Prof. Dr. Klaus Möller, Thomas Gackstatter
Wie in Kapitel 2.1 verdeutlicht, ist der Begriff der Prozessorientierung vielschichtig und umfasst verschiedene Charakteristika und Dimensionen. In der wissenschaftlichen Literatur gibt es bereits einige Arbeiten zu Prozessorientierung im Controlling. Im Rahmen einer empirischen Untersuchung zu strukturellen Begebenheiten und Steuerungsansätzen unter Berücksichtigung auch von Praktiken der Prozessorientierung in der Finanzorganisation hat der Lehrstuhl für Controlling/Performance Management der Universität St. Gallen eine empirische Umfrage in Deutschland, Österreich und der Schweiz durchgeführt. Unter anderem wurde explizit auch die Controllingorganisation adressiert.
Hypothese des Nutzens einer Standardisierung
Entsprechend der Zielsetzung des vorliegenden Beitrags wird im Folgenden die Beziehung zwischen standardisierten Prozessen im Controlling und dem Nutzen von Controllinginformationen untersucht. Prozessstandardisierungen in Unternehmen sind allgemein mit Fehlerreduktion, erhöhter Leistung, geringeren Kosten und verkürzter Prozessdurchlaufzeit verbunden. Informationen als Output der Controllerarbeit können somit durch höhere Genauigkeit und Zuverlässigkeit an Entscheidungsrelevanz und Nutzen gewinnen. Da Prozesse durch IT unterstützt werden, erlauben standardisierte Prozesse auch einheitliche IT-Systeme in Unternehmen. Somit ist ein erhöhter Entscheidungsnutzen von Controllinginformationen im Angesicht stärkerer Prozessorientierung in Unternehmen anzunehmen.
Methodologie
Im Rahmen der Umfrage wurde aus der Amadeus-Datenbank eine Liste von 449 deutschen, österreichischen und schweizerischen Unternehmen gewonnen, die um weitere börsengelistete Unternehmen angereichert wurde. Zielgruppe der kontaktierten Unternehmensvertreter waren Manager aus dem Finanzbereich, die möglichst eine Leitungsfunktion innehatten, über Erfahrungen im Finanzbereich verfügten und dabei vornehmlich im Controlling oder Accounting arbeiteten. Dies sollte die erfolgreiche Beantwortung des Fragebogens mit Bezug zu verschiedenen Funktionen in der Finanzorganisation gewährleisten. Die Umfrage schloss Ende 2016 und resultierte in 59 komplett ausgefüllten Fragebögen, was einer Antwortquote von 13 % entspricht. Die teilnehmenden Unternehmen weisen einen durchschnittlichen Jahresumsatz von ca. 6 Mrd. Euro aus und beschäftigen im Schnitt etwa 20.000 Mitarbeiter. Mit etwa einem Viertel der teilnehmenden Unternehmen kam in der gesammelten Stichprobe die größte Teilnehmergruppe aus der Industriebranche ("industrials") gemäß Reuters-Klassifikation.
Konstrukte und Analyse
Zur Einschätzung der Prozessorientierung im Controlling mussten Umfrageteilnehmer auf einer Skala von 1 (gar nicht) bis 5 (komplett) angeben, inwieweit Controllingprozesse in ihrem Unternehmen standardisiert sind. Das Konstrukt des Entscheidungsnutzens der Controllinginformationen in den befragten Unternehmen wurde durch verschiedene Dimensionen und Fragen (Items) bezüglich Reliabilität, Entscheidungsnützlichkeit und Relevanz operationalisiert. Hierzu mussten die Teilnehmer auf einer Skala von 1 (trifft gar nicht zu) bis 5 (trifft voll zu) angeben, inwieweit Controllinginformationen tatsächlich und zuverlässig wiedergeben, was sie vorgeben wiederzugeben, und inwieweit sie nützlich und relevant für die Arbeit ihrer Nutzer sind. Die hier dargelegten Ausführungen sind sinngemäße Übersetzungen des in englischer Sprache versendeten Fragebogens.
Untersuchter Pfad |
Vermuteter Zusammenhang |
Standardisiertes Beta |
t-Wert |
p-Wert |
Prozessstandardisierung -> Entscheidungsnutzen |
+ |
0,241* |
1,878 |
0,065 |
*p<0.10, **p<0.05, ***p<0.01 (zweiseitiger Test), N=59 |
Tab. 1: Regressionsanalyse der untersuchten Beziehung
Implikationen
Die Regressionsanalyse konnte einen positiven Zusammenhang zwischen einer verfolgten Standardisierung von Prozessen im Controlling und dem Entscheidungsnutzen von Informationen, die in der Controllingabteilung produziert werden, belegen. Standardisierte Prozesse führen demnach auch im Controlling zu signifikanten Erfolgswirkungen. Der gezeigte positive Zusammenhang unterstreicht gleichzeitig die Relevanz und Effektivität von verfügbaren Prozessstandards, die das Ziel haben, Unternehmen bei der Etablierung von einheitlichen Controllingprozessen Unterstützung zu leisten und somit effektiv eine zunehmende Prozessorientierung treiben.