Zusammenfassung
Als Instrument zur Erfassung der konkreten kunden- und produktspezifischen Nachfrage spielt das Forecasting, besonders von Absatz und Umsatz, im Vertriebscontrolling eine besonders wichtige Rolle.
Auf Basis der Vertriebs-Forecasts können Maßnahmen eingeleitet werden, um Lücken zum Budget zu schließen (Gap-Analyse, Gap Closure).
Der Vertriebs-Forecast erfüllt dabei eine reine Prognosefunktion. Planerische Aspekte mit Zielvorgabefunktion spielen i. d. R. keine Rolle. Allerdings setzen häufig operative Realgüterprozesse wie Beschaffung und Fertigung auf Zahlen des Vertriebs-Forecast auf.
Besonders der rollierende Forecast kann diesbezüglich seine Stärken ausspielen, während ein periodischer Forecast des Rest-Geschäftsjahres nicht allen Anforderungen gerecht wird.
Der Rhythmus des Vertriebs-Forecastings (monatlich oder 1/4-jährlich) sowie seine Ausgestaltung (Betrachtungszeitraum, Detaillierungsgrad, Kennzahlen) hängen wesentlich von unternehmensspezifischen Faktoren wie Vertriebsvorlaufzeiten und Produktionszeiten ab.
Die Qualität des Vertriebs-Forecastings kann mit der Kennzahl "Forecast Accuracy" gemessen werden. Dabei sind Abweichungen in beide Richtungen als "schlecht" anzusehen, angestrebt wird die Punktlandung!
1 Forecasting im Vertrieb gewinnt an Bedeutung
Baustein der modernen Budgetierung
Das Konzept der modernen Budgetierung, welches in den letzten Jahren in einem Facharbeitskreis des Internationalen Controller Vereins (ICV) erarbeitet wurde, gibt Antworten auf die vielfach geäußerte Kritik an "klassischen" Budgetierungsprozessen, die von Konzepten wie Beyond Budgeting und Better Budgeting nicht oder nur unzureichend gegeben werden konnten. Besonders die mangelnde Flexibilität "klassischer" Budgets wurde dabei vielfach bemängelt. Das Konzept der modernen Budgetierung reagiert darauf mit der Gestaltungsempfehlung "Flexibilität", in welche u. a. die Faktoren "Unterjährige Reaktionsfähigkeit schaffen" und "Forecasting kontinuierlich durchführen" fallen (vgl. Abb. 1). Im Rahmen dieses Artikels soll beleuchtet werden, inwieweit Forecasts im Vertrieb dazu beitragen, Unternehmen flexibler aufzustellen und die unterjährige Reaktionsfähigkeit zu erhöhen.
Abb. 1: Die moderne Budgetierung
Forecasting im Vertrieb
Doch warum spielt Forecasting gerade im Vertrieb so eine große Rolle? Und warum hat das Vertriebs-Forecasting für die gesamte Planungslandschaft eines Unternehmens solch eine große Bedeutung? 3 Faktoren spielen hier eine wichtige Rolle:
- Absatzmarkt als Engpass
- Dynamische und schwankende Absatzmärkte
- Ambitionierte Budgetziele
Engpass Nachfrage
Heutzutage stellt die Marktnachfrage nach den Leistungen eines Produkts in den meisten Unternehmen den Engpass dar. Eine korrekte Prognose der erzielbaren Absatzmengen ist damit entscheidend für ein wirtschaftliches Agieren des Unternehmens am Markt, da somit zum einen eine Überproduktion nicht wirtschaftlich absetzbarer Produkte oder sogar der Aufbau von Überkapazitäten vermieden wird. Zum anderen werden mithilfe einer korrekten Prognose alle Marktpotenziale identifiziert, sodass auch das Risiko entfallender Umsätze wegen Minderproduktion minimiert wird. Von allen Beteiligten im Unternehmen ist der Vertrieb am besten in der Lage, auf Basis von Kundengesprächen, Vorbestellungen und Auftragseingang diese korrekte Prognose zu liefern.
Steigende Dynamik
Dies ist vor allem vor dem Hintergrund einer steigenden Dynamik vieler Absatzmärkte von Bedeutung: Wenn die Marktnachfrage den Engpass bildet, gleichzeitig aber stark schwankt, ist eine verlässliche Vorhersage der benötigten Leistungsmengen von besonderer Bedeutung nicht nur für die Umsatz- und Ertragsplanung eines Unternehmens, sondern auch für die Steuerung von Beschaffungs-, Fertigungs- und Logistikprozessen.
Ambitionierte Budgetvorgaben
Die Budgetierung dient der Vorgabe von Zielen – diese sind in vielen Unternehmen sehr ambitioniert. In diesem Fall riskiert man, von Beginn des Geschäftsjahres an den ambitionierten Budgetvorgaben bezüglich Absatz und Umsatz "hinterherzurennen". Der Vertriebs-Forecast ist in dieser Situation ein wirksames Instrument, um eventuelle Lücken frühzeitig zu identifizieren (Gap Analysis) und Maßnahmen einzuleiten, diese zu schließen (Gap Closure).
Notwendigkeit eines Forecasts
Die geschilderte zunehmende Dynamik der Absatzmärkte, die Eigenschaft des Vertriebs als Engpass sowie das Vorliegen ambitionierter Budgetvorgaben betrifft nicht alle Branchen und Unternehmen gleichermaßen. Die Einführung und laufende Durchführung eines Vertriebs-Forecastings stellt einen (in einzelnen Fällen erheblichen) Zusatzaufwand dar, der durch geschäftliche Notwendigkeiten gerechtfertigt sein muss. Wenn ein Unternehmen also über langfristige Lieferbeziehungen und stabile, gut planbare Absatzmengen verfügt, stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit eines Vertriebs-Forecasts – Planzahlen aus dem Jahresbudget sollten in diesem Falle für alle Controllingzwecke ausreichend sein. Die Wirtschaftskrise 2008/09 zeigte allerdings, dass auch in eigentlich stabilen B...