Dominik Schwyter, Dipl.-Volksw. Andreas Schwenzer
4.1.1 Festlegung des Akquisitionsmotivs
Nachdem die grundlegenden Unternehmensziele und die Investitionsstrategie bestimmt wurden, muss ein kritischer Pfad zu deren Umsetzung festgelegt werden (= "Akquisitionsstrategie"). Dieser Schritt ist fundamental für die Vorbereitung des Deals und sollte in einem angemessenen zeitlichen Horizont mit genügend Vorlaufzeit durchgeführt werden. Die Akquisitionsstrategie orientiert sich dabei an der Investitionsstrategie, in der durch eine Unternehmens- und Marktanalyse, bspw. eine Stärken-Schwächen- und Chancen-Risiken-Analyse oder einer Analyse nach Porters 5 Forces, die Ist-Position des eigenen Unternehmens beschrieben wird. Innerhalb der Investitions- und Wachstumsstrategie eines Unternehmens, repräsentiert die Akquisitionsstrategie die Verfolgung des Ziels anorganischen Wachstums. Abb. 4 zeigt dabei einen übergeordneten Aufbau und die Eingliederung der Akquisitionsstrategie in die Unternehmensstrategie.
Abb. 4: Die Akquisitionsstrategie innerhalb eines Unternehmens
In dem folgenden Beispiel aus der Praxis wird die Wahl der Akquisitionsstrategie aus dem Motiv des Wachstums abgeleitet. In dem Praxisbeispiel handelt es sich um ein international tätiges Technologieunternehmen aus Deutschland mit einem starken Fokus auf die Produktion von Hardware. Aufgrund der zunehmenden Konkurrenz aus Asien und der dadurch deutlich verkleinerten Margen im bestehenden Geschäftsbereich besteht Handlungsbedarf, die Wertschöpfungskette zu erweitern. Ziel ist es, durch die Akquise eines Softwareunternehmens sowohl den Umsatz zu steigern und Synergien in der Kundenansprache zu heben als auch ein breiteres Produktportfolio anzubieten, um damit langfristige Kundenbindungen zu schaffen.
Im Gegensatz zum erwähnten Praxisbeispiel besteht häufig auch das Motiv der Konzentration, getrieben durch die Vergrößerung des Marktanteils und der etwaigen Akquisition eines direkten Konkurrenzunternehmens. Bei dem Motiv der Diversifikation handelt es sich um einen Technologiezukauf oder eine regionale Ausweitung des Geschäftsbereichs.
4.1.2 Identifikation möglicher Zielobjekte
Im nächsten Schritt wird beschrieben, wie mögliche Zielobjekte identifiziert werden, das sog. Screening. Dabei bietet es sich eine agile Projektmethodik an, in der durch Schleifen innerhalb des Screening-Prozesses verschiedene Stakeholder involviert werden können und etwaige Anpassungen im Prozess möglich sind.
Im Praxisbeispiel des Technologieunternehmens war die Definition und Beschreibung des Motivs fundamental für den anschließenden Screening-Prozess, um eine klare Abgrenzung zu schaffen und die Anzahl potenzieller Kandidaten aktiv zu steuern. Eine zu hohe Anzahl an Kandidaten führt zu dem Problem, dass die Kandidaten nicht ordnungsgemäß beurteilt werden können. Eine zu geringe Anzahl, oder sogar nur der Fokus auf ein Objekt, führt zu einer Einschränkung von Möglichkeiten und einer sehr geringen Erfolgsquote. Demnach ist es von großer Bedeutung, eine möglichst umfassende Voridentifikation entlang der strategischen Stoßrichtungen vorzunehmen. Im Projektteam wurden so ca. 700 Zielobjekte in einer Grobauswahl gelistet. Insbesondere in dynamischen Marktumfeldern wie der Softwarebranche ist eine ständige Wachsamkeit und kontinuierliches Screening von Objekten notwendig. Auch im M&A-Umfeld gilt: Erfolg ist gegeben, wenn Möglichkeiten und Glück auf eine ausreichende strategische Planung treffen. Der Erfolg oder Misserfolg eines M&A-Deals entscheidet sich dabei oft schon im strategischen Planungsprozess.
4.1.3 Analyse der identifizierten Zielobjekte
Bevor die Entscheidung getroffen werden kann, ob ein Unternehmen kontaktiert und eine detaillierte Analyse durchgeführt wird, bedarf es eines zweiteiligen Auswahlprozesses. In der Literatur werden die Inhalte des Prozesses oft unterschiedlich benannt und es besteht keine einheitliche Definition. Auch die Vorgehensweise kann abhängig von der jeweiligen Situation und dem Projekt variieren. Grundsätzlich kann der Auswahlprozess jedoch in Screening und Scoring unterteilt werden. Abb. 5 zeigt dabei eine klassische Struktur beispielhaft am Auswahlprozess eines Softwareunternehmens.
Abb. 5: Aufbau des Auswahlprozesses für Akquisitionsziele
4.1.4 Screening: Grobauswahl und Anwendung von K.O.-Kriterien
Eine erste Grobauswahl erfolgt durch die Schlagwortsuche in verschiedenen Datenbanken sowie durch den Kontakt zu Netzwerken und Beratern. Die definierten Schlagworte werden nahe an der Softwareindustrie, Softwaresystemen und den Tätigkeitsfeldern der Branche gewählt. Im nächsten Schritt des Projekts erfolgt der Screening-Prozess anhand standardgemäß definierter Kriterien. Je nach Projektart ändern sich die Kriterien, die als K.O.-Kriterien bezeichnet werden können. Im Allgemeinen sollten die Kriterien folgende Aspekte berücksichtigen:
- Industrie und Tätigkeitsfelder des Zielobjekts;
- geografische Lage;
- Größe des Unternehmens (Umsatz, Anzahl der Mitarbeiter, Marktwert etc.);
- Profitabilität und weitere finanzielle Kennzahlen;
- Risikopotenzial (Signifikante regulatorische und rechtliche Komponenten);
- gegebene Eigentumsverhältnisse.
Im Projektbeispie...