausgewählt werden, und hierfür 100 Arbeitsstunden anfallen. Darüber hinaus fallen 2.600 Bestellungen an, deren Bearbeitung 1.300 Stunden beansprucht. Außerdem müssen 50 Reklamationen bearbeitet werden. Hierfür braucht der Einkauf 30 Stunden. Zusammen werden also 1.380 Arbeitsstunden benötigt, um alle Tätigkeiten durchzuführen. Die Kosten pro Stunde belaufen sich demnach auf 75 Euro. Um die Prozesskosten z.B. für die Bestellungen zu berechnen, wird die benötigte Arbeitszeit von 1.300 Stunden durch die Anzahl der Bestellungen dividiert und mit dem ermittelten Stundensatz multipliziert. Das Ergebnis ist, dass die Bearbeitung einer Bestellung Kosten von 150 Euro (2.600/1.300 * 75 Euro) entstehen.
Mit der Prozesskostenrechnung ist eine deutlich höhere Genauigkeit bei der Verrrechnung der Gemeinkosten möglich. Es entsteht aber ein erheblich größerer Arbeitsaufwand, da nicht nur Tätigkeiten beschrieben und die Bearbeitungszeiten hierfür erfasst werden müssen. Im vereinfachten Beispiel wurden weitere notwendige Arbeitsschritte, wie z.B. die Ermittlung von Teil- und Hauptprozessen, nicht berücksichtigt. Meist steht der zusätzliche Arbeitsaufwand daher nicht im Verhältnis zum Nutzen, den die Prozesskostenrechnung bringt, was in der Praxis bei mittelständischen Unternehmen dazu führt, dass die klassissche Zuschlagskaluklation lediglich modifiziert und ausgebaut wird, etwa zur Maschinenstundensatzrechnung. Für die anderen Bereiche, etwa Einkauf, Verwaltungsstellungen und Vertrieb, bleibt man dann bei der bisherigen Vorgehensweise. In kleineren Betrieben genügt es fast immer, mit ungenaueren Bezugsgrößen und Verrechnungssätzen zu arbeiten. Man muss daher immer bewusst sein, dass die mathematisch korrekt berechneten Preise auf Grund der Ungenauigkeiten bei der Wahl der Verrechnungssätze und Bezugsgrößen Schwankungen von +/- 10% aufweisen können. Ohnehin sollte die Kalkulation immer nur als ein - wenn auch wichtiger Bestandteil der Preisfindung angesehen werden. Denn es spielen ja stets weitere Faktoren eine Rolle, z.B. das Wettbewerberverhalten, psychologische Aspekte bei der Preisgestalltung (z.B. 79 Euro statt 78,27 Euro) oder die eigene Marktmacht.