Prof. Dr. Heimo Losbichler
Mit dem Einzug der Digitalisierung ist die Diskussion über die Erstellung von Budgets und Forecasts wieder neu aufgeflammt, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Der Zugang zu bislang nicht vorhandenen Daten (Big Data), nahezu unlimitierter Rechenleistung sowie lernenden Algorithmen haben einen Paradigmenwechsel ausgelöst und den Glauben an die Prognostizierbarkeit der Zukunft durch moderne IT-Systeme – zumindest bis zum Ausbruch der Coronakrise – wieder auferstehen lassen. Schlagwörter wie Predictive Analytics, Predictive Planning and Forecasting, KI oder maschinelle Forecasts sind heute in aller Munde. Dabei kommen IT-gestützte, voraussagende Modelle, die auf statistischen Methoden und lernenden Algorithmen basieren, im Rahmen der Budget- oder Forecasterstellung zum Einsatz.
Über die tatsächliche Nutzung derartiger Modelle zeigen die Studien ein ähnliches Bild. Laut einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums nutzen derzeit lediglich 5 % der deutschen Unternehmen KI in einem ihrer Unternehmensbereiche. Der Anteil der Unternehmen, die KI im Controlling einsetzen, müsste damit verschwindend gering sein. Die BARC-Studie "Predictive Planning and Forecasting" zeigt einen etwas höheren Durchdringungsgrad: 17 % der Unternehmen beschäftigen sich bereits damit und bauen aktuell Know-how auf. Die große Mehrheit (69 %) plant, Know-how aufzubauen und lediglich 14 % haben den Know-how-Aufbau auch in Zukunft nicht geplant. Der Einsatz derartiger Technologien steht damit erst am Beginn. Gleichzeitig gibt es eine große Erwartungshaltung an KI-basierte Planungstools:
- 75 % sehen eine steigende Relevanz von Predictive Planning and Forecasting,
- 65 % erwarten eine höhere Qualität und Genauigkeit der Forecasts,
- 59 % erwarten einen geringeren Planungsaufwand durch den Einsatz automatisierter Hochrechnungen.
Die wenigen Erfahrungsberichte vorwiegend großer Konzerne scheinen die Erwartungshaltung und die Überlegenheit maschineller Forecasts zu bestätigen. Abb. 1 vergleicht die monatliche Entwicklung des menschlichen und maschinellen Year-End-Forecasts in einem großen internationalen Konzern. Der maschinelle Forecast hat dabei den Abschwung um 3 Monate früher angezeigt und das Jahresendergebnis am Ende etwas genauer prognostiziert als der Controller.
Abb. 1: Maschineller vs. menschlicher Year-End-Forecast
Gängige Planungstools bieten heute fast durchgängig KI-basierte Planungs-/Prognose-Features. Auch wenn die Erwartungshaltung an derartige Systeme im Controlling groß ist, darf nicht übersehen werden, dass der Prognosefähigkeit maschineller Forecasts Grenzen gesetzt sind und sie den eigentlichen Zweck von Budgets und Forecasts nur indirekt unterstützen können.