Kirsten Wüst, Bernd Kuppinger
Ein Los bezeichnet ein Bündel von Teilen gleicher Sorte, die gemeinsam (z. B. in einer Gitterbox) durch die Fertigung transportiert werden. Die Weitergabe an die nächste Bearbeitungsstation erfolgt erst, wenn das letzte Teil des Loses bearbeitet ist.
Rüsten bedeutet die Vorbereitung einer Ressource für die Bearbeitung einer bestimmten Teilesorte. Dabei kann es sich um das Laden eines CNC-Programms, einen Werkzeugwechsel, die Einstellungen bestimmter Maße etc. handeln. Die Rüstzeit ist die Dauer des Rüstvorgangs. Sie gilt für das gesamte Los und ist eine unproduktive Zeit.
Unterschreitung einer minimalen Losgröße reduziert die Leistung des Prozesses
Aufgrund der Unproduktivität der Rüstzeiten, aber auch des Bestrebens hohe Lagerbestände, wie sie durch große Lose impliziert werden, zu vermeiden, kommt der Losgrößenoptimierung eine große Bedeutung bei der Produktionsplanung zu. Bevor die Verfahren zur Ermittlung optimaler Losgrößen dargestellt werden, wird zunächst einmal erläutert, warum es eventuell nicht sinnvoll ist, eine gewisse Mindestlosgröße zu unterschreiten.
In der Prozesskette aus Abb. 5 ist an Station 3 bei einem Sortenwechsel ein Rüstvorgang erforderlich, der 30 Minuten (RZ) in Anspruch nimmt. Für die anderen Stationen ist kein Rüsten erforderlich. Es stellt sich die Frage, welche Losgröße L mindestens gewählt werden muss, damit die Kette effizient arbeiten kann.
Abb. 5: Prozesskette mit mehreren Ressourcen
Der eigentliche Engpass der Kette ist die zweite Station mit einer Bearbeitungszeit BZ2 von zehn Minuten. Diese Station bestimmt die maximale Abfertigungsrate von einem Teil in zehn Minuten. Durch die Rüstzeit an Station 3 soll die Abfertigungsrate des gesamten Systems nicht kleiner werden. Daher darf die gesamte Bearbeitungszeit für das Los an Station 3 nicht höher sein als die Bearbeitungszeit für das Los an der zweiten Station, d. h., es muss gelten:
Daraus ergibt sich eine Losgröße L von RZ / (BZ2 – BZ3) = 30 min/(10 min/Stück – 7 min/Stück) = 10 Stück. Man kann auch sagen, dass pro Teil Station 3 drei Minuten gegenüber Station 2 "gewinnt". Um die Rüstzeit von 30 Minuten aufzuholen, müssen folglich zehn Teile am Stück bearbeitet werden.
Die Durchlaufzeit des gesamten Loses beträgt dann 10 × 9 Minuten + 10 × 10 Minuten + 10 × 7 Minuten + 30 Minuten = 290 Minuten. Am Engpass, der Station 2, beträgt die Bearbeitungszeit für das ganze Los 100 Minuten. Es sollte daher eine Zuflussrate von 1 Los/100 Minuten gewählt werden.
Für den Lagerbestand ergibt sich nach Little’s Law:
B = Rab × DLZ = 1 Los/100 Minuten × 290 Minuten = 2,9 Lose = 29 Teile.
Welche Auswirkung hat die Wahl einer kleineren Losgröße? Dazu sei eine Losgröße L von 5 Einheiten betrachtet. Die Durchlaufzeit entspricht dann 5 × 9 Minuten + 5 × 10 Minuten + 5 x 7 Minuten + 30 Minuten= 160 Minuten. Die Bearbeitungsdauer an Station 3 ist aber nun mit 5 × 7 Minuten + 30 Minuten = 65 Minuten größer als an Station 2 mit 50 Minuten. Dadurch wird Station 3 zum neuen Engpass des Prozesses. Die Leistung sinkt auf 5/65 Teile/min. Daher muss die Zugangsrate reduziert werden, da sich sonst hohe Bestände aufbauen.
Wird die Zugangsrate auf 1 Los/65 Minuten reduziert, führt dieses zu Leerlauf an Station 2. Die mittlere Auslastung sinkt bei Station 2 auf (50 / 65) × 100 % = 76,9 %. Vor Station 3 ergibt sich ein Bestand von 2,46 Losen = 12,3 Teilen.
Es ergibt sich also:
- Losbildung ist bei größeren Rüstzeiten unvermeidlich.
- Je größer die Losgröße ist, umso höher werden die Bestände und auch die Durchlaufzeit.
- Eine Unterschreitung der Mindestlosgröße reduziert die Leistung einer Prozesskette.