Prof. Dr. Rudolf Schrank, Dr. Thorsten Giesa
Handlungsempfehlungen durch Normstrategien
Ziel von Portfoliotechniken im Rahmen des strategischen Controllings ist es, ein ausgewogenes Portfolio zu entwickeln, um das Unternehmen abzusichern sowie Wachstum und Rentabilität zu gewährleisten. Die Portfolioanalyse ermöglicht es dabei, ein Portfolio, bestehend aus strategischen Geschäftseinheiten, Produktkategorien oder Kunden, in einer Matrix darzustellen und anhand der jeweiligen Positionierung Handlungsempfehlungen in Form von Normstrategien zu geben. Für die zwei Dimensionen der Portfoliomatrix werden dabei häufig
- eine unternehmensexterne (z. B. Marktattraktivität, Kundenattraktivität) sowie
- eine unternehmensinterne Sichtweise (z. B. Wettbewerbsstärke, eigene Positionierung)
gewählt. Im Rahmen dieser Darstellung drückt die Blasengröße meist die Bedeutung dieses Segments (z. B. in Form des Istumsatzes oder des Umsatzpotenzials) für das Unternehmen aus. (vgl. Abb. 2).
Abb. 2: Grundstruktur eines Portfolios
Im Folgenden werden zwei Möglichkeiten skizziert, wie die Positionierung innerhalb des Portfolios vorgenommen werden kann. Neben der direkten Abbildung durch Daten wird insbesondere auf die Nutzung von Scoring-Modellen zur Operationalisierung der Dimensionen eingegangen.
2.1 Direkte Abbildung durch Daten
Die einfachste Möglichkeit zur Erstellung eines Portfolios besteht darin, jeder Dimension einfach einen klaren Datenwert zuzuordnen. Zum Beispiel lassen sich Kunden durch die Gegenüberstellung von Potenzial- und Umsatzwerten in Euro direkt in ein Portfolio überführen. Häufig sollen Dimensionen jedoch vielschichtiger aufgebaut werden. Nur einen Indikator für eine Dimension wie Marktattraktivität zu finden ist dabei meist nicht zufriedenstellend. Vielmehr sollen in die Bewertung der Dimensionen verschiedene Kriterien eingehen. Abhilfe zur Erreichung dieses Ziels können die Scoring-Modelle schaffen.
2.2 Scoring-Modelle
Operationalisierung der Dimensionen
Scoring-Modelle (auch Punktbewertungsverfahren genannt) sind die in der Praxis am weitesten verbreitete Methode zur Operationalisierung der Dimensionen. Im ersten Schritt werden die Dimensionen zunächst anhand mehrerer Einzelkriterien bewertet. Im zweiten Schritt können die Kriterien untereinander noch unterschiedlich gewichtet werden. Abbildung 3 stellt den Zusammenhang zwischen Dimension, Kriterien und Gewichtung dar.
Abb. 3: Zusammenhang zwischen Dimension, Kriterien und Gewichtung
Die Dimension Marktattraktivität kann z. B. durch Kriterien wie Marktvolumen, Marktwachstum oder Wettbewerbsintensität ausgedrückt werden. Die Ausprägung der Kriterien wird dann im Rahmen eines Scoring-Modells auf einer Skala, die meist zwischen 5 und 10 Punkte umfasst, bewertet.
Die Punktwerte können den Kriterien dabei
- auf Basis quantitativer Daten (z. B. Umsatz: 100 – 150 TEUR),
- auf der Grundlage von Umschreibungen quantitativer Daten (z. B. Marktposition: Marktführer nach Umsatz) oder
- basierend auf rein qualitativen Beschreibungen (z. B. Wettbewerbsintensität: sehr niedrig – sehr hoch)
zugeordnet werden.
Während für ein Unternehmen der eigene Umsatz leicht auszuwerten ist (quantitative Bewertung), stellt die Bestimmung des eigenen Marktanteils häufig ein schwieriges Thema dar. Der Vertrieb kann jedoch i. d. R. eine Einschätzung geben, ob man
- selbst Marktführer,
- im Mittelfeld angesiedelt oder
- ein Nischenspieler im Markt
ist. Dies wäre ein Beispiel für eine umschreibende Bewertung. Zuletzt lässt sich ein Kriterium wie die Wettbewerbsintensität nur schwierig in einen Zahlenwert umwandeln. Hier empfiehlt es sich, auf eine rein qualitative Bewertung zurückzugreifen. Tabelle 1 stellt mögliche Ausprägungen für die genannten Kriterien dar.
# |
Kriterien |
Punktwert |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
1 |
Umsatz in Mio. EUR |
>= 2,5- <12,5 |
>= 12,5- < 50 |
>= 50-< 100 |
>= 100- <150 |
>= 150 |
2 |
Marktposition bzw. Marktanteil |
keine Bedeutung |
geringe Bedeutung |
im Mittelfeld |
im vorderen Feld |
Nr. 1 oder 2 |
3 |
Wettbewerbsintensität |
sehr hoch |
hoch |
mittel |
gering |
sehr gering |
Tab. 1: Verschiedene Scoring-Varianten
Gewichtung der Kriterien
Um die Kriterien zu der Dimension Marktattraktivität zusammenzuführen, kann entweder der Durchschnitt über die Punktwerte gebildet oder eine gesonderte Gewichtung vorgenommen werden. Zur Gewichtung stehen verschiedene Ansätze zur Verfügung.
Eine Möglichkeit besteht darin, 100 Prozentpunkte auf die einzelnen Kriterien gemäß ihrer eingeschätzten Wichtigkeit zu verteilen. Der Vorteil dieser Methodik ist, dass ein "Trade-Off" zwischen den einzelnen Kriterien vorgenommen werden muss und nicht jedes Kriterium als wichtig eingestuft wird. Nachteilig ist, dass gerade bei nicht IT-gestützter Abfrage die Verteilung der Prozentpunkte oftmals als zu komplex wahrgenommen wird.
Abhilfe schafft hier eine direkte Abfrage der Wichtigkeit in Form eines Punktwerts, z. B. auf einer Skala von 1 bis 10. Dies fällt in der Praxis häufig leichter. Um auch hier den wichtigen Trade-Off-Gedanken wieder zu berücksichtigen, werden die einzelnen Bewertungen aufsummiert und daraus die prozentuale Wichtigkeit der Einzelkriterien abgeleitet. Hier...