Produktionscontrolling – die wichtigsten Kennzahlen in der Produktion
Die deutsche Industrie sieht sich zunehmend unter Druck, bedingt durch steigende Kosten, verschärften globalen Wettbewerb und anhaltende Unsicherheiten auf den Märkten und regulatorischen Vorgaben. Laut der Studie „Transformationspfade“, die der BDI bei der Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG) und dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) beauftragt hat, ist rund ein Fünftel der industriellen Wertschöpfung in Deutschland bedroht. Strukturelle Probleme, wie im Bereich von Glasfaserausbau, Verkehrsinfrastruktur und den Energiepreisen, wirken sich auf die Attraktivität als Wirtschaftsstandort aus. In diesem anspruchsvollen Umfeld wird es immer wichtiger, die Produktion effizient und kostenbewusst zu gestalten. Das Controlling spielt hier eine zentrale Rolle.
Was ist Produktionscontrolling?
Es umfasst die Planung, Steuerung und Kontrolle aller produktionsbezogenen Prozesse, um die Effizienz und Wirtschaftlichkeit zu sichern.
Die Herausforderungen sind hierbei groß, denn durch gestiegene Kundenanforderungen besteht die Erwartungshaltung, dass Unternehmen schnell und flexibel produzieren und ausliefern können sollen. Doch dies erfordert reibungslose Abläufe und Kontrolle, damit die Kosten ideal gesteuert werden.
So stellen sich beispielsweise folgende Fragen:
- Welche Auslastung der Maschinen ist ideal?
- Wie viel sollte maximal (vor)produziert werden, um Kosten (z. B. Lager) gering zu halten?
- Wie können Produktionsprozesse effizienter gestaltet werden?
Wichtigste Kennzahlen in der Produktion: Formeln und Berechnung
Zur Beantwortung dieser Fragen benötigen Entscheider entsprechende Informationen. Kennzahlen bzw. KPIs können hierbei wichtige Erkenntnisse liefern. KPIs (Key Performance Indicators) messen insbesondere den Erfolg in Bezug auf strategische Ziele, während allgemeine Kennzahlen zur Analyse und Kontrolle von Prozessen dienen.
In der Produktion können unterschiedliche Daten erhoben werden. Besonders relevant sind:
Wichtige Kennzahlen in der Produktion | ||
Kennzahl | Beschreibung | Formel/Berechnung |
Abschreibungsquote | Anteil der Abschreibungskosten an den gesamten Anlagekosten (in %) | Abschreibungen Anlagevermögen / Gesamtes Sachanlagevermögen (Buchwert) |
Anlageneffizienz | Verhältnis der tatsächlichen zur maximal möglichen Produktion (in %) | Gesamte Bearbeitungszeit / Nettobetriebszeit x 100 |
Anlagenverfügbarkeit | Anteil der tatsächlichen Produktionszeit an der geplanten Zeit (in %) | (Laufzeit – Ausfallzeit) / Laufzeit x 100 |
Ausschussquote | Anteil fehlerhafter Produkte an der Gesamtproduktion (in %) | Anzahl fehlerhafter Produkte (Ausschuss) / Gesamtproduktion x 100 |
Durchlaufzeit | Zeitspanne vom Produktionsbeginn bis zur Fertigstellung (in Zeiteinheiten) | Bearbeitungszeiten des Produktes + Liegezeiten |
Gesamtanlageneffektivität/ Overall Equipment Effectiveness (OEE) | Maß für die Gesamteffizienz einer Anlage | Verfügbarkeit x Anlageneffizienz x Qualitätsgrad |
Instandhaltungskostenquote | Instandhaltungskosten im Verhältnis zum Wiederbeschaffungswert der betrachteten Anlage (in %) | Instandhaltungskosten / Wiederbeschaffungswert x 100 |
Lagerumschlagsverhältnis | Umschlag des Bestands im Lager innerhalb des betrachteten Zeitraums (in EUR) | Lagerabgänge / Durchschnittlicher Lagerbestand |
Mitarbeiterauslastung | Tatsächlich genutzte Kapazität der Mitarbeiter (in %) | Menge x Vorgabezeit / Verfügbare Arbeitszeit x 100 |
Mitarbeiterverfügbarkeit | Gesamte verfügbare Arbeitszeit der Mitarbeiter (in %) | (Arbeitszeit – Ausfallzeit) / Arbeitszeit x 100 |
On-Time-In-Full (OTIF) | Anteil der pünktlichen und vollständigen Lieferungen (in %) | Pünktliche und vollständige Lieferungen / Gesamte Lieferungen x 100 |
Produktivität | Berechnet die Auslastung einer Maschine/eines Systems (vorausgesetzt, die geplante Leistung und tatsächliche Leistung sind bekannt) (in %) | Ist-Leistung / Soll-Leistung x 100 |
Produktionsausfallzeiten | Zeit, in der die Produktion aufgrund von Störungen unterbrochen ist (in Stunden) | Gesamte Ausfallzeit |
