Prof. Dr. Helge F. R. Nuhn, Prof. Dr. Mike Schulze
KI ist ein Sammelbegriff für technische Anwendungen, mit deren Hilfe ein Computer Aufgaben erledigen kann, für die ein Mensch seine Intelligenz benötigt. Künstliche Intelligenz wird beobachtet, wenn Algorithmen auf Grundlage unterschiedlichster Daten Resultate erzeugen, die nicht trivial sind und deren manuelle Erlangung kognitive Fähigkeiten erfordert.
Dieses weit gefasste Verständnis von KI birgt allerdings eine gewisse Unschärfe, da bereits eine rein mathematische Verarbeitung von Informationen als intelligent eingestuft würde. Diese kann durchaus unterschiedlich ausgeprägt sein: Bspw. ist die Erstellung einer multiplen linearen Regression die Grundlage vieler Analytics-Lösungen, die derzeit vielfach als KI-Anwendungsfälle aufgezeigt werden. Diese sind dem Bereich des "Machine Learning" zuzuordnen, obwohl sie prinzipiell nur große Datensätze (Stichwort: Big Data) mit einfachen mathematischen Funktionen (Grundrechenarten) analysieren. Ein Gegenbeispiel sind künstliche neuronale Netze (KNN). Sie rechnen zwar ebenfalls nur mit Grundrechenarten, verknüpfen jedoch eine Reihe von Modellelementen derart, dass sie durch einen Menschen nicht mehr zeitgleich beobachtet und analysiert werden können. Diese Systeme weisen in der Konsequenz ein derart komplexes, nicht-lineares Verhalten auf, dass – bei der Erlangung subjektiv als richtig eingeschätzter Resultate – die Wahrnehmung intelligenten Verhaltens nicht abwegig ist. Die Komplexität des jeweiligen Algorithmus beeinflusst also durchaus, ob Menschen ein Rechnersystem in seinem Verhalten als "intelligent" wahrnehmen.
Folgende 4 Schritte vollzieht eine KI:
- Aufnahme strukturierter und unstrukturierter Informationen und Daten über Wege, die der menschlichen Wahrnehmung bzw. den Sinnen ähneln (Sense),
- Verstehen und sinnvolle Verarbeitung der Informationen und Daten (Comprehend),
- Ausführung einer darauf basierenden Handlung (Act),
- selbstständiges Lernen auf Basis der Daten mithilfe von Training und Feedback (Learn).
Gerade der vierte und letzte Schritt ist von erheblicher Bedeutung für das Vorliegen von KI. Dieser unterscheidet KI von anderen – sicherlich schon sehr komplexen – Anwendungen, die durch Computersysteme umgesetzt werden.
Grundsätzlich wird zwischen schwacher und starker KI unterschieden:
- Schwache KI unterstützt kognitive Prozesse des Menschen bei der Lösung einzelner, abgegrenzter, konkreter Problemstellungen, die letztendliche Entscheidung trifft der Mensch.
- Starke KI besitzt vergleichbare kognitive Fähigkeiten wie der Mensch. Sie ist somit in der Lage, komplexe Themenstellungen in ihrer Ganzheit zu erfassen und zu erarbeiten. Dazu gehört es auch, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Bisher ist keine Form echter starker KI bekannt.
Die Dynamik, die das Thema KI insbesondere in den letzten Jahren bekommen hat, basiert auf den Fortschritten in folgenden 3 Bereichen:
- Verfügbarkeit und Zugriffsmöglichkeiten auf große Datenmengen als Grundlage für das maschinelle Lernen,
- verbesserte Algorithmen zur Analyse von Daten,
- rasante Erhöhung von Rechnerkapazitäten und effizientere Speicher.
Bevor skizziert wird, wie ein Einsatz von KI im Controlling aussehen könnte, sollen zunächst aktuelle Anwendungsgebiete von KI in Unternehmen beschrieben werden.