Identifizierte "Pain Points" im Planungsprozess
Wanzl ist digitaler und technologischer Innovationsführer in puncto Retail Solutions, verfügt über 4 Geschäftsmodelle und verkauft jährlich über 45.000 Artikel. Von smarten Einkaufswagen und Warenpräsentationssystemen über digitale Lösungen bis hin zu Ladenbaukonzepten ist Wanzl hierbei Weltmarktführer für den Lebensmitteleinzelhandel. Frank Bauer, Senior Vice President Group Finance & Controlling, erläuterte detailliert die bisherigen Herausforderungen und die Verbesserungen durch die Neugestaltung des Planungsprozesses.
In der Grobkonzeptphase des Projekts wurden zu Beginn unter anderem folgende "Pain Points" in Interviews mit entsprechenden Stakeholdern identifiziert:
- Strategie nicht im Planungsprozess integriert,
- keine Top-down-Vorgaben in der Planung,
- keine integrierte Bilanzplanung sowie keine Cashflow-Planung vorhanden,
- kein integrierter Prozess mit sachlogisch aufeinander abgestimmten Planungsprozessen (unabgestimmte Teilpläne),
- keine Absatzmengenplanung (Umsatzplanung kann nicht als Ausgangsbasis für die Kapazitätsplanung der Produktion verwendet werden).
Die heute noch laufende Neugestaltung zielt darauf ab, die "Pain Points" im Planungsprozess zu eliminieren. Die entsprechenden Lösungsbausteine sind nachfolgend beschrieben.
Steuerungslogik und integriertes Planungsmodell
Der Neugestaltung des Planungsprozesses ist die Konzeption der Steuerungslogik vorausgegangen. Hierbei wurden
- der Steuerungsanspruch ("Wie soll gesteuert werden?"),
- die Steuerungsobjekte ("Was soll gesteuert werden?") und
- die Steuerungsinstrumente ("Womit soll gemessen und gesteuert werden?")
definiert. Das entstehende Steuerungskonzept fungiert u. a. als Basis für eine erfolgreiche Ausgestaltung und Steuerung der Planung. Wanzl hat folglich die Planungstiefe an die Steuerungslogik angepasst: Plandaten werden nur auf der Ebene erstellt, auf der auch gesteuert wird. So wird z. B. in der Kundensicht – als ein elementares Steuerungsobjekt – bis zum Deckungsbeitrag 2 geplant und gesteuert. Weitere Kosten, wie z. B. Prototypen und kundenspezifische Projekt- und R&D-Kosten, werden ohne Kundendimension geplant und als Ist-Daten zur Verfügung gestellt.
Die in bisher 3 Wellen durchgeführte Neugestaltung fokussierte zu Beginn die GuV (Ablauf siehe Abb. oben). Im ersten Schritt wurde zusätzlich zum bisher vorhandenen Gesamtkostenverfahren (GKV) das Umsatzkostenverfahren (UKV) in die Planung integriert. Aufgrund der Tatsache, dass Wanzl täglich Produkteinführungen realisiert, ist der entsprechende Fokus auf die Herstellkosten mithilfe des UKVs essenziell. Das neue Planungsmodell kann dabei aus den Eingabemasken heraus sowohl den GKV- als auch UKV-Planwürfel befüllen. Hierbei führt der höhere Detailgrad in der Funktionskostenplanung für die Vertriebsgesellschaften einen überschaubaren Mehraufwand herbei. Zudem ist eine vertriebsseitige Mengenplanung aufgrund des Geschäftsmodells nicht sinnvoll möglich, weshalb Mengen und Kapazitätsbedarfe indirekt abgeleitet werden. Täglich neue Produkteinführungen und wechselnde Kundenbedarfe ("Der Kunde bekommt, was er will"), ermöglichen keine akkurate bzw. verlässliche Mengenplanung. Diese wird daher weiterhin ein ungelöster "Pain Point" bleiben.
Nachdem im zweiten Schritt die Intercompany Planung als wesentliches Element eingeführt wurde, konnte aufbauend im dritten Schritt die integrierte Bilanzplanung aufgesetzt werden. Hierbei wird z. B. das geplante Anlagevermögen mit der Investitionsplanung sowie mit der GuV (Abschreibungen) verlinkt oder die liquiden Mittel aus der Cashflow-Planung abgeleitet. Nur wenige Konten, wie Firmenwert oder Rückstellungen, müssen zusätzlich manuell geplant werden.
Darauf aufbauend ist die automatisierte und indirekte Cashflow-Planung auf Basis von Bilanz und GuV aufgesetzt. Einzig die Firmenzentrale hat die Möglichkeit, Korrekturen vorzunehmen. Die Übernahme der berechneten liquiden Mittel in die Bilanzplanung schließt folglich den Integrationskreis. Abschließend sei noch anzumerken, dass alle aufgeführten Änderungen immer für alle Gesellschaften gleichzeitig umgesetzt wurden.
Erkenntnisse und Ausblick
Wanzl hatte primär das Ziel, den Planungsprozess an das Steuerungskonzept und die geänderte Ist-Welt möglichst effizient anzupassen. Die Detailtiefe und der Umfang der Planung sind zwar infolgedessen gestiegen, jedoch haben die Integration der Prozesse und die Einführung von Top-down-Zielen für Umsatz und EBIT die Effizienz der Planung erhöht. Den Planungsprozess hat Wanzl weitestgehend im BI-System (Cubeware) abgebildet. Hierbei ist die Top-down-Vorgabe für die Planung einer der wenigen verbliebenen Excel-basierten Prozesse.
Man kann davon ausgehen, dass viele andere produzierende Unternehmen ebenfalls mit den identifizierten Herausforderungen konfrontiert sind. Wanzl hat mit dieser sukzessiven Neugestaltung seines Planungsprozesses beispielhaft gezeigt, wie die Herausforderungen bewältigt werden können. Und obwohl Wanzl die meisten Ziele erreicht hat, wird die Neugestaltung weiter vorangetrieben. Neben einer verbesserten Strategieintegration wird die Szenariobildung inkl. Simulationen als nächster Meilenstein anvisiert. Für die Weiterentwicklungen ist mit dem integrierten Planungsmodell das Fundament bereits gelegt.