Produktionskosten | Gesamtkosten, die für die Produktion anfallen | Materialkosten + Fertigungskosten + Gemeinkosten |
Produktionsplanerfüllung | Verhältnis von tatsächlich produzierter zu geplanter Menge (in %) | Tatsächliche Produktion / Geplante Produktion x 100 |
Produktionsvolumen | Anzahl der produzierten Einheiten in einem bestimmten Zeitraum (Stück, Kg, Meter, Liter etc.) | Anzahl der produzierten Einheiten |
Stückkosten / Cost per Unit (CPU) | Kosten je produzierter Einheit (in EUR/Stück) | Gesamtkosten der Produktion / Anzahl der hergestellten Einheiten |
Weitere wichtige Kennzahlen können beispielsweise sein:
- Auftragsreichweite
- Mean Time Between Failures
- Mitarbeitereffektivität
- Mitarbeiterfluktuation
- Mitarbeiterschulungen
- Rüstzeitanteil
- Unfertige Erzeugnisse / Work in Progress
Produktionsvolumen ermitteln
Eine wichtige Standardkennzahl in der Produktion ist das Produktionsvolumen. Erfasst wird damit, wie viel Stücke eines bestimmten Produkts innerhalb einer bestimmten Zeit produziert wurden.
Doch auch die Stückkosten müssen regelmäßig ermittelt werden. Gestiegene Kosten, beispielsweise im Bereich der Energie, müssen im Blick gehalten werden, damit mögliche Preissteigerungen zeitnah vorgenommen werden.
Produktionskosten unterteilen
Die Produktionskosten sind von großer Bedeutung. Sie werden in der Kosten- und Leistungsrechnung unterteilt in:
- Materialeinzelkosten,
- Materialgemeinkosten,
- Fertigungseinzelkosten und
- Fertigungsgemeinkosten.
Doch auch Gemeinkosten, die nicht direkt der Produktion zugeordnet werden, sind anteilig zu berücksichtigen.
Personelle Ressourcen steuern
In Zeiten des Fachkräftemangels sind in der Produktion auch Mitarbeiterkennzahlen von großer Bedeutung. So sollten Unternehmen ermitteln, wie es um die Mitarbeiterauslastung steht. So kann ermittelt werden, ob Mitarbeiter ideal eingesetzt werden.
KPIs zwischen Produktionsleiter und Controller
Es stellt sich jedoch auch die Frage: Wer ist nun überhaupt für Produktionskennzahlen verantwortlich? Der Controller oder der Produktionsleiter? Der Produktionsleiter optimiert die operativen Prozesse, während der Controller die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen überwacht. Die Kennzahlen sind für beide eine wichtige Unterstützung.
Während der Produktionsleiter beispielsweise Maßnahmen zur Reduzierung der Ausschussquote umsetzt, überprüft der Controller, wie diese Maßnahmen die Kostenstruktur beeinflussen und ob Einsparungen erzielt werden. Der Controller überwacht also die finanzielle Perspektive und analysiert die KPIs hinsichtlich Kosten, Rentabilität und Abweichungen vom Budget.
Produktionsleiter und Controller arbeiten zusammen, um die strategischen Ziele des Unternehmens zu erreichen, wobei der Produktionsleiter die operative Performance sicherstellt und der Controller die finanzielle Gesundheit und Kontrolle gewährleistet. Eine klare Kommunikation und Abstimmung zwischen beiden ist entscheidend, um mögliche Probleme frühzeitig zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
Praxis-Tipp: Kennzahlen in der Produktion leben von Aktualität
Hier wurden wichtige Kennzahlen für die Produktion kurz vorgestellt. Wichtig ist zu beachten, dass jedes Unternehmen sehr sorgfältig abwägen muss, welche Kennzahlen schlussendlich zum Einsatz kommen. Es sollten auch nicht zu viele Kennzahlen betrachtet werden. Mit einer nicht aussagekräftigen Kennzahlenwüste ist niemandem geholfen. Deshalb gilt es, zu selektieren, was wirklich für das Unternehmen wichtig ist.
Zudem benötigen Entscheider verlässliche Informationen zeitnah. Nicht umsonst besteht heute die Vorstellung vom „Controlling in Echtzeit“. Je aktueller die Daten, desto schneller können Entscheidungen getroffen und mögliche Fehlentwicklungen frühzeitig korrigiert werden. Eine Echtzeitüberwachung der Ausschussquote kann beispielsweise dazu beitragen, Produktionsprobleme sofort zu identifizieren und Gegenmaßnahmen einzuleiten.
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