Kirsten Meynerts-Stiller, Dr. Christoph Rohloff
Die Deal Story ist eine lebendig erzählte Geschichte, deren Kern der Business Case ist und die die strategische Deal-Rationalität, den tieferen Sinn des Kaufs zum Ausdruck bringt. Im besten Fall ist die Deal Story eine zwingend logische und unmittelbar nachvollziehbare Aussage wie etwa:
- "Gemeinsam können wir jetzt unsere jeweiligen Portfolios komplettieren und unsere Kunden besser aus einer Hand bedienen" oder
- "Wir können jetzt mit unserer verstärkten Innovationskraft neue gemeinsame Märkte erschließen, die stärkeres Wachstum und bessere Margen versprechen" oder
- "Wir können jetzt eine Technologie nutzen, die wir selbst nur mit hohem Aufwand und jenseits unserer Kernkompetenz hätten entwickeln können – gleichzeitig können unsere neuen Kolleginnen und Kollegen jetzt unsere weltweiten Vertriebskanäle nutzen. So schaffen wir gemeinsam Mehrwert".
Eine Deal Story gibt also Orientierung und Klarheit, worum es im Kern geht – für Mitarbeitende im Käuferunternehmen, im Target-Unternehmen sowie im Markt bei Kunden und Lieferanten. Sie trägt somit wesentlich zur Akzeptanz der Akquisition bei und schafft die Bereitschaft, den Integrationsaufwand zu leisten. Viele Unternehmen nutzen dieses Potenzial noch zu wenig und konzentrieren sich nur auf den zahlenbasierten Business Case, also die erwarteten Umsatz- und Kostensynergien oder andere monetäre Effekte wie bspw. die Verwertung erworbener Patentrechte und Lizenzen.
Mit der Entwicklung des Business Case in der Frühphase der Transaktion bietet sich eine gute Gelegenheit, bspw. zusammen mit den späteren Integrationsbeauftragten und internen Kommunikationsexperten diejenige spezifische Geschichte zu formen, die später, wenn die Transaktion bekannt und vollzogen wird, den verbindlichen und orientierungsschaffenden Integrationsrahmen bildet. Während der Business Case vor allem der Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises dient und sich mit dem Signing quasi verbraucht, trägt eine gute Deal Story weit darüber hinaus und rahmt die Integration ein.
Eine Deal Story kann dabei je nach Zielgruppe weiter differenziert und spezifisch ausgestaltet werden – schließlich verbinden Käuferunternehmen, das Target oder die Kunden jeweils unterschiedliche Perspektiven, Interessen, Sorgen und Hoffnungen mit dem Deal und der anstehenden Integration. Während das Käuferunternehmen wertvolles Know-how erwirbt, werden im Target kostbare Arbeitsplätze gerettet, und für die Kunden gibt es günstigere Preise oder bessere Qualität. Die Entwicklung einer Deal Story ist eine gute Vorbereitung im Vorfeld einer Akquisition, um die unterschiedlichen, oft auch gegenläufigen Perspektiven in den Blick zu nehmen, sie aufeinander zu beziehen und vermitteln zu können.
Deal Story ist kein Wundermittel
Gleichwohl gilt: Ein guter Deal kann durch unzureichende, inkonsistente oder widersprüchliche Kommunikation beschädigt werden; ein schlechter Deal hingegen kann auch durch noch so gute Kommunikation nicht gerettet werden: Mitarbeitende aus Käufer- und Zielunternehmen haben genauso wie Mitbewerber, Lieferanten und Kunden ein feines Gespür dafür, ob eine Deal Story glaubhaft ist und ob die gesteckten Erwartungen überhaupt erreichbar sind.
Ist das Management bzw. das Transaktions-Team bspw. vom "deal fever" und der Jagd nach einer "Trophäe" gepackt, werden, nur um den Abschluss zu erreichen, Business Cases mitunter auch schön gerechnet, Synergien höher bewertet, Risiken kleiner geredet. Kluge Unternehmen haben als Schutz gegen solche Dynamiken formale und verbindliche Sicherheitsmechanismen in Form von "gates" eingebaut: In internen "devil’s advocate"-Testrunden wird versucht, den Deal argumentativ zu stoppen, um so möglichst alle Risiken – und es sind es fast immer Integrationsrisiken – bewusst und sichtbar zu machen und zu bedenken. Erst wenn dieser "kill the deal"-Test positiv verläuft, darf das Transaktions-Team mit dem Kaufprozess fortfahren.