Prof. Dr. Ronald Gleich, Dr. Peter Schentler
3.1 Forecasting kontinuierlich durchführen: Case Handel
Das Beispielunternehmen ist eine große Warenhauskette mit über 50 Filialen. In der Ausgangssituation basierte die Steuerung auf einer starren Detailplanung. In einer langen und aufwendigen Budgetierung wurden mit langem Vorlauf die verschiedenen Größen in hoher Detaillierung geplant. Diese Planung bildete – neben einer mechanischen "WIRD"-Hochrechnung (angefallene Ist-Werte zuzüglich verbleibender Planwerte) – die Basis für die unterjährige Steuerung. Da aber viele Planwerte wie beispielsweise der Personaleinsatz nur sehr eingeschränkt mit dem langen Vorlauf einer Budgetierung planbar sind, waren große Teile davon im Planjahr regelmäßig veraltet und damit nicht mehr als Vergleichsbasis brauchbar.
Quartalsweiser Forecast
Vor diesem Hintergrund und mit dem Ziel einer schlankeren und flexibleren Planung wurden einerseits die Budgetierung verkürzt und die im Budget zu planenden Größen deutlich reduziert. Andererseits wurde ein Forecast installiert, der viele Aufgaben der Budgetierung übernimmt (z. B. die Personaleinsatzplanung) und viermal jährlich dezentral von den Abteilungsleitern der Warenhäuser erstellt wird. Der Forecast ist dabei rollierend gestaltet: Es werden jeweils vier Quartale prognostiziert, davon zwei in höherer Detaillierung und zwei in gröberer Detaillierung. Je Forecast werden ein zusätzliches Quartal neu prognostiziert und die anderen Quartale überarbeitet (erstes und drittes Quartal) bzw. detailliert (zweites Quartal). Um den Aufwand möglichst gering zu halten, werden dabei nur sehr wenige zentrale Größen prognostiziert (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Forecasting
Zukunftsorientiertere Informationen verfügbar
Durch diese Veränderung hat sich die Flexibilität deutlich erhöht. Nun sind stets aktualisierte, zukunftsgerichtete Informationen verfügbar, die frühzeitig Trends signalisieren und so z. B. eine unterjährige Anpassung der Einkaufspolitik einleiten können.
3.2 Frühwarnfaktoren identifizieren und beobachten: Case Komponentenhersteller
Das Unternehmen ist ein weltweit führender Hersteller von industriellen Metall- und Polymer-Hochleistungskomponenten für Kolben- und Schraubenkompressoren. Das Unternehmen beschäftigt rund 7.000 Mitarbeiter
Notwendigkeit für makroökonomisch basiertes Forecasting
"Fehlplanung" 2009 als Auslöser
Das Unternehmen verhielt sich 2009 nicht unähnlich wie andere Firmen. Aufgrund des Rekordjahres 2008 und dem von den Kunden als weiteres Wachstumsjahr vorhergesagtem Jahr 2009 wurden große Investitionsbudgets getätigt und finanzielle Verpflichtungen eingegangen. Statt dem erwarteten starken Wachstum betrug die Plan/Ist-Abweichung bei den Umsatzerlösen minus 40 %. Die generell starke Plan/Ist-Abweichung von 2004 bis 2009 (durchschnittlich 20 %), v. a. aber die nicht antizipierte Rezession 2009, führte zu der Entwicklung eins neuen Budgetierungs- und Planungstools 2010. Als makroökonomisches Umsatzforecasting soll es die unternehmensrelevanten makroökonomischen Rahmenbedingungen erkennen und berücksichtigen helfen.
Zusätzlich, zu dem unternehmensinternen "Know-how" (Kundenerwartungen, Produkteinführungen, Preispolitik, Managementerwartungen etc.) entstand zunehmend die Notwendigkeit, die für das Unternehmen relevanten makroökomischen Wirtschaftsbedingungen zu identifizieren. Relevant waren jene Aspekte, die die Firmenumsätze signifikant beeinflussen (können). Ziel war eine Planung, die auf realistischen Markteckdaten beruht und die Planungsqualität (Umsatz-Plan/Ist-Abweichung) deutlich verringert. Als spezifisches Ziel wurde eine maximale Plan/Ist-Abweichung von +/- 5 % als Jahresänderungsrate festgesetzt.
Das Prognosemodel und seine Basismethodik
Basis des neuen Budgetierungsmodells ist die Theorie der Konjunkturzyklen, die wiederkehrende wellenförmige Veränderungen des wirtschaftlichen Aktivitätsniveaus innerhalb einer Marktwirtschaft beschreibt. Die vier Hauptphasen eines Konjunkturzyklus sind der Aufschwung (Expansion), die Hochkonjunktur (Boom), der Abschwung (Rezession) und das Tief/Krise (Depression). Seit 1945 gab es in den USA 11 Zyklen, die letzten 3 Krisenphasen von Juli 1990 bis März 1991, März 2001 bis November 2001 und Dezember 2007 bis Juni 2009. Die Abschwungphasen waren im Schnitt um das 5-fache schneller/kürzer als jene des Aufschwungs.
Das makroökonomische Prognosemodell wird in 5 Schritten aufgebaut:
- Mathematische Analyse von monatlichen Gesamtumsätzen
- Statistische Korrelationsanalyse von Gesamtumsätzen und erprobten volkswirtschaftlichen und Industrieindikatoren
- Berechnung von Amplituden und Zeitversatz Charakteristik für identifizierte Frühindikatoren
- Rollierende 36 Monatsprognosen für Firmenumsätze (basierend auf prognostizierten Frühindikatoren)
- Monatliche und quartalsmäßige Berichte mit Varianzanalyse und Frühindikatorentwicklung
Einfluss makroökonomischer Faktoren
Das Economic Trend Outlook Model (Makroökonomisches Trendprognosemodell) wurde 2010 entwickelt, die rollierenden 36 Monatsprognosen werden von ITR (Institute for Trend Research) bereitgestellt. Makroökonomische Hauptindikatoren werden bezüglich ihrer statistischen Korrelation zu den Firm...