Wie eingangs beschrieben erfolgt die Planung der Funktionen (z. B. Vertrieb, Produktion, Finanzen) meist parallel zueinander, nur lose verbunden mit gelegentlichen Abstimmungspunkten. Fehlende Überleitbarkeit und Inkonsistenzen sind die Folge. Durch die Integration von Prozessen (funktional und finanziell) und Zeithorizonten (kurz-, mittel- und langfristig) können diese Schwachstellen überwunden werden.

4.1.1 Zusammenwachsen von operativer und finanzieller Steuerung

Der Grundgedanke der digitalen Planung ist, dass die operative (funktionale) und finanzielle Steuerung wieder stärker zusammenwachsen (s. Abb. 1). Operative Pläne wie Einkaufs-, Produktions- und Demand-Plan sind nicht mehr losgelöst von der finanziellen Planung, sondern eng mit dieser verknüpft.

Abb. 1: Grundgedanke: Integration der Steuerungsebenen

Um dieses Zusammenwachsen zu ermöglichen, werden zwischen den verschiedenen operativen sowie den finanziellen Prozessen feste Übergabepunkte definiert. Beispielhaft hierfür ist die Übergabe von Volumina und Vertriebsregionen je Produkt(-gruppe) des Vertriebs an die Produktion, einschließlich Aktualisierungen, wenn sich Inhalte ändern.

Die Verzahnung der finanziellen Planung ("Unternehmensplanung") mit den einzelnen funktionalen Teilplänen erfolgt über Treiberlogiken. Treibermodelle gliedern die finanziellen Steuerungsinstrumente GuV und Bilanz in ihre wesentlichen Einflussfaktoren. Diese liegen in den verschiedenen Funktionen und Fachbereichen (z. B. Absatzmengen aus dem Vertrieb oder Produktivitätsentwicklungen in der Produktion). Durch die mathematische Verknüpfung im Treibermodell lassen sich die einzelnen Teilpläne verdichten; wechselseitige Abhängigkeiten zwischen den Funktionen lassen sich ebenfalls berücksichtigen.

4.1.2 Zusammenwachsen unterschiedlicher Zeithorizonte

Neben der fehlenden inhaltlichen Überleitbarkeit der verschiedenen Steuerungsprozesse werden jeweils auch unterschiedliche zeitliche Horizonte zugrunde gelegt. Vertriebs- oder Beschaffungs-Forecasts haben einen kurzfristigen Horizont, finanzielle Forecasts oder das Target Setting in der Planung hingegen mittel- bis langfristige Horizonte.[1] Eine einfache Übernahme der operativen, kurzfristigen Forecasts mit 1- bis 3-monatigem Horizont in einen finanziellen Forecast auf das Geschäftsjahresende ist nicht ohne weiteres möglich. Die fehlenden Perioden bis zum Geschäftsjahresende müssen ergänzt werden. Darüber hinaus berücksichtigt ein operativer Forecast aus der Funktion einige rein finanzielle Sachverhalte nicht, wie bspw. Abgrenzungen oder Rückstellungen.

Die Integration der abweichenden zeitlichen Horizonte, z. B. zwischen operativem und finanziellem Forecast, erfolgt durch automatisierte Fortschreibungen bzw. intelligente Analytics-Methoden. Die Berücksichtigung spezifischer finanzieller Effekte, wie bspw. Dividendenzahlungen, Abgrenzungen, Wertberichtigungen, erfolgt durch eine separate Anpassungsschicht im Forecast (s. Abb. 2).

Abb. 2: Integration unterschiedlicher Zeithorizonte

[1] Vgl. Kappes/Leyk, 2018.

4.1.3 Finanzieller Forecast als "intelligentes Nebenprodukt"

Wenn sowohl die prozessuale, inhaltliche als auch zeitliche Integration der operativen und finanziellen Steuerung vollzogen ist, können finanzielle Forecasts als "Nebenprodukt" der funktionalen Forecasts generiert werden. Die funktionalen Forecasts werden über eine Treiberlogik in den Finanz-Forecast (GuV, Bilanz) verdichtet und als Vorschlagswerte bereitgestellt. Der Finanzbereich kann diese Vorschlagswerte hinterfragen und bei Bedarf manuelle Anpassungen für finanzielle Effekte vornehmen. In diesem Zusammenhang lassen sich auch definierte Maßnahmen, die der Erreichung des vorgegebenen Ziels bzw. Budgets dienen, transparent in den Forecast-Wert einpreisen.

Beispielhaft für einen deutlichen Schritt in Richtung eines automatisierten und finanziellen Forecasts steht bei einem Unternehmen die Verknüpfung von S&OP (Sales & Operations Planning) mit dem finanziellen Forecast. Auf Basis der monatlich stattfindenden Vertriebs- und Produktionsplanung kann der finanzielle Forecast weitestgehend automatisiert werden.

Ausgangspunkt ist die lokale Vertriebsplanung. Diese liefert neben Umsatz auch standardisiert COGS (Cost of Goods Sold) für den finanziellen Forecast. Die Produktionsplanung auf lokaler Ebene setzt ebenfalls auf diesem Plan auf. In einer integrierten Abstimmungsrunde aus Vertrieb, Produktion und Finanzbereich werden Konflikte zwischen den Parteien besprochen und Maßnahmen für die operative Steuerung erarbeitet.

Durch die Kombination der angelieferten operativen Informationen (Umsatz, Herstellkosten) und die vereinfachte Fortschreibung sonstiger Kostenpositionen (F&E, Verwaltungskosten) wird der finanzielle Forecast errechnet. Der hieraus bereits mit Maßnahmen hinterlegte finanzielle Forecast dient dem Top-Management als Steuerungsinstrument mit allen steuerungsrelevanten Informationen (operativ und finanziell).

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