Dipl.-Betriebsw. (FH) Christian Hidding
Die primäre Aufgabe des ersten Schrittes besteht zunächst darin, die durch den eigentlichen Betriebszweck begründeten Kosten und Leistungen einer Periode von den nicht betrieblich begründeten Aufwendungen und Erträgen zu trennen.
Ausgangsbasis ist der vorhandene Jahresabschluss oder die BWA. Für die stark an externe Informationsempfänger gerichteten Dokumentationen existieren – wie bereits erwähnt – umfangreiche gesetzliche Vorschriften, die nicht immer mit betriebswirtschaftlich vernünftigen Ansätzen übereinstimmen. Daraus resultiert, dass die Buchungen der Finanzbuchhaltung teilweise
- geändert,
- ausgebucht,
- bzw. Buchungen hinzugefügt
werden müssen.
Bei der Überprüfung hinsichtlich der betriebswirtschaftlichen Veranlassung von Aufwand und Erträgen ist kein theoretisches Kostenrechnungswissen notwendig. Da der Unternehmer seine eigene Unternehmung am besten kennt, sollte es für ihn kein Problem sein, mittels "gesunden Unternehmerverstands" Aufwendungen und Erträge laut vorliegendem Jahresabschluss/BWA hinsichtlich ihrer betriebswirtschaftlichen Veranlassung zu überprüfen. Umsatzkonto für Umsatzkonto und Aufwandskonto für Aufwandskonto sollte unter Berücksichtigung des eigentlichen Betriebszwecks beurteilt werden. Relativ leicht lassen sich so Aufwendungen und Erträge, die ausgebucht werden müssen, herausarbeiten.
Beispiele für mögliche Ausbuchungen von Aufwendungen und Erträgen können sein:
- einmalig hohe Forderungsverluste,
- außerordentliche Aufwendungen,
- Rücklagen (z. B. Sonderposten mit Rücklageanteil),
- Teile der sonstigen betrieblichen Erträge (Mieterträge, Versicherungsentschädigungen etc.),
- außerordentliche Erträge (Abverkauf Anlagevermögen),
- ertragswirksame Auflösung von Sonderposten mit Rücklageanteil,
- etc.
Kalkulatorische Kosten
Auch die Beurteilung der Aufwendungen, die in ihrer Höhe geändert werden müssen, lässt sich in aller Regel mit dem "gesunden Unternehmerverstand" vornehmen. So entsprechen z. B. die Abschreibungen laut Jahresabschluss/BWA häufig nicht dem betriebswirtschaftlich vernünftigen Wertverlust. Um diesen zu ermitteln, müssen bei der Berechnung der kalkulatorischen Abschreibung die betriebswirtschaftlichen Nutzungszeiträume der einzelnen Anlagegüter berücksichtigt werden. Wie lang sich die einzelnen Anlagegüter nutzen lassen, ist dem Unternehmer meist relativ gut bekannt.
In der Theorie wird bei den Kosten, die geändert werden müssen, auch noch von den kalkulatorischen Wagniskosten gesprochen. Bei der praxisorientierte erstmaligen Einrichtung einer Kostenrechnung können diese im Normalfall vernachlässigt werden. Häufig sind durch so genannte Pauschalwertberichtigungen bzw. Rückstellungen bereits mögliche Risiken im Bereich von Forderungsverlusten, Vorratsschwund, -verderb, -diebstahl, Veralten, Gewährleistungen etc. bei der Erstellung des Jahresabschlusses berücksichtigt worden.
Bei den Kosten, die hinzugefügt werden müssen, handelt es sich im Wesentlichen um den kalkulatorischen Unternehmerlohn bei Einzelunternehmungen und Personengesellschaften. Bei Kapitalgesellschaften beziehen die Vorstände (AG) bzw. die Geschäftsführer (GmbH) Gehälter, die in der Finanzbuchhaltung als Aufwand berücksichtigt werden. Einzelunternehmer und Gesellschafter einer Personengesellschaft beziehen für ihre Arbeit kein festes Gehalt, sondern tätigen Entnahmen vom Gewinn, die in der Buchhaltung nicht als Aufwand gebucht werden. Ein Gewinn kann jedoch nur dann erzielt werden, wenn für die Arbeitsleistung des Unternehmers ein Gehalt als Kosten (kalkulatorischer Unternehmerlohn) eingeplant wurde und somit für die Kalkulation mit berücksichtigt wird.
Eine weitere Kostenart, die hinzugerechnet werden muss, kann unter Umständen die kalkulatorische Miete sein. Die kalkulatorische Miete wird dann hinzugerechnet, wenn vom Unternehmen Räumlichkeiten genutzt werden, für die es keine Miete zahlen muss. Als Mietkosten sollte dann die ortsübliche Miete angesetzt werden.
Sollten die genutzten Räumlichkeiten bereits Abschreibungen und Zinskosten auslösen, die innerhalb der Kostenrechnung berücksichtigt werden, darf keine kalkulatorische Miete hinzugebucht werden.
Die Theorie spricht darüber hinaus bei den Kosten, die hinzugefügt werden können, auch noch von kalkulatorischen Zinsen auf das betriebsnotwendige Kapital. Diese haben den Zweck, das betriebsnotwendige Kapital – bestehend aus Eigenkapital und Fremdkapital – standardisiert zu verzinsen. Viele Praktiker sind der Meinung, die kalkulatorischen Zinsen zumindest beim erstmaligen praxisorientierten Aufbau einer Kostenrechnung vernachlässigen zu können. Da die tatsächlich gezahlten Zinsen als Kosten berücksichtigt werden und jeder Unternehmer versucht, seinen Gewinn zu maximieren, strebt er somit auch die individuell höchstmögliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals an. Der Gewinn ist dabei im Grunde nichts anderes als die Verzinsung des Eigenkapitals. Somit ist die Berücksichtigung einer kalkulatorischen Mindestverzinsung beim praxisorientierten Aufbau eine...