Rz. 45
Ursprünglich rein steuerlich bedingt – indirekt aber vor allem im Sinne eines Wahlrechts auch in der Handelsbilanz wirksam – sind die bis 1998 in § 7 Abs. 1 und 2 EStDV und seit 1999 in § 6 Abs. 3 und 4 EStG geregelten Fälle zum unentgeltlichen Übergang von (auch immateriellen) Wirtschaftsgütern. Nach § 6 Abs. 3 EStG werden bei der unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils die Wirtschaftsgüter beim Rechtsnachfolger mit den beim Rechtsvorgänger angesetzten Werten übernommen. Da das Wirtschaftsgut beim Rechtsvorgänger eine wertmäßige Bestätigung durch den Markt erfahren hat und somit auch beim Rechtsnachfolger konkretisiert ist, tritt das Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG hinter die Vorschrift des § 6 Abs. 3 EStG zurück.
Rz. 46
Nach § 6 Abs. 4 EStG gilt für den Erwerber eines einzelnen Wirtschaftsgutes, das aus betrieblichen Gründen aus einem Betriebsvermögen unentgeltlich in das Betriebsvermögen eines anderen Steuerpflichtigen übertragen wird, der gemeine Wert als Anschaffungskosten.
Rz. 47
Die Einlagefähigkeit immaterieller Wirtschaftsgüter könnte ebenfalls an der Nichterfüllung des Kriteriums des entgeltlichen Erwerbs scheitern. Da allerdings nach § 5 Abs. 6 EStG die Vorschriften über den Ansatz von Einlagen und Entnahmen nach § 6 Abs. 1 Nrn. 4 – 6 EStG der Vorschrift des § 5 Abs. 2 EStG vorgehen, kommen unentgeltlich zugegangene immaterielle Anlagewerte – wie auch der aus privaten Gründen zugegangene (unentgeltliche) Erwerbsteil bei unangemessenem Entgelt – in der Steuerbilanz zum Ansatz.
Zwar müsste aus dem Vorrang der Einlage- und Entnahmevorschriften gegenüber dem Aktivierungsverbot immaterieller Anlagewerte konsequenterweise ein vergleichbarer Vorrang ebenfalls bei der Abgrenzung des privaten und betrieblichen Bereichs des Gesellschafters einer Personen- oder Kapitalgesellschaft und seiner Gesellschaft gefolgert werden, sowohl bei Personengesellschaften als auch bei Kapitalgesellschaften wurde in der Vergangenheit aber häufig vor allem bei verdeckten Einlagen kein Vorrang gegenüber dem Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG gesehen. Mittlerweile gilt es aber als gefestigte Rechtsprechung, auch bei verdeckten Einlagen in Personen- und Kapitalgesellschaften einen Vorrang der einkommensteuerlichen Normen über die Einlagen vor dem Aktivierungsverbot des § 5 Abs. 2 EStG anzunehmen, mit der Folge, dass derartige unentgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert zu aktivieren sind. Im durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 neu eingefügten § 6 Abs. 6 Satz 2 EStG wird ausdrücklich festgestellt: "Erfolgt die Übertragung [eines einzelnen Wirtschaftsgutes, der Verf.] im Wege der verdeckten Einlage, erhöhen sich die Anschaffungskosten der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft um den Teilwert des eingelegten Wirtschaftsguts." Während noch im Vorlagebeschluss des ersten Senats des BFH die Einlagefähigkeit bloßer Nutzungen anerkannt wurde, bejaht der Große Senat des BFH die Einlagefähigkeit immaterieller Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens – bei Erfüllung der Voraussetzungen für das Vorliegen eines Wirtschaftsgutes –, findet dabei aber bei eingelegten Nutzungsrechten über die Bewertungsvorschriften zu einer Wertansatzbegrenzung (auch auf den Wert von 0 EUR).
Rz. 48
Zu Recht weist Döllerer darauf hin, dass für steuerliche Zwecke – wenn auch mit bewertungsbedingten Einschränkungen – generell ein Vorrang der Vorschriften über den Ansatz von Einlagen vor dem Aktivierungsverbot wegen des steuerlichen Gebots besteht, "die gesellschaftsrechtliche und die betriebliche Sphäre einer Kapitalgesellschaft voneinander zu trennen.""Diese steuerrechtliche Betrachtung findet ihre Parallele im Handelsrecht. Vieles spricht dafür, auch hier das Aktivierungsverbot für nichtentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens, das ohnehin für gesellschaftsrechtliche Sacheinlagen bei Gründung oder Kapitalerhöhung nicht gilt, bei den Einlagen nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB als verdrängt anzusehen durch das handelsrechtliche Gebot, Vermögensmehrungen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, gesondert auszuweisen und dem Gewinnanspruch der Gesellschafter zu entziehen." Dem ist nur hinzuzufügen, dass für die handelsrechtliche Handhabung in jedem Fall eine bilanzielle Erfassung an die Zuführung eines Vermögensgegenstandes gebunden ist und dass bewertungsmäßig ein Wahlrecht zum Ansatz zwischen dem Entgelt (auch 0 EUR) und dem Verkehrswert befürwortet wird